Die öffentlichen Gläubiger Griechenlands haben sich erneut nicht auf die Freigabe weiterer Gelder einigen können. Hintergrund ist der offensichtliche Versuch Wolfgang Schäubles, bis zur Bundestagswahl keine Diskussion über die Kosten der Griechenland-Rettung aufkommen zu lassen. Damit wäre aber außer dem Finanzminister und seiner Regierung niemandem geholfen.
Unser heutiges Währungssystem funktioniert im Wesentlichen so, dass grenzüberschreitende Transaktionen in wenigen Schlüsselwährungen vollzogen werden, wovon der US-Dollar mit Abstand die wichtigste ist. Allerdings führt diese Struktur dazu, dass gerade ärmere Regionen unter einer „monetären Diskriminierung“ leiden und allzu oft Stop-and-go-Kreisläufen ausgesetzt sind, die ihren Aufholprozess behindern.
Inzwischen sind fast eine halbe Million erwerbsfähige Flüchtlinge im System der Bundesagentur für Arbeit (BA) angekommen. Die Entwicklung der gesamtdeutschen Arbeitslosenzahl ist davon bislang weitestgehend unberührt beglieben. Was die Arbeitslosenstatistik allerdings verschweigt: Die Zahl der Flüchtlinge ohne Arbeit liegt um einiges höher. Eine Analyse von Stefan Sell und Lena Becher.
Die Seidenstraßen-Initiative ist ein zentraler Baustein der chinesischen Globalisierungsstrategie. Auch für einige der mehr als 60 teilnehmenden Länder sind die angestrebten Infrastrukturprojekte Teil der nationalen Entwicklungsstrategie. Doch zuletzt gab es zunehmende Zweifel an den Erfolgschancen der Initiative. Diese sollte jetzt dringend multilateralisiert werden. Eine Analyse von Peter Wolff.
Bisher hat sich die SPD im Wahlkampf davor gedrückt, inhaltlich Farbe zu bekennen – und wurde mit sinkenden Umfragewerten und drei heftigen Wahlniederlagen abgestraft. Wenn die Sozialdemokraten noch eine Chance auf das Kanzleramt haben wollen, müssen sie sich entscheiden, ob sie eine sozialliberale oder eine rot-rot-grüne Koaltion anstreben. Ein Kommentar von Philipp Stachelsky.
In Deutschland wird wieder über die richtige Steuerpolitik debattiert, Emmanuel Macrons Sieg belebt die Debatte um die Reform der Eurozone und die EZB zeichnet ein noch düstereres Bild vom europäischen Arbeitsmarkt - die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der Woche kompakt zusammengefasst.
Mit seinem Buch „Europa spart sich kaputt“ hat Joseph Stiglitz auch in Deutschland für viel Aufsehen gesorgt. Zurecht, denn der Nobelpreisträger schreibt mit Verve gegen das Hinnehmen von Massenarbeitslosigkeit und Armut an. Andererseits sollte man sich davor hüten, Stiglitz als Handlungsanweisung zur Auflösung des Euros zu lesen - denn in diesem Punkt ist seine Analyse oft blauäugig und wenig durchdacht. Eine Rezension von Jan Priewe.
Keine Frage: In Deutschland sind in den letzten Jahren jede Menge neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt jedoch, dass deren Qualität alles andere als hoch ist – und die Folgen des deutschen „Jobwunders“ noch jede Menge sozial- und verteilungspolitische Brisanz bergen dürften. Eine Analyse von Stefan Sell.
Wie schon zuvor in den Niederlanden und Österreich ist es auch in Frankreich einer rechtspopulistischen Bewegung nicht gelungen, die Macht zu übernehmen. Ein Erklärungsversuch von Simon Wren-Lewis.
Der Ton zwischen Großbritannien und der EU verschärft sich, Donald Trump bringt seine Gesundheitsreform durchs Repräsentantenhaus und im Griechenland-Streit zeichnet sich eine Einigung ab - das waren die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der Woche.
Wir haben unsere „Anatomie des deutschen Außenhandels“ erneut aktualisiert. Hinzu gekommen sind unter anderem Zahlen zur Offenheit der deutschen Wirtschaft und Debattenbeiträge zu den Ursachen der deutschen Überschüsse sowie Ideen, wie diese abgebaut werden könnten.
Die Veränderung der Arbeitswelt gehört zweifelsohne zu den wichtigsten Themen unserer Zeit und erhält entsprechend große mediale Aufmerksamkeit. Allerdings wird der technologische Fortschritt in der Presse oftmals wie ein Naturereignis dargestellt, auf dessen Gestaltung Menschen keinen Einfluss haben – dabei war Selbstentmachtung war noch nie ein Weg in eine bessere Zukunft. Ein Kommentar von Hans-Jürgen Arlt.
Mit ihrem Paket zum „sozialen Europa“ wollte die EU-Kommission um Jean-Claude Juncker auf die Vertrauenskrise der EU reagieren – und hat vor allem bei Sozialverbänden und Gewerkschaften für große Enttäuschung gesorgt. Jedoch sollte man nicht vergessen, dass die Kommission auch den schwierigen politischen Rahmenbedingungen Rechnung tragen musste. Eine Analyse von Lukas Nüse.
Die Trump-Administration hat die Eckpunkte ihrer Steuerreform vorgestellt – und auf ganzer Linie enttäuscht. Denn die Pläne lösen keines der drängenden Probleme der USA, sondern würden vor allem denjenigen schaden, die auf einen starken Staat angewiesen sind. Eine Analyse von Johannes Becker.
Donald Trumps Steuerreform nimmt Gestalt an, Angela Merkel fährt einen harten Brexit-Kurs und Matteo Renzi steht vor seinem Comeback - die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der Woche kompakt zusammengefasst.
Nach Auffassung der allermeisten Auguren gab es im letzten Vierteljahr offenbar kaum Entwicklungen, die eine Änderung der Konjunkturprognosen für Deutschland gerechtfertigt hätten. Lediglich die Inflationsprognosen wurden nach oben korrigiert.
Die G20-Finanzminister treiben die Bilanzoptimierung der multilateralen Entwicklungsbanken voran, um deren Kreditpotential zu steigern – allerdings dürfte darunter die Finanzierung von sozialer Infrastruktur in den ärmsten Ländern der Welt leiden. Die G20 muss daran erinnert werden, dass es zu früh ist, voreilige Siege im Kampf gegen die extreme Armut zu verkünden.
Einige Ökonomen meinen, dass die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse durch höhere Lohnsteigerungen reduziert werden könnten. Neue Berechnungen zeigen allerdings, dass eine expansivere Lohnpolitik allein nur eine geringe Wirkung auf die Leistungsbilanz hätte – um die Überschüsse deutlich zu reduzieren, muss auch die Fiskalpolitik unterstützend eingreifen. Eine Analyse von Gustav Horn.
Derzeit scheinen vor allem politische Unsicherheiten die Erholung des Euroraums zu gefährden – dabei besteht die Gefahr, dass die Lösung der schon seit längerem bestehenden ökonomischen Probleme ans Ende der Tagesordnung rutscht. Solange diese Altlasten aber nicht behoben sind, wird die Währungsunion instabil bleiben.
Die WHO unter Lobbyismus-Verdacht, ein Crashkurs mit Barry Eichengreen und die Ökonomie muss auf die Couch – das sind die Neuerscheinungen des letzten Monats.
Vor der Einführung des Mindestlohns hatten sich zahlreiche ÖkonomInnen mit Prognosen übertroffen, welche enormen Beschäftigungseffekte die Lohnuntergrenze verursachen würde. Die ersten empirischen Ergebnisse zeigen jedoch: Tatsächlich hatte der Mindestlohn höchstens mikroskopische Beschäftigungseffekte und konnte vielmehr die Einkommenssituation der niedrigen Einkommensschichten verbessern.
Einmal pro Quartal ermitteln wir in unserem Twitter-Ranking, welche ÖkonomInnen, JournalistInnen und BloggerInnen den größten Einfluss über den Kurznachrichtendienst generieren. Das April-Update zeigt, dass es in den letzten drei Monaten jede Menge Bewegung und gerade in der neu eingeführten Sprintwertung die ein oder andere Überraschung gab.
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht die offizielle Bezeichnung des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Die unterschiedliche Gewichtung der Unterprogramme wird im folgenden Chart noch etwas deutlicher. Dieser zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen zuletzt wieder etwas reduziert hat (von in der Spitze über 90% auf zuletzt etwa 80%).
Worauf es zu achten gilt: Konkrete Umsetzung und Reinvestitionen fälliger Anleihen
In den kommenden Monaten gilt es also vor allem zu beobachten, wie die EZB die angekündigte Reduzierung ihres Aufkaufvolumens konkret umsetzt, weil sich dies auf die betroffenen Marktsegmente unterschiedlich auswirken wird. So hat die EZB wie oben gezeigt seit Start ihrer Aufkaufprogramme demonstriert, dass sie in der Lage und gewillt ist, die angekündigten Kaufvolumina auch tatsächlich umzusetzen. Das heißt, dass die gesamten APP-Bestände in ihrer Bilanz ungefähr dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von ca. 2,6 Billionen Euro erreichen dürften – die Frage ist eben lediglich, durch welche Wertpapiere die große weiße Lücke im Chart konkret gefüllt wird.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen auf der Oktober-Ratssitzung noch einmal erneuert und präzisiert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird sie – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre. So machen beispielsweise deutsche Staatsanleihen mittlerweile knapp 27% des aufgekauften Staatsanleihen-Portfolios aus, obwohl der deutsche Kapitalschlüssel nur bei knapp 18% liegt.
Diese „Bevorzugung“ der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss.
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen fast die Hälfte der insgesamt knapp 4,4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Wenn die EZB die Summe der monatlichen Anleihekäufe ab Januar senkt, ist in der kurzen Frist zu erwarten ist, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen ist es aber auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern, was aus heutiger Sicht aber nicht abschätzbar ist.
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.