Die These, dass die steigende Einkommensungleichheit in den USA eine der tieferen Ursachen der Finanzkrise ab 2008 war, ist in den akademischen und wirtschaftspolitischen Debatten mittlerweile fest verankert. Doch welchen Zusammenhang gab es tatsächlich zwischen den Verschiebungen in der Einkommensverteilung und dem Aufbau makroökonomischer Ungleichgewichte? Eine Analyse von Jan Behringer und Till van Treeck.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Ein Stimmungsbild vor der Europawahl, wo es noch beliebte Sozialdemokraten gibt, wie es mit der Globalisierung weitergehen und das Angebot an Wohnraum erhöht werden könnte.
Die EZB hat verschiedene Optionen, wie sie ihren Kapitalschlüssel nach dem Brexit anpassen könnte. Paradoxerweise bestünde die radikalste aller Lösungen jedoch darin, rein gar nichts zu tun. Eine Analyse von Sebastian Diessner.
Eine neue Aufschwungswelle in Deutschland ist ab dem Frühjahr möglich. Doch es lassen sich auch Tendenzen erkennen, die eine Erholung abwürgen könnten.
In einem bislang nicht öffentlich gemachten Konzeptpapier wirbt die Bundesregierung für eine international koordinierte Reform der Unternehmensbesteuerung. Zukünftig soll es möglich sein, eine Mindestbesteuerung auf die Gewinne von multinationalen Unternehmen durchzusetzen – selbst wenn einige Standorte niedrigere Steuerzahlungen verlangen. Ein Beitrag von Johannes Becker und Joachim Englisch.
Eine breite Akzeptanz für mehr Klimaschutz wird es nur geben, wenn die einkommensschwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft vor den dadurch entstehenden Kosten geschützt werden. Um dies zu gewährleisten, müssen auch Ökonomen über ihren Schatten springen. Ein Kommentar von Karsten Neuhoff.
Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland nach 2005 nicht deshalb so stark fiel, weil mehr Menschen aus der Arbeitslosigkeit heraus eine Stelle fanden – sondern vor allem, weil weniger Menschen arbeitslos wurden. Eine Analyse von Benjamin Hartung, Philip Jung und Moritz Kuhn.
Die EZB stellt ihr QE-Programm wie erwartet zum Jahresende größtenteils ein. Eine andere geldpolitische Maßnahme könnte dagegen bald eine Neuauflage erleben.
Ein Staatfonds, der in globale Finanzmärkte investiert, würde die Investitionen in die deutsche Volkswirtschaft schwächen. Aus einer realwirtschaftlichen Perspektive deutlich sinnvoller wäre ein inländisch investierender Bürgerfonds, der das Problem der Altersvorsorge aber auch nicht im Alleingang lösen kann. Ein Kommentar von Tom Krebs.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Mit welchen Mitteln Theresa May die Verantwortung für das Brexit-Desaster von sich schieben will, wie der Euro den Dollar als Leitwährung ablösen könnte und warum es höchste Zeit für massive Investitionen in die ländlichen Regionen ist.
Eine hohe Ungleichheit fördert nicht Investitionen und Wachstum, sondern bringt im Laufe der Zeit das genaue Gegenteil hervor. Ein Kommentar von Branko Milanovic.
Die EU-Kommission hat erste Vorschläge zur Internationalisierung des Euro präsentiert. Doch bevor die Gemeinschaftswährung an der Dominanz des Dollar rütteln kann, müsste Europa – und allen voran Deutschland – seine Wirtschaftspolitik grundlegend überdenken. Eine Analyse von Adam Tooze und Christian Odendahl.
Die goldene Zeit Deutschlands als führende Innovationsnation scheint vorbei zu sein – was verteilungspolitische Konsequenzen hat. Denn die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen sind nicht zuletzt auch das Resultat eines Rückgangs des Produktivitätswachstums. Eine Analyse von Dominic Ponattu, Paula Nagler und Wim Naudé.
Seitdem bekannt geworden ist, dass die Gewerkschaften Achim Truger als Kandidaten für den Sachverständigenrat vorschlagen wollen, wird dieser heftig angefeindet. Das Erschreckende daran ist, dass es gar nicht um die Inhalte von Trugers wissenschaftlichen Arbeiten oder politischen Vorschlägen geht. Ein Kommentar von Carlo D'Ippoliti und Svenja Flechtner.
In der Vorwoche ist die erste Folge des Ökonomischen Quartetts erschienen. Künftig werden wir mit etwas Abstand zur Erstausstrahlung einen Nachklapp veröffentlichen, in dem die Gäste auf ausgewählte Hörer-Fragen eingehen. Hier die erste Ausgabe.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Wie die SPD ein Gewinnerthema verschenkt, weshalb Deutschland nicht der Hauptverlierer der Digitalisierung ist und warum Kaufen so verdammt glücklich macht.
Mit einer neuen KI-Strategie will die Bundesregierung dazu beitragen, dass Deutschland nicht den Anschluss an die sich rasant digitalisierende Weltwirtschaft verliert. Um diesen Prozess zu unterstützen, müsste die Wirtschaftspolitik jedoch ihr tradiertes Vorgehen überdenken. Ein Beitrag von Thomas Bonschab und Volker Schiek.
Vor allem dank des rapiden Wachstums Asiens ist das globale Median-Einkommen zuletzt rasant gestiegen, die globale Ungleichheit hat sich verringert. Doch gleichzeitig ist auch eine Zunahme der weltweiten Polarisierung zu beobachten. Ein Beitrag von Branko Milanovic.
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht die offizielle Bezeichnung des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Die unterschiedliche Gewichtung der Unterprogramme wird im folgenden Chart noch etwas deutlicher. Dieser zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen zuletzt wieder etwas reduziert hat (von in der Spitze über 90% auf zuletzt etwa 80%).
Worauf es zu achten gilt: Konkrete Umsetzung und Reinvestitionen fälliger Anleihen
In den kommenden Monaten gilt es also vor allem zu beobachten, wie die EZB die angekündigte Reduzierung ihres Aufkaufvolumens konkret umsetzt, weil sich dies auf die betroffenen Marktsegmente unterschiedlich auswirken wird. So hat die EZB wie oben gezeigt seit Start ihrer Aufkaufprogramme demonstriert, dass sie in der Lage und gewillt ist, die angekündigten Kaufvolumina auch tatsächlich umzusetzen. Das heißt, dass die gesamten APP-Bestände in ihrer Bilanz ungefähr dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von ca. 2,6 Billionen Euro erreichen dürften – die Frage ist eben lediglich, durch welche Wertpapiere die große weiße Lücke im Chart konkret gefüllt wird.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen auf der Oktober-Ratssitzung noch einmal erneuert und präzisiert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird sie – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre. So machen beispielsweise deutsche Staatsanleihen mittlerweile knapp 27% des aufgekauften Staatsanleihen-Portfolios aus, obwohl der deutsche Kapitalschlüssel nur bei knapp 18% liegt.
Diese „Bevorzugung“ der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss.
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen fast die Hälfte der insgesamt knapp 4,4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Wenn die EZB die Summe der monatlichen Anleihekäufe ab Januar senkt, ist in der kurzen Frist zu erwarten ist, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen ist es aber auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern, was aus heutiger Sicht aber nicht abschätzbar ist.
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.