Ordentliche Wachstumszahlen und eine Erholung auf dem Arbeitsmarkt – in Europa hat sich ein Aufschwungsoptimismus ausgebreitet. Dieser überdeckt jedoch die tieferliegende strukturelle Polarisierung zwischen den EU-Staaten, die ohne entschiedene Gegenmaßnahmen weiter voranschreiten wird, wie eine neue Studie zeigt.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Was der Klimawandel für das gesellschaftliche Zusammenleben bedeutet, warum eine fehlerhafte statistische Grundlage die Berechnung des Existenzminimums verzerrt und wie genau die Sparpolitik der späten Weimarer Republik Hitler an die Macht brachte.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat das Versprechen entzaubert, dass möglichst freie Marktkräfte für mehr Wohlstand und Fortschritt sorgen würden. Dies zeigt sich vor allem auf den Devisenmärkten, die immer weniger die realen Wirtschaftsbedingungen widerspiegeln. Es ist daher an der Zeit, wieder zur Ordnungspolitik zurückzukehren und eine institutionelle Kehrtwende vorzunehmen. Ein Beitrag von Mehrdad Payandeh.
In der kommenden Woche wird die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Besteuerung von digitalen Unternehmen wie Facebook oder Google präsentieren. Der bereits bekanntgewordene Entwurf lässt allerdings nicht viel Gutes erahnen. Eine Analyse von Johannes Becker und Joachim Englisch.
Mit dem Verzicht auf die „easing bias“ ist das Ende des QE-Programms erneut ein kleines wenig näher gerückt, obwohl die EZB ihr Inflationsziel weiterhin klar verfehlt. Allerdings gibt es für die Zentralbank auch positive Nachrichten, wie unser Tapering-Monitor zeigt.
Wenn der SPD trotz Regierungsverantwortung die viel beschworene Erneuerung gelingen soll, wird es zu ihren Top-Prioritäten gehören müssen, sich vom Mantra der Schwarzen Null zu lösen. Denn ein starker Staat ist eine wichtigte Voraussetzung für die Durchsetzung einer sozialdemokratischen Politik. Ein Kommentar von Jakob Steffen.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Was die Deutschen trennt und verbindet, warum die Globalisierung keinen Rückwärtsgang hat und wie sich der technologische Fortschritt auf die Zinsen auswirkt.
Diesen Monat unter anderem in der Makrothek: Wie Zwangsarbeiter die Devisen für Nordkoreas Atomprogramm erwirtschaften, warum die Microsoft-Dominanz problematisch ist und wie die Liebe im Kapitalismus funktioniert.
Mit welchen Ländern tauscht Deutschland welche Waren aus? Wie hat sich die Struktur des Warenhandels verändert? Und wie erklärt sich der erstmals seit zehn Jahren wieder gesunkene Außenhandelsüberschuss? Ein Chartbook von Mario Huzel und Philipp Stachelsky.
Warum fällt es der Eurozone weiterhin so schwer, ihre Konstruktionsmängel zu überwinden und die Lehren aus der zurückliegenden Krise in Fortschritt zu verwandeln? Ein Teil der Antwort dürfte darin liegen, dass die Europäer keine gemeinsamen politischen Narrative teilen, wie eine Analyse der Krisendiskurse in den wichtigsten Mitgliedstaaten zeigt.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Ein Überblick zur Vollgeld-Debatte, was die Treuhand-Privatisierung angerichtet hat und warum man sich den Plattformkapitalismus als Planwirtschaft vorstellen muss.
Glück oder eben Pech zu haben mag als allgemeine Lebensphilosophie durchaus von unaufhebbarer Relevanz sein – es darf aber kein Maßstab für die sozialpolitische Gestaltung der Existenzsicherung von Millionen Menschen sein. Der Fall der Tafeln zeigt auf, dass dem aber offenbar doch so ist. Ein Kommentar von Stefan Sell.
Wenn die EU die globale regelbasierte Ordnung eines (relativ) freien Handels verteidigen will, darf sie den USA die Erhebung von willkürlichen und eigenmächtigen Zöllen nicht durchgehen lassen. Und bisher macht die EU-Kommission alles richtig: Ihre Strategie hat das Potenzial, ein vorzeitiges Ende von Donald Trumps Zöllen zu befördern und so den Schaden eines Handelskonflikts zu reduzieren. Ein Kommentar von Sebastian Dullien.
Es wird oft argumentiert, dass die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern größtenteils aus der biologischen Unterschiedlichkeit der Geschlechter resultieren – Frauen und Männer seien schließlich mit unterschiedlichen Vorlieben und Talenten gesegnet. Allerdings können diese Unterschiede wenn überhaupt dann nur einen sehr kleinen Teil der Gender Pay Gap erklären. Eine Analyse von Esteban Ortiz-Ospina.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Wie die liberale Demokratie sich selbst zerstört, was uns die Steinzeitmenschen über Automatisierungsprozesse erzählen können und warum ein libertäres Paradies gezeigt hat, dass libertäre Paradiese nicht funktionieren.
Die Tulpenmanie im Holland des 17. Jahrhunderts wird oft als Paradebeispiel für den Irrsinn auf den Finanzmärkten angeführt – allerdings zu Unrecht, wie neue Erkenntnisse zeigen. Vielmehr dürfte der Tulpenmythos auf aus dem Kontext gerissene Pamphlete und satirische Lieder zurückzuführen sein.
In einem Kompromisspapier haben 14 deutsche und französische Ökonomen Vorschläge für die Reform der Eurozone formuliert. Zwar gehen viele Ideen in die richtige Richtung, allerdings sollte die Politik sie keinesfalls unkritisch übernehmen – denn der „Euroreport“ lässt zu viele Fragen offen und könnte die ohnehin schon wacklige Architektur der Währungsunion sogar noch weiter schwächen. Ein Beitrag von Sebastian Dullien.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Wie China seinen Einfluss in Europa ausbaut, wie es zu Martin Schulz’ Abgang kam und warum ein tschechischer Energiekonzern im großen Stil gegen den Erfolg der deutschen Energiewende wettet.
Der IG Metall wird gelegentlich vorgeworfen, dass ihr jüngster Tarifabschluss kaum mehr als eine Nullrunde darstellen würde. Um aber die Bedeutung einer vereinbarten Lohnerhöhung vor dem Hintergrund der ökonomischen Rahmendaten bewerten zu können, muss sie auf die jeweiligen Kalenderjahre umgerechnet werden. Eine Analyse von Thorsten Schulten.
Wenn Europa wie versprochen seinen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten will, wird es eine aggressivere Klimaschutzpolitik betreiben müssen. Aber diese wird die Reichen reicher und die Armen ärmer machen, weshalb es unverzichtbar ist, die Verteilungseffekte der Klimapolitik abzuschwächen. Ein Kommentar von Georg Zachmann.
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht die offizielle Bezeichnung des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Die unterschiedliche Gewichtung der Unterprogramme wird im folgenden Chart noch etwas deutlicher. Dieser zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen zuletzt wieder etwas reduziert hat (von in der Spitze über 90% auf zuletzt etwa 80%).
Worauf es zu achten gilt: Konkrete Umsetzung und Reinvestitionen fälliger Anleihen
In den kommenden Monaten gilt es also vor allem zu beobachten, wie die EZB die angekündigte Reduzierung ihres Aufkaufvolumens konkret umsetzt, weil sich dies auf die betroffenen Marktsegmente unterschiedlich auswirken wird. So hat die EZB wie oben gezeigt seit Start ihrer Aufkaufprogramme demonstriert, dass sie in der Lage und gewillt ist, die angekündigten Kaufvolumina auch tatsächlich umzusetzen. Das heißt, dass die gesamten APP-Bestände in ihrer Bilanz ungefähr dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von ca. 2,6 Billionen Euro erreichen dürften – die Frage ist eben lediglich, durch welche Wertpapiere die große weiße Lücke im Chart konkret gefüllt wird.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen auf der Oktober-Ratssitzung noch einmal erneuert und präzisiert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird sie – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre. So machen beispielsweise deutsche Staatsanleihen mittlerweile knapp 27% des aufgekauften Staatsanleihen-Portfolios aus, obwohl der deutsche Kapitalschlüssel nur bei knapp 18% liegt.
Diese „Bevorzugung“ der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss.
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen fast die Hälfte der insgesamt knapp 4,4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Wenn die EZB die Summe der monatlichen Anleihekäufe ab Januar senkt, ist in der kurzen Frist zu erwarten ist, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen ist es aber auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern, was aus heutiger Sicht aber nicht abschätzbar ist.
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.