Interaktive Infografik

Wie sich ein Grundeinkommen auf die Gesamtwirtschaft auswirken könnte

Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens würde das gesamtgesellschaftliche System der Einkommensverteilung erheblich verändern – und ist somit gerade für Volkswirte ein extrem spannendes (Gedanken-)Experiment. Diese interaktive Infografik skizziert, welche Effekte und Wechselwirkungen ein BGE auf die verschiedenen Bereiche der deutschen Volkswirtschaft haben könnte.


Über das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) wird schon seit langem diskutiert, und zwar mit zunehmender Intensität. Sogar der IWF hat das BGE in seinem neuesten „Fiscal Monitor“ thematisiert.

Die Einführung eines BGE würde das gesamtgesellschaftliche System der Einkommensverteilung erheblich verändern – und ist somit gerade für Volkswirte ein extrem spannendes (Gedanken-)Experiment. Denn aus einem BGE ergeben sich weitreichende Konsequenzen für den Arbeitsmarkt, also für das Arbeitsangebot der privaten Haushalte, die Arbeitsnachfrage der Unternehmen, das Beschäftigungsniveau und die Lohnhöhe. Veränderungen von Beschäftigungsvolumen und Lohnhöhe haben wiederum Auswirkungen auf die Gütermärkte, den Kapitalmarkt, das gesamtwirtschaftliche Preisniveau und die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Lohn- und Preisänderungen modifizieren zudem die Einkommensverteilung innerhalb der Gesellschaft. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der Finanzierung des Grundeinkommens, die erhebliche Auswirkungen auf die Staatsfinanzen haben könnte.

In der folgenden Infografik habe ich die Effekte und Wechselwirkungen skizziert, die ein BGE auf die verschiedenen Bereiche der deutschen Volkswirtschaft haben könnte. Wichtige Vorbemerkung: Dabei handelt es sich um eine Skizze – denn die konkreten Effekte eines BGE auf zentrale makroökonomische Indikatoren lassen sich nur sehr schwer prognostizieren, solange wir keine Erfahrungswerte haben. Zwar gibt es etwa in Finnland oder in der kanadischen Provinz Ontario Modellversuche, aber in einer gesamten Volkswirtschaft wurde ein BGE bisher noch nicht eingeführt.

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Fazit: Das BGE wäre ein (zu) großes Wagnis

Bei aller Unsicherheit über die makroökonomischen Effekte eines BGE kann festgehalten werden, dass diese Auswirkungen primär davon abhängen, wie sich das Arbeits- und Kapitalangebot der privaten Haushalte verändert – und das ist eine Frage, die sich ohne empirische Evidenz nicht beantworten lässt. Und solange es noch keine belastbaren flächendeckenden Praxisbeispiele für dieses Instrument gibt, ist die Beantwortung dieser Frage letztendlich Spekulation.

Die Antworten in der Literatur fallen folgerichtig sehr unterschiedlich aus (hier finden Sie einen Überblick verschiedener Studien, Prognosen und Einschätzungen). In jedem Fall wäre die flächendeckende Einführung eines BGE aber ein großes ökonomisches Wagnis. Hilmar Schneider weist beispielsweise zu Recht darauf hin, dass dieses Risiko „nur dann überschaubar bleibt, wenn das finanzielle Niveau eines solchen Transfers niedrig bleibt“. Gleichzeitig würde ein solches „Grundeinkommen light“ aber eben auch bedeuten, dass die wesentlichen Vorteile eines BGE überhaupt nicht zum Tragen kommen.

Eine zweite Möglichkeit zur Reduzierung des ökonomischen Risikos besteht darin, das BGE erst einzuführen, wenn die Volkswirtschaft bereits eine hohe Kapitalintensität der Produktion besitzt: Wenn sich die gesamtwirtschaftliche Produktion durch eine hohe Kapital- und Technologieintensität auszeichnet, benötigt die Volkswirtschaft relativ wenig Arbeit und könnte daher einen Rückgang des Arbeitsangebots durch den vermehrten Kapital- und Technologeinsatz kompensieren. Es könnte jedoch noch zwei Jahrzehnte oder sogar länger dauern, bis eine entwickelte Volkswirtschaft wie Deutschland diesen Zustand erreicht.

 

Zum Autor:

Thieß Petersen ist Senior Advisor der Bertelsmann Stiftung im Projekt „Global Economic Dynamics“ und Lehrbeauftragter an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder.

Hinweis:

Die Inhalte der Infografik basieren auf einer gekürzten Version des Beitrags „Makroökonomische Effekte eines bedingungslosen Grundeinkommens“, der zuerst in der Zeitschrift Wirtschaftsdienst erschienen ist.