Im Angesicht von Brexit und Trump trauern viele der Aufbruchstimmung nach, die am Ende des Kalten Krieges herrschte – und vergessen dabei, dass dieses Ereignis für andere Menschen eher ambivalent war. Ein Kommentar von Branko Milanovic.
Ein Gespräch mit dem Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser über das Bedürfnis nach Stabilität, die Geschichte des deutschen Produktionsmodells und Wolfgang Schäubles marxistischen Ansatz in der Griechenland-Politik.
Studierenden, die die etablierte VWL kritisieren und mehr Pluralismus in der Lehre fordern, wird in der Regel mit einem fast schon standardisierten Muster begegnet. Ein Best-of ökonomische Kritikabwehr von Leonhard Dobusch.
Anhand von sechs verschiedenen Twitter-Listen können Sie sich einen schnellen Überblick darüber verschaffen, was die deutschsprachige Ökonomenszene derzeit so umtreibt. Alle Listen können auch ohne eigenen Twitter-Account angeschaut werden.
Deutschland wirkt im Vergleich mit den USA wie eine Insel der Toleranz und der sozialstaatlichen Solidarität. Doch wir sollten uns dringend davor hüten zu glauben, dass es Rassismus, Massenarmut und Klassenkampf von oben in Deutschland nicht (mehr) geben kann – es wäre fatal, die Warnzeichen zu unterdrücken und so einer amerikanischen Zukunft Vorschub zu leisten. Ein Kommentar von Benjamin Braun.
Die sinkende Profitabilität in Deutschland geht auf den gestiegenen Ölpreis zurück. Darum dürfte die fällige Korrektur am Aktienmarkt noch auf sich warten lassen.
Es sieht also danach aus, dass die jüngste synchrone Erholung der Weltwirtschaft dann doch nicht zu dem kräftigen Aufschwung führen wird, den sich viele erhofft haben. Jedenfalls fehlen derzeit dafür alle Anzeichen – eher sollten wir damit rechnen, dass Deutschland dem Trend im Rest der Welt nach unten folgen wird.
Es ist erfreulich, wenn die etablierte VWL die Erfolge der Bewegung für mehr Pluralität in der Volkswirtschaftslehre anerkennt und sich grundsätzlich offen für Neues zeigt. Allerdings kommt diese angebliche Offenheit vielerorts nicht über Lippenbekenntnissen hinaus – um bestehende Ungleichgewichte abzuschaffen, müssen an den Hochschulen institutionelle Veränderungen stattfinden. Eine Replik von Birte Strunk vom Netzwerk Plurale Ökonomik.
Hungrige Drachen in China, Thomas Piketty präsentiert einen Plan zur Demokratisierung der Eurozone und die wirtschaftlich prägendsten Erfindungen werden geehrt – das sind die Neuerscheinungen des letzten Monats.
Die europäischen Regierungen haben erneut deutlich gemacht, dass sie die wachsende Migration aus Afrika mit aller Macht verhindern wollen – auch um den Preis der Aufgabe humanitärer Grundprinzipien. Ein Beitrag von Helmut Reisen und Robert Kappel.
Spätestens nach dem TV-Duell dürfte klar sein, dass die Sozialdemokraten die Bundestagswahl verlieren werden. Die SPD hätte deutlich radikaler sozialdemokratisch auftreten müssen, um Merkels Strategie der Entwaffnung und Demobilisierung zu kontern – den nötigen Spielraum dafür hätte es jedenfalls gegeben. Ein Kommentar von Christian Odendahl und Sophia Besch.
Unabhängig davon, ob die enormen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse vorsätzlich oder fahrlässig entstanden sind – das Ergebnis entspricht dem, was der althergebrachte Merkantilismus auch hervorbringen wollte. Und es ist wenig hilfreich, das Problem auf empirisch dünnem Eis abzustreiten oder zu verharmlosen. Ein Beitrag von Jan Priewe.
Binnen weniger Generationen hat die Globalisierung die Weltwirtschaft komplett verändert. Aber wie hat sich die Explosion des weltweiten Handelsvolumens auf die globale Armut und Ungleichheit ausgewirkt? Eine Analyse von Esteban Ortiz-Ospina.
Die Bewegung Plurale Ökonomik erhält rasanten Zulauf. Doch der Erfolg stellt die Bewegung vor die Entscheidung: Will sie weiter Fundamentalopposition sein oder wirklich etwas verändern? Ein Kommentar von Johannes Becker.
Der deutsche Aktienmarkt ist derzeit um rund 50% überbewertet und dürfte nur noch wenig Potenzial nach oben haben. Daran kann man auch gut sehen, wie Real- und Geldwirtschaft zusammenhängen.
Die Warnungen vor Überhitzungs- und Inflationsgefahren in Deutschland werden gerne mittels des Potenzialwachstums argumentiert. Dabei handelt es sich aber um ein theoretisches Konstrukt, das sich gar nicht unmittelbar messen lässt. Notwendig ist daher ein genauerer Blick auf die tatsächliche Kapazitätsauslastung – die in der deutschen Industrie derzeit so hoch ist wie zuletzt 2011.
Eine Dokumentation schaut hinter die Kulissen von Deutschlands neuem Wirtschaftswunder, ein Zwie- bzw. Selbstgespräch zum Thema Rechtspopulismus und Martin Schulz´ EU-Karriere wird ausgeleuchtet – das sind die Neuerscheinungen des letzten Monats.
Die Unterschiede zwischen einer realwirtschaftlichen und einer geldwirtschaftlichen Analyse sind so fundamental wie der Unterschied zwischen dem kopernikanischen und dem ptolemäischen Weltbild – und so wie das geozentrische Weltbild jahrhundertelang Seefahrer in die Irre führte, hat auch die weitere Verwendung realwirtschaftlicher Modelle erhebliche negative Folgen für die Ökonomie. Ein Beitrag von Peter Bofinger und Mathias Ries.
Der Begriff „illiberale Demokratie" wird oft verwendet, um Regime wie die von Orban, Putin oder Erdogan zu beschreiben, deren Werte im Gegensatz zu denen des Westens stünden. Tatsächlich sind diese angeblichen Werte aber nur ein Mittel zum Zweck. Ein Kommentar von Branko Milanovic.
Seit Monaten erholen sich in den USA die Investitionen in neues Kapital. Doch noch immer deutet vieles daraufhin, dass der aktuelle US-Konjunkturzyklus in seinen letzten Zügen liegt.
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht die offizielle Bezeichnung des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Die unterschiedliche Gewichtung der Unterprogramme wird im folgenden Chart noch etwas deutlicher. Dieser zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen zuletzt wieder etwas reduziert hat (von in der Spitze über 90% auf zuletzt etwa 80%).
Worauf es zu achten gilt: Konkrete Umsetzung und Reinvestitionen fälliger Anleihen
In den kommenden Monaten gilt es also vor allem zu beobachten, wie die EZB die angekündigte Reduzierung ihres Aufkaufvolumens konkret umsetzt, weil sich dies auf die betroffenen Marktsegmente unterschiedlich auswirken wird. So hat die EZB wie oben gezeigt seit Start ihrer Aufkaufprogramme demonstriert, dass sie in der Lage und gewillt ist, die angekündigten Kaufvolumina auch tatsächlich umzusetzen. Das heißt, dass die gesamten APP-Bestände in ihrer Bilanz ungefähr dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von ca. 2,6 Billionen Euro erreichen dürften – die Frage ist eben lediglich, durch welche Wertpapiere die große weiße Lücke im Chart konkret gefüllt wird.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen auf der Oktober-Ratssitzung noch einmal erneuert und präzisiert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird sie – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre. So machen beispielsweise deutsche Staatsanleihen mittlerweile knapp 27% des aufgekauften Staatsanleihen-Portfolios aus, obwohl der deutsche Kapitalschlüssel nur bei knapp 18% liegt.
Diese „Bevorzugung“ der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss.
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen fast die Hälfte der insgesamt knapp 4,4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Wenn die EZB die Summe der monatlichen Anleihekäufe ab Januar senkt, ist in der kurzen Frist zu erwarten ist, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen ist es aber auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern, was aus heutiger Sicht aber nicht abschätzbar ist.
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.