Wirtschaftstheorie

Wir brauchen ein differenzierteres Staats- und Marktverständnis

Wenn es in der Post-Corona-Wirtschaftspolitik um ein Überwinden des alten binären Systemdenkens von „Staat vs. Markt“ gehen soll, müssten beide Begriffe differenzierter, vielfältiger sowie partizipativer als bisher und vielleicht in Widersprüchen gedacht werden. Dazu wäre aber ein deutlich anderes wirtschaftstheoretisches Fundament notwendig. Ein Beitrag von Sebastian Thieme.

Die Wirtschaftspolitik hat mit einer Vielzahl von Maßnahmen auf die Corona-Krise reagiert – und dadurch ebenso viele Fragen über das künftige Verhältnis von Markt und Staat aufgeworfen. In einer Makronom-Serie legen verschiedene Ökonominnen und Ökonomen ihre Positionen zur Wirtschaftspolitik im Post-Corona-Zeitalter dar. Alle bisher erschienenen Beiträge finden Sie hier.

Viele der bisherigen Autoren der Makronom-Serie zum Staat und zur Wirtschaftspolitik in der Post-Corona-Zeit übten zunächst berechtigte Kritik an einer weit verbreiteten „(fundamentalen) Staatsskepsis“ (Richard Sturn) und am „neoliberalen Rumpfstaat“ (Gustav Horn). Vor diesem Hintergrund wurde überlegt, wie die Wirtschaftspolitik und „der Staat“ zukünftig aussehen sollen und so gelangten verschiedene Autoren zum Beispiel zu einem „anderen Staat“, einem „modernen Staat“ oder zu „Staatsaufgaben in der Großen Transformation“.

Dabei fällt jedoch auf, dass häufig recht abstrakt von „dem Staat“ die Rede ist sowie die empfohlenen Modifikationen der Staatstätigkeiten abstrakte Großkategorien (Nachfrage, Innovation usw.) adressieren und teils vage bleiben. Deutlich geprägt sind diese Überlegungen von einer makroökonomischen und finanzwissenschaftlichen Perspektive. Letzteres muss grundsätzlich nicht falsch sein. Doch sorgt allein eine keynesianisch geprägte makroökonomische Anpassung der Großkategorie „Staat“ und der Wirtschaftspolitik noch nicht für eine sozial-ökologische Transformation. Mehr noch, es steht der Eindruck eines binären Denkens in Staat versus Markt im Raum, bei dem das Pendel lediglich etwas stärker in Richtung Staat ausschlägt.

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