Der Streit, ob Staatsverschuldung gut oder schlecht ist, wird nicht erst geführt, seit in der Ampel-Regierung Parteien mit grundsätzlich unterschiedlichen finanzpolitischen Ansätzen am Kabinettstisch sitzen. Letztlich geht es dabei um die Grundsatzfrage: Welche Rolle soll der Staat in der Wirtschaft spielen? Eine politökonomische Analyse von Hermann Adam.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Die Anzeichen für eine Beschleunigung der Erderwärmung verdichten sich weiter, warum sich Deutschland gerade in seinem vierten politisch-kulturellen Paradigmenwechsel befindet und wie superreiche Chinesen ihr Geld ins Ausland schmuggeln.
Angesichts der momentan Mehrfachkrisen gerät das lange Zeit dominierende neoliberale Gesellschaftsprogramm an seine Grenzen – und mit ihm seine konstitutiven Leitbilder. Daraus erwachsen demokratiezersetzenden und autoritäre Bewegungen.
Fonds- und Private-Equity-Gesellschaften nehmen international wie auch in Deutschland eine zunehmend dominante Stellung in der Unternehmenslandschaft ein. Dadurch verschieben sich die Machtverhältnisse im Kapitalismus. Dennoch: Die Deutschland AG bringt der Asset-Manager-Kapitalismus nicht zurück. Ein Beitrag von Benjamin Braun.
Die Circular Economy praxistauglich zu etablieren, ist eine enorme Herausforderung – die ohne den Staat kaum zu bewältigen ist. Doch welchen Preis hätte dies für die öffentlichen Finanzen? Ein Beitrag von Thieß Petersen.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Ein europapolitischer Rückblick auf das Jahr 2023, die Bundesregierung als effiziente Lobbyistin der Autoindustrie und wie gesellschaftlicher Fortschritt in Zeiten von AI-Innovationen gelingt.
Was es konkret bedeutet, autonom handlungsfähig zu sein, hängt von den jeweiligen produktiven Machtverhältnissen ab. Ein Beitrag von Karoline Kalke zur Notwendigkeit und Illusion der Selbstbegrenzung.
Mit dem „Wachstumschancengesetz“ will die Regierung der Wirtschaft bei der Bewältigung diverser Herausforderungen helfen. Und tatsächlich würde es zu höheren Investitionen und damit auch zu einem höheren Produktionspotenzial führen – ohne dabei inflationär zu wirken. Insgesamt ist das Volumen aber zu klein, um die Investitionsbedarfe zu decken.
Die Politik neigt dazu, lenkend in die Wirtschaft einzugreifen. Förderlicher für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ist jedoch eine aktivierende Politik. Ein Beitrag von Friederike Welter und Hans-Jürgen Wolter.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Weshalb Arbeiter gerade ein „Goldenes Zeitalter“ erleben, warum der Green New Deal Opium fürs Volk ist und wie KI zu einem entscheidenden Stellhebel für mehr Klimaschutz werden kann.
Wo fängt ein Subjekt an – und wo hört es auf? Diese Frage ist zentral für die Art und Weise, wie wir über Wirtschaft nachdenken und sie organisieren. Ein Beitrag von Manuel Schulz.
In Deutschland stößt die Industriepolitik nach wie vor auf große Kritik – sowohl in der Wissenschaft als auch in der Wirtschaftspolitik. Angesichts der in vielen anderen Staaten wachsenden Subventionen dürfte der Verzicht auf eigene industriepolitische Maßnahmen allerdings zunehmend problematisch werden. Ein Beitrag von Thieß Petersen.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Wie Bremer und Hamburger Kaufleute vom Kolonialismus profitierten, Deutschland allein zu Haus und wie China der Schocktherapie entkam.
Auch in der EU werden die Grundpfeiler der Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten gerade neu verhandelt. Doch anstatt eine grundlegende Neujustierung einzuleiten und die Finanzierung des sozial-ökologischen Umbaus in den Mittelpunkt der Reformagenda zu stellen, werden alte Konzepte der Fiskalpolitik zementiert. Ein Beitrag von Dominika Biegon und Cédric Koch.
Die Diskussion über die Zukunft der Demokratie hat sich eingetrübt – auch im traditionell demokratieoptimistisch eingestellten linksliberalen Lager. Ein Beitrag von Veith Selk.
Viele meinen, der Staat müsse angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichts nun wieder mit dem auskommen, was er einnehme. Das klingt einleuchtend – und ist dennoch falsch. Ein Kommentar von Marcus Wortmann und Andreas Esche.
Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Das Ende einer Atom-Renaissance, die EU kauft sich Grenzschützer und die Gen-Z ist anscheinend doch nicht arbeitsfaul.
Das Haushaltsurteil des Verfassungsgerichts ist aus diversen Gründen zu kritisieren, reflektiert aber nun geltendes Recht. Die schlechteste aller Lösungen bestünde darin, jetzt in Kürzungshektik und Sparwut zu verfallen. Zum Glück gibt es auch noch andere Möglichkeiten. Ein Beitrag von Jan Priewe.
Die derzeit geltenden rechtlichen Begrenzungen von Staatsverschuldung basieren auf Mythen, die nicht ökonomisch fundiert sind. Sinnvoller wäre es, die Schuldenaufnahme so zu gestalten, dass sie die ökonomischen, sozialen und ökologischen Grenzen respektiert.
Die Steigerung des lahmenden Wohnungsbaus würde die Konjunktur beleben, über ein verstärktes Angebot die Preise senken und so ein gravierendes soziales Problem abmildern. Ein Beitrag von Franz Nauschnigg und Gustav A. Horn.
Ein Gespräch mit IMK-Direktor Sebastian Dullien zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts, zu wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Industriepolitik und zur Notwendigkeit staatlicher Unterstützung für die private Wirtschaft.
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht die offizielle Bezeichnung des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Die unterschiedliche Gewichtung der Unterprogramme wird im folgenden Chart noch etwas deutlicher. Dieser zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen zuletzt wieder etwas reduziert hat (von in der Spitze über 90% auf zuletzt etwa 80%).
Worauf es zu achten gilt: Konkrete Umsetzung und Reinvestitionen fälliger Anleihen
In den kommenden Monaten gilt es also vor allem zu beobachten, wie die EZB die angekündigte Reduzierung ihres Aufkaufvolumens konkret umsetzt, weil sich dies auf die betroffenen Marktsegmente unterschiedlich auswirken wird. So hat die EZB wie oben gezeigt seit Start ihrer Aufkaufprogramme demonstriert, dass sie in der Lage und gewillt ist, die angekündigten Kaufvolumina auch tatsächlich umzusetzen. Das heißt, dass die gesamten APP-Bestände in ihrer Bilanz ungefähr dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von ca. 2,6 Billionen Euro erreichen dürften – die Frage ist eben lediglich, durch welche Wertpapiere die große weiße Lücke im Chart konkret gefüllt wird.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen auf der Oktober-Ratssitzung noch einmal erneuert und präzisiert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird sie – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre. So machen beispielsweise deutsche Staatsanleihen mittlerweile knapp 27% des aufgekauften Staatsanleihen-Portfolios aus, obwohl der deutsche Kapitalschlüssel nur bei knapp 18% liegt.
Diese „Bevorzugung“ der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss.
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen fast die Hälfte der insgesamt knapp 4,4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Wenn die EZB die Summe der monatlichen Anleihekäufe ab Januar senkt, ist in der kurzen Frist zu erwarten ist, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen ist es aber auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern, was aus heutiger Sicht aber nicht abschätzbar ist.
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.