Investitionen

Schuldenbremse und „goldene Regel“ müssen kein Widerspruch sein

Die Forderung nach einer Kreditfinanzierung von Nettoinvestitionen lässt sich auch im Regelungsrahmen der Schuldenbremse erfüllen. In diesem Sinne kann die Fiskalregel nicht per se als Investitionsbremse verstanden werden. Ein Beitrag von Jens Boysen-Hogrefe.

Verbaut die Schuldenbremse die Zukunftschancen der kommenden Generationen? Foto: Pixabay

Anlässlich des 10. Jahrestages der Verankerung der Schuldenbremse im Grundgesetz gibt es eine Debatte um ihren Fortbestand bzw. um eventuelle Modifikationen. Häufig wird dabei ihre Rolle bei der Bereitstellung öffentlicher Investitionen diskutiert (siehe z.B. Krebs 2019 und Hüther 2019). Die Sorge besteht, dass die Schuldenbremse nicht hinreichende öffentliche Investitionen erlaubt und somit Zukunftschancen der kommenden Generation verbaut. Mit dieser Kritik geht das Argument einher, dass die Schuldenbremse vielleicht politökonomisch begründbar sei, aber ihre konkreten Vorgaben keinem ökonomischen Kalkül entsprängen.

Die goldene Regel

Als Alternative wird der Schuldenbremse daher häufig die „goldene Regel“ entgegengehalten. Im Kontext der öffentlichen Finanzen und des Generationenausgleichs besagt diese, dass in dem Maße Verschuldung aufgebaut werden kann, wie den kommenden Generationen durch Investitionen Vermögenswerte bzw. Wachstumschancen zukommen.

Ein Vorschlag, die „goldene Regel“ konkret umzusetzen, bestünde darin, Nettoinvestitionen durch Kredit zu finanzieren, während alle anderen Teile des Haushalts durch laufende Einnahmen gedeckt werden müssten. Die Überlegung dahinter lautet, dass öffentliche Investitionen durch ihre positive wirtschaftliche Wirkung finanziert werden sollen. Typischerweise amortisieren sich die Investitionen aber nicht zum Zeitpunkt der Erstellung, sondern im Zeitverlauf. Sofern der Schuldendienst mit dem Zahlungsstrom der erwarteten Mehreinnahmen in etwa in Gleichklang gebracht werden kann, würde diese Interpretation der „goldenen Regel“ es ermöglichen, Investitionsprojekte immer dann zu realisieren, wenn sie sich langfristig rechnen. Eine Beschränkung durch kurzfristige Haushaltsregeln, z.B. ein Neuverschuldungsverbot, bestünde nicht.

Abstrahiert man von den Problemen, die die notwendige Quantifizierung der zuvor genannten Zahlungsströme mit sich bringt, und vernachlässigt man mögliche Rückwirkungen auf das Zinsniveau, was allerdings angesichts weltweiter Kapitalmärkte aus deutscher Perspektive keine zu harsche Annahme ist, spricht aus ökonomischer Sicht also viel für die Anwendung der „goldenen Regel“.

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