Spätestens seit der Finanzkrise wird intensiv über den Zustand der Ökonomik diskutiert. Allerdings kann man sich des Eindrucks kaum erwehren, dass die Debatte inzwischen leider ziemlich auf der Stelle tritt, woran alle beteiligten Seiten einen Anteil haben. Ein Beitrag von Sebastian Thieme.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Warum das Aufstocker-System reformbedürftig ist, wo es Parallelen zwischen der Energiewende und Bismarcks Sozialpolitik gibt und was eine eigentlich belanglose Kochshow über den Kapitalismus verrät.
Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung führen für gewöhnlich zu einem Anstieg der Einkommensungleichheit – jedoch spielt die Zusammensetzung der Austeritätsmaßnahmen ebenso eine wesentliche Rolle wie deren Timing. Eine Analyse von Philipp Heimberger.
In Deutschland platzt gerade eine Auftragsblase, wie sie häufig vor Konjunkturwendepunkten vorkommt – und ein Vorbote dafür sein könnte, dass sich die deutsche Wirtschaft stärker abkühlt oder sogar in eine Rezession rutscht.
Die von Emmanuel Macron vorgeschlagenen Reformen für die Eurozone gehen zwar in die richtige Richtung, aber sparen – möglicherweise aus Rücksicht auf deutsche Befindlichkeiten – entscheidende Punkte aus: die divergierenden Handelsbilanzen und Lohnstückkosten. Um dieses Problem zu lösen, bedarf es einer europäischen Einbettung der nationalen Lohnfindungssysteme. Ein Beitrag von Rainer Land.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Wie der Klimawandel die globale Lebensmittelproduktion auf den Kopf stellt, was die Sklaverei zum amerikanischen Kapitalismus beigetragen hat und warum der Populismus nicht Schuld an Europas Problemen ist.
Spätestens seit der Finanzkrise gibt es zahlreiche Versuche, einen Ersatz für das gescheiterte Paradigma des freien Marktes zu finden. Aber eine neue einende Formel ist nicht in Sicht, die Debatte scheint sich im Nebel ungezügelter Komplexität zu verlieren. Dafür gibt es vor allem drei Gründe. Ein Kommentar von Helmut Reisen.
Mit ihren Sanktionen demonstrieren die USA, dass der Staat auch im zeitgenössischen globalen Kapitalismus immer noch der mächtigste Akteur ist. Putin hingegen hat Russland zu einer umfassenden strategischen Niederlage geführt, die für das Land eine Neuauflage der 1920er Jahre bedeuten könnte. Ein Kommentar von Branko Milanovic.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sorgt für den notwendigen Einigungsdruck, um die seit langem verschleppte Grundsteuer-Reform endlich durchzuführen. Leicht wird das sicher nicht, da verschiedenste Interessen berücksichtigt werden müssen. Eine Alternative zu den bisherigen Vorschlägen wäre eine Bodenwertsteuer, die auch in der Debatte um bezahlbaren Wohnraum eine Rolle spielen könnte. Eine Analyse von Stefan Bach und Claus Michelsen.
Im letzten Jahrzehnt hat China die Qualität seiner Produkte enorm verbessert. Und es deutet einiges darauf hin, dass die USA im aktuellen Handelsstreit nicht nur durch die Handelsbilanz motiviert sind, sondern auch einen zukünftigen ökonomischen Wettbewerber auf Distanz halten wollen.
Mit seinem Vorschlag für die Einführung eines „solidarischen Grundeinkommens“ hat Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller vor allem in der SPD die Debatte um Hartz IV neu entfacht. Deswegen aber nun eine Abschaffung des bei vielen Menschen verhassten Systems in Aussicht zu stellen, ist mindestens naiv, wenn nicht sogar versuchte Rosstäuscherei. Ein Kommentar von Stefan Sell.
Wie die Silicon Valley-Entrepreneure in Überheblichkeitssphären abdriften, was Deutschland in Sachen Gender Pay Gap von Großbritannien lernen kann und warum die historische Erzählung über den Ursprung gesellschaftlicher Ungleichheit ein Mythos ist.
Viele im Westen haben noch immer Schwierigkeiten damit, China als maßgeblichen Akteur in das eigene Weltbild zu integrieren, was sich auch im Umgang mit der „Belt and Road Initiative" zeigt. Diese könnte der Westen als Chance nutzen, die Schwächen des eigenen Globalisierungsmodells offen einzugestehen und sich im Dialog mit China ein Stück weit neu zu erfinden. Ein Kommentar von Thomas Bonschab.
Diesen Monat unter anderem in der Makrothek: Krimis zur D-Mark-Einführung und Griechenland-Krise, Wachstumskritik und wie Peking seine Armen loswerden will.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Ein konkreter Vorschlag zur Reform der Eurozone, wie Emmanuel Macron Frankreich und Europa auf die Digitalisierungswelle vorbereiten will und was die Schweizer UBS-Bank mit der Abholzung von Regenwäldern zu tun haben könnte.
Wie problematisch die entgeltlose Übertragung von Daten an soziale Medien ist, hat der jüngste Facebook-Skandal ein weiteres Mal unter Beweis gestellt. Allerdings ließe sich der prekäre Status quo des modernen Datenkapitalismus überwinden, wenn man ihn mit einer alt-bewährten Rechtsform verbinden würde. Ein Beitrag von Hans-Jörg Naumer.
Der ganz große Handelskonflikt zwischen der EU und den USA ist zunächst aufgeschoben, aber ganz sicher nicht aufgehoben, während der amerikanisch-chinesische Konflikt nun erst richtig Fahrt aufnimmt. Eine grundlegende Beilegung wird es nur geben können, wenn wir uns stärker mit den Problemen des Welthandelssystems beschäftigen, die weit über Donald Trump hinausgehen. Ein Beitrag von Jan Priewe.
Die EU-Kommission hat ihre Pläne für eine „Digital Services Tax“ veröffentlicht. Leider bestätigt der offizielle Vorschlag trotz einiger weniger Änderungen die Befürchtungen, die man aufgrund der im Vorfeld bekanntgewordenen Entwürfe haben musste.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Warum Banken die neuen Stahlwerke sind, wie Edeka seine Marktmacht gegenüber Lieferanten einsetzt und was man erfährt, wenn man bei AfD-Wählern an der Tür klingelt.
Mit irreführende Berechnungen flankiert der Bund der Steuerzahlerbund die Äußerungen von Gesundheitsminister Jens Spahn, laut dem manche Erwerbstätige weniger verdienen würden als Hartz IV-Bezieher – was falsch ist. Viel wichtiger wäre es, grundsätzlich über die Höhe der Löhne zu diskutieren. Ein Kommentar von Stefan Sell.
Ganz gleich, wie sehr uns Donald Trump in seiner gesellschaftspolitischen und geopolitischen Ausrichtung zuwider sein mag – er könnte die USA im globalen Wettbewerb tatsächlich wieder größer machen. Denn die dritte Aufschwungwelle seit der Finanzkrise hat ihren Höhepunkt überschritten, weshalb das riesige Ausgabenpaket eventuell zur richtigen Zeit kommt.
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht die offizielle Bezeichnung des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Die unterschiedliche Gewichtung der Unterprogramme wird im folgenden Chart noch etwas deutlicher. Dieser zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen zuletzt wieder etwas reduziert hat (von in der Spitze über 90% auf zuletzt etwa 80%).
Worauf es zu achten gilt: Konkrete Umsetzung und Reinvestitionen fälliger Anleihen
In den kommenden Monaten gilt es also vor allem zu beobachten, wie die EZB die angekündigte Reduzierung ihres Aufkaufvolumens konkret umsetzt, weil sich dies auf die betroffenen Marktsegmente unterschiedlich auswirken wird. So hat die EZB wie oben gezeigt seit Start ihrer Aufkaufprogramme demonstriert, dass sie in der Lage und gewillt ist, die angekündigten Kaufvolumina auch tatsächlich umzusetzen. Das heißt, dass die gesamten APP-Bestände in ihrer Bilanz ungefähr dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von ca. 2,6 Billionen Euro erreichen dürften – die Frage ist eben lediglich, durch welche Wertpapiere die große weiße Lücke im Chart konkret gefüllt wird.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen auf der Oktober-Ratssitzung noch einmal erneuert und präzisiert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird sie – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre. So machen beispielsweise deutsche Staatsanleihen mittlerweile knapp 27% des aufgekauften Staatsanleihen-Portfolios aus, obwohl der deutsche Kapitalschlüssel nur bei knapp 18% liegt.
Diese „Bevorzugung“ der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss.
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen fast die Hälfte der insgesamt knapp 4,4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Wenn die EZB die Summe der monatlichen Anleihekäufe ab Januar senkt, ist in der kurzen Frist zu erwarten ist, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen ist es aber auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern, was aus heutiger Sicht aber nicht abschätzbar ist.
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.