Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Unter welchen Umständen Staatschulden die kommenden Generationen (nicht) belasten, was der grüne Kurswechsel der EIB bedeutet, wie man CO2 wieder aus der Atmosphäre bekommt und warum das trotzdem nicht genug ist.
Die Insolvenzrate in den EU-Staaten ist während der COVID-19-Krise bisher bemerkenswert stabil geblieben – oder sogar gesunken. Dennoch muss sich die Politik auf eine Pleitewelle vorbereiten und eine schnelle Reform der Insolvenzverfahren einleiten. Eine Analyse von Grégory Claeys, Mia Hoffmann und Guntram B. Wolff.
Die Werke von N. Gregory Mankiw zählen zu den weltweit meistverkauften VWL-Lehrbüchern. Doch sie sind voller Irrungen und Wirrungen. Ein Beitrag von Peter Bofinger.
Anstatt die Fiskalpolitik weiterhin in ein zu enges und arbiträr zugeschnittenes Korsett zu zwängen, sollte über eine Reform der Fiskalregeln nachgedacht werden. Diese könnte aus einer Kombination aus angepasster, auf Vollbeschäftigung abzielender Schuldenbremse sowie einem Frühwarnsystem für Zinssteigerungen bestehen. Ein Vorschlag von Philippa Sigl-Glöckner.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Was sich aus der Dynamik von Staatsschulden, Verzinsung und Rendite über finanzielle Spielräume prognostizieren lässt, welche Interessen hinter der zaghaften deutschen Umweltpolitik stehen könnten und wie die turbulenten vergangenen Wochen der EU einzuordnen sind.
Forderungen nach einer beschleunigten Dekarbonisierung werden häufig mit dem Verweis auf den Emissionshandel abgewehrt. Dabei wäre es vielmehr notwendig, dieses Instrument selbst zu hinterfragen und neu zu denken. Ein Beitrag von Marc Frick und Vera Huwe.
Mit ihrem Buch „The Great Demographic Reversal" sorgen Charles Goodhart und Manoj Pradhan derzeit für Furore. Dabei sind ihre Thesen weder „original“ noch „überraschend“. Und ausgerechnet beim Titelthema schwächeln sie. Eine Rezension von Helmut Reisen.
Demnächst wird ein in vielfacher Hinsicht außergewöhnliches Jahr zu Ende gehen – in dem die wirtschaftswissenschaftliche Forschung so eng in das politische Handeln eingebunden wie selten zuvor. Ein Beitrag von Susanne Erbe.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Was der (vermeintliche) Fisch-Streit über die Brexit-Verhandlungen aussagt, warum die Debatte über Corona-Hilfen in Deutschland falsch geführt wird und was sich aus der Geschichte der deutschen Währungsunion für die Eurozone lernen lässt.
Inzwischen beschäftigen sich auch die großen Zentralbanken mit ihrer Rolle im Kampf gegen den Klimawandel. Wie weit sie dabei gehen (können), hängt davon ab, wie viel politische Legitimation dafür geschaffen wird. Ein Beitrag von Stanislas Jourdan und Marc Beckmann.
Die „Flexibilisierung“ von Beschäftigungsschutzgesetzen war eines der Hauptinstrumente, um die Arbeitslosigkeit nach der Finanzkrise zu senken – ohne dass es dafür eine belastbare Makro-Evidenz gab, wie eine neue Meta-Analyse zeigt. Diese Erkenntnis ist auch für die Bewältigung der Corona-Krise hoch relevant. Ein Beitrag von Philipp Heimberger.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Wie sich EU-Handelskommissar Dombrovskis die Zukunft des europäischen Außenhandels vorstellt, warum BlackRocks Rolle in der Bankenregulierung problematisch ist und wie sich Staaten auf einen digitalisierten Arbeitsmarkt nach Corona einstellen sollten.
Wer sich ökologisch und sozial verhält, wird dafür oft finanziell bestraft. Dies ist jedoch kein Naturgesetz, sondern hängt ganz erheblich von unserer Steuer- und Subventionspolitik ab. Ein Beitrag von Swantje Fiedler und Matthias Runkel.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Ein Paradigmenwechsel in der europäischen Infrastruktur-Förderung, warum jetzt ein guter Zeitpunkt für eine höhere CO2-Bepreisung ist und was die Wirtschaft aus der Corona-Krise lernen könnte.
Im Streit um den EU-Haushalt sitzen Ungarn und Polen am kürzeren Hebel und werden letztlich nachgeben müssen – oder von der Mehrheit umgangen werden. Dennoch wird es für die EU höchste Zeit, die Vetokratie zu überwinden. Eine Analyse von Manuel Müller.
Die großen Finanzinstitutionen sind ein wichtiger Motor für den ökologischen und ökonomischen Umbau. Aber was muss passieren, damit der Finanzmarkt diese Rolle auch einnimmt? Ein Beitrag von Joachim Wardenga und Gerhard Schick.
Sparschwemme, rückläufige Produktivität, Zombie-Firmen – können diese Phänomene durch grundlegende, strukturelle Umbrüche beschrieben werden? Und muss in diesem Kontext nicht auch die Geldpolitik neu gedacht werden? Ein Beitrag von Hans-Jörg Naumer.
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht die offizielle Bezeichnung des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Die unterschiedliche Gewichtung der Unterprogramme wird im folgenden Chart noch etwas deutlicher. Dieser zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen zuletzt wieder etwas reduziert hat (von in der Spitze über 90% auf zuletzt etwa 80%).
Worauf es zu achten gilt: Konkrete Umsetzung und Reinvestitionen fälliger Anleihen
In den kommenden Monaten gilt es also vor allem zu beobachten, wie die EZB die angekündigte Reduzierung ihres Aufkaufvolumens konkret umsetzt, weil sich dies auf die betroffenen Marktsegmente unterschiedlich auswirken wird. So hat die EZB wie oben gezeigt seit Start ihrer Aufkaufprogramme demonstriert, dass sie in der Lage und gewillt ist, die angekündigten Kaufvolumina auch tatsächlich umzusetzen. Das heißt, dass die gesamten APP-Bestände in ihrer Bilanz ungefähr dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von ca. 2,6 Billionen Euro erreichen dürften – die Frage ist eben lediglich, durch welche Wertpapiere die große weiße Lücke im Chart konkret gefüllt wird.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen auf der Oktober-Ratssitzung noch einmal erneuert und präzisiert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird sie – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre. So machen beispielsweise deutsche Staatsanleihen mittlerweile knapp 27% des aufgekauften Staatsanleihen-Portfolios aus, obwohl der deutsche Kapitalschlüssel nur bei knapp 18% liegt.
Diese „Bevorzugung“ der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss.
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen fast die Hälfte der insgesamt knapp 4,4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Wenn die EZB die Summe der monatlichen Anleihekäufe ab Januar senkt, ist in der kurzen Frist zu erwarten ist, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen ist es aber auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern, was aus heutiger Sicht aber nicht abschätzbar ist.
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.