Made in China

Wie viel Angst haben die USA vor Made in China?

Im letzten Jahrzehnt hat China die Qualität seiner Produkte enorm verbessert. Und es deutet einiges darauf hin, dass die USA im aktuellen Handelsstreit nicht nur durch die Handelsbilanz motiviert sind, sondern auch einen zukünftigen ökonomischen Wettbewerber auf Distanz halten wollen.

Chinesische Produkte haben immer noch ein Imageproblem. Foto: Paul Sableman via Flickr (CC BY 2.0)

Die Spannungen im Handelskonflikt zwischen China und den USA eskalieren weiter. Die chinesische Regierung kündigte unlängst Vergeltungsmaßnahmen für eine Reihe von amerikanischen Produkten an, darunter Autos und einige Agrarprodukte, nachdem die USA 1.333 chinesische Produkte aufgelistet hatten, die mit Strafzöllen von 25% belegt werden sollen.

Ein Handelskrieg macht ökonomisch für keine der beiden Seiten Sinn. Der bilaterale Handel zwischen den USA und China hatte 2017 ein Volumen von 711 Milliarden US-Dollar. Allein Boeings Deal mit China, der während Donald Trumps Peking-Besuch unterzeichnet wurde, ist 37 Milliarden US-Dollar schwer.

Zahlreiche Jobs und Lebensunterhalte stehen auf dem Spiel. Warum also gibt es kein sonderliches Interesse, vor allem von Trumps Seite, die Spannungen beizulegen und eine neue Lösung zu finden?

Es wurde zuletzt viel über das Handelsdefizit der USA gegenüber China und die Vorwürfe gesprochen, dass China geistiges Eigentum stehlen würde. Aber die Antwort könnte auch in Ängsten der USA vor der „Made in China 2025“-Initiative der chinesischen Regierung liegen, und wie diese die wachsende Bedrohung durch China als ökonomischen Rivalen signalisiert. Dass die offizielle Untersuchung der chinesischen Handelspraktiken durch den US-Handelsbeauftragten die Made in China 2025-Initiative mehr als 100 Mal erwähnt, legt nahe, dass dies der Fall ist.

Chinas Imageprobleme

Made in China 2025 wurde von der chinesischen Regierung 2015 gestartet, um die Produktionsfähigkeiten des Landes upzugraden. Es ist ein Plan, Chinas Produktion von einem niedrigpreisigen, arbeitsintensiven Modell zu einer fortgeschrittenen und smarten Produktionsweise zu transformieren. Dabei wurden bestimmte Schlüsselindustrien wie die Luftfahrt, Robotertechnik und medizinisches High-Tech-Equipment priorisiert. Die Hoffnung ist, dass China schrittweise zu den Produktionsfähigkeiten der entwickelten Volkswirtschaften aufschließt und zu einem industriellen Leader wird.

Zahlreiche der Produkte aus diesen Schlüsselindustrien, wie etwa Industrieroboter, Luft- und Raumfahrt-Equipment, neue Energien und die Energieversorgung sowie fortgeschrittene Eisenbahntechnik befinden sich auf der vom US-Handelsbeauftragten veröffentlichten Liste mit Strafzoll-Zielen. Es sieht also danach aus, als wenn es in der momentanen Situation nicht einfach nur darum geht, Amerikas Handelsdefizit mit China zu reduzieren – sondern sich das Vorgehen vielmehr gegen den zukünftigen Wettbewerber richtet, der China sein wird.

Die Made in China 2025-Strategie macht auf meinem Forschungsgebiet absolut Sinn, das sich damit beschäftigt, wo Produkte gefertigt werden und wie dies ihre Beliebtheit auf dem globalen Marktplatz beeinflusst. Ein starkes und positives Image eines Landes kann etwas generieren, was Ökonomen „Halo-Effekte“ nennen: So hat sich etwa Deutschland für seine Autos und Ingenieurskunst eine gute Reputation aufgebaut, Frankreich und Italien für ihre Weine und Mode, und die USA für ihre innovativen Produkte.

Diese weltweite Reputation bringt Prestige und die Möglichkeit für höhere Preisaufschläge mit sich. Obwohl immer noch debattiert wird, ob die Herkunft eines Produkts wichtiger ist als das Land, wo es produziert wird (Apple beispielsweise entwirft seine Produkte in den USA, aber fertigt sie in China), gibt es doch keinen Zweifel, dass „Made in China“ ein Imageproblem hat: Chinesische Produkte wurden lange als billig angesehen, und dass sie hinsichtlich ihrer Qualität oder Innovationskraft nicht besonders gut wären.

Die chinesische Regierung ist sich dessen seit langem bewusst und gewillt, dies zu ändern. Anfang des 21. Jahrhunderts rief sie daher eine Politik namens „Going Out“ ins Leben, die führende chinesische Unternehmen ermutigte, international zu expandieren, um neue Technologien und die notwendigen Innovationswerkzeuge zu akquirieren. Die zwei großen Beispiele für diese Strategie waren die Übernahme der PC-Abteilung von IBM durch die IT-Firma Lenovo im Jahr 2005 und der Kauf von Volvo durch den Autokonzern Geely 2010. Made in China 2025 dient demselben Zweck – Chinas technologische und innovative Fähigkeiten zu steigern und das Image der chinesischen Produkte zu verbessern.

Beeindruckendes Wachstum

Und es besteht kein Zweifel, dass China seit den 90er Jahren einen weiten Weg zurückgelegt hat. Es hat während des letzten Jahrzehnts ein 22.000 Kilometer langes und hochmodernes High-Speed-Eisenbahn-Netzwerk gebaut, was mehr ist als der Rest der Welt zusammen. China wird zudem als Weltmarktführer bei erneuerbaren Energien und Technologien, Patenanmeldungen, kommerziellen Drohnen, Industrierobotern sowie im E-Commerce und bei mobilen Zahlungsvorgängen angesehen.

Sinnbildlich für die Transformation der chinesischen Produkte in den letzten Jahren ist der Telekommunikationskonzern Huawei. Während des letzten Jahrzehnts hat Huawei Ericsson und Nokia als weltweit größter Anbieter von Telekommunikationsausrüstungen überholt und gerade Apple in der Rangliste der größten Smartphone-Hersteller hinter sich gelassen, wo der Konzern jetzt hinter Samsung auf Platz 2 liegt.

Noch bemerkenswerter als diese Statistiken ist, dass sich Huawei von einem billigen Telefonhersteller zu einer akzeptierten Premiummarke gewandelt hat, die mit Apple und Samsung konkurrieren kann. Kürzlich brachte es das Premiummodell Huawei P20 Pro heraus, dass einen Preis von 1.100 US-Dollar hat. Am oberen Ende der Preisspanne wird das Huawei Porsche Design Mate RS für 2.109 US-Dollar verkauft – was sogar teurer ist als das iPhone X.

Es besteht kein Zweifel, dass sich einige in den USA mit Chinas beeindruckenden Wachstum alles andere als wohl fühlen. Dies legt nahe, dass es in dem momentanen Handelsstreit nicht nur um Importe und Exporte geht, sondern auch um eine amtierende Supermacht, die die Bedrohung durch einen aufsteigenden Herausforderer spürt.

 

Zum Autor:

Qing Shan Ding ist Senior Lecturer für Marketing an der University of Huddersfield.

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Dieser Artikel wurde zuerst von The Conversation in englischer Sprache veröffentlicht und von der Makronom-Redaktion unter Zustimmung von The Conversation und des Autors ins Deutsche übersetzt.The Conversation