Die Euro-Finanzminister bereiten derzeit die Einführung eines Insolvenzverfahrens für Staaten vor. Das mag gut klingen, ist aber brandgefährlich: Denn ein solches Regime würde die Eurozone noch abhängiger von den Launen der Finanzmärkte machen und wieder an den Rand des Auseinanderbrechens drängen. Ein Beitrag von Fabian Lindner.
Bei zahlreichen Ökonominnen und Ökonomen sowie beim Koalitionspartner stößt Hubertus Heil mit seinem Konzept für eine Grundrente auf Ablehnung, weil diese „mit der Gießkanne“ ausgeschüttet werden soll. Doch bei genauerer Betrachtung ist der Verzicht auf die Bedürftigkeitsprüfung sogar notwendig, um ein gerechtes und effizientes Ergebnis zu erzielen. Eine Analyse von Tom Krebs.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Wie verschiedene Länder den CO2-Ausstoß bepreisen, wie die Eurogruppe zu Europas undemokratischem Machtzentrum wurde und warum reiche Menschen eine andere Realitätswahrnehmung haben.
Eine Untersuchung der an deutschen Hochschulen verwendeten VWL-Lehrbücher zeigt, dass diese deutliche Mängel an Pluralität aufweisen. Aber es gibt auch Alternativen, die der Vielfalt an wirtschaftswissenschaftlichen Denkschulen eher gerecht werden.
Bund und Länder haben sich auf die Eckpunkte einer Reform der Grundsteuer verständigt. Was ist von dem Kompromiss zu halten? Eine Analyse von Stefan Bach und Claus Michelsen.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Wie Stress und Armut zusammenhängen, welche Schattenseiten die Einmischung der EU in Venezuela hat und welche Mittel Portugal gegen Rechtspopulismus gefunden hat.
Zweite Ausgabe des Ökonomischen Quartetts: Isabel Schnabel, Christian Odendahl und Mathias Dolls diskutieren mit Marco Herack über die Zukunft der Europäischen Währungsunion.
Eine Untersuchung aller VWL-Lehrstühle in Deutschland hat ermittelt, wie es derzeit um die Vielfalt der Professor*innenschaft bestellt ist. Christian Grimm und Stephan Pühringer stellen die fünf wichtigsten Befunde vor.
Zwei Jahre nach Donald Trumps Amtsantritt ist klar: Hier ist eine Kraft am Werk, die die existierende liberale Weltordnung auf den Kopf stellen will – und dies teilweise auch bereits getan hat. Eine Zwischenbilanz von Tilman Eichstädt.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Wieso der Kapitalismus das Klima retten kann, weshalb ökonomische Narrative relevant sind und warum die Antwort der EU auf den Brexit ungenügend ist.
Das Netzwerk Plurale Ökonomik will mit der Bildungsplattform Exploring Economics die digitale Bildungslandschaft verändern. Aus dem Werdegang des Projekts lassen sich Lehren ziehen, wie eine pluralere Ökonomik realisiert werden kann.
Die Verhandlungen über die Reform der Währungsunion weisen die Besonderheit auf, dass die konventionellen EU-Konfliktdimensionen keine Rolle spielen. Vielmehr lassen sich zwei Koalitionen identifizieren, die in starker Opposition zueinanderstehen – was aber auch einen wichtigen Vorteil bietet. Eine Analyse von Fabio Wasserfallen und Thomas Lehner.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Warum arme Leute früher sterben, wie China die US-Hegemonie in Ostasien herausfordert und was nach dem Neoliberalismus kommen könnte.
Diesen Monat unter anderem in der Makrothek: Eine Aufbereitung des Diesel-Desasters, ein Konzept für einen Neo-Ordoliberalismus und wie mittels der Europäischen Integration dem Unbehagen gegenüber Globalisierung und Kapitalismus begegnet werden könnte.
Eine Umfrage unter Doktorandinnen und Doktoranden in der VWL zeigt, dass sich der wissenschaftliche Nachwuchs durchaus kritisch mit seiner Disziplin auseinandersetzt. Mit Blick auf die Wissenschaftstheorie wird zudem ein Generationenkonflikt deutlich.
Aus der wissenschaftlichen Evidenz lässt sich nicht verlässlich schließen, in was für einem Ausmaß Hartz IV dazu beigetragen hat, die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu senken. Doch es besteht weitgehend Konsens, dass die Reform Nebenwirkungen hatte und ein neues Krankheitsbild entstanden ist – und Deutschland dementsprechend eine neue Therapie braucht. Ein Beitrag von Tom Krebs.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Wieso der Kapitalismus nur noch 15 Jahre hat, warum hinter der Forderung, Familien zu entlasten, nicht viel steckt und wie viel Profit man erwirtschaften muss, um als „Wirtschaft" zu gelten.
Nicht nur in Deutschland, auch in vielen anderen Mitgliedstaaten geben sich rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien nicht mehr einfach nur als Europagegner – sondern versuchen, die Europäische Union nach ihren eigenen Vorstellungen umzugestalten. Eine Analyse von Manuel Müller.
Bisher gibt es nur wenige systematische Untersuchungen über den Zustand der Ökonomik in Deutschland. Eine Reihe von FGW-Studien hat sich dieser Forschungslücke intensiv gewidmet. Die Ergebnisse werden ab sofort in einer Beitragsserie veröffentlicht. Zum Auftakt präsentieren Till van Treeck und Janina Urban einen Überblick der Projekte.
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht die offizielle Bezeichnung des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Die unterschiedliche Gewichtung der Unterprogramme wird im folgenden Chart noch etwas deutlicher. Dieser zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen zuletzt wieder etwas reduziert hat (von in der Spitze über 90% auf zuletzt etwa 80%).
Worauf es zu achten gilt: Konkrete Umsetzung und Reinvestitionen fälliger Anleihen
In den kommenden Monaten gilt es also vor allem zu beobachten, wie die EZB die angekündigte Reduzierung ihres Aufkaufvolumens konkret umsetzt, weil sich dies auf die betroffenen Marktsegmente unterschiedlich auswirken wird. So hat die EZB wie oben gezeigt seit Start ihrer Aufkaufprogramme demonstriert, dass sie in der Lage und gewillt ist, die angekündigten Kaufvolumina auch tatsächlich umzusetzen. Das heißt, dass die gesamten APP-Bestände in ihrer Bilanz ungefähr dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von ca. 2,6 Billionen Euro erreichen dürften – die Frage ist eben lediglich, durch welche Wertpapiere die große weiße Lücke im Chart konkret gefüllt wird.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen auf der Oktober-Ratssitzung noch einmal erneuert und präzisiert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird sie – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre. So machen beispielsweise deutsche Staatsanleihen mittlerweile knapp 27% des aufgekauften Staatsanleihen-Portfolios aus, obwohl der deutsche Kapitalschlüssel nur bei knapp 18% liegt.
Diese „Bevorzugung“ der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss.
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen fast die Hälfte der insgesamt knapp 4,4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Wenn die EZB die Summe der monatlichen Anleihekäufe ab Januar senkt, ist in der kurzen Frist zu erwarten ist, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen ist es aber auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern, was aus heutiger Sicht aber nicht abschätzbar ist.
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.