Großbritannien

No Deal oder Exit vom Brexit, das ist jetzt die Frage

Der Brexit-Prozess ist inzwischen in eine binäre Situation gelaufen: Entweder wird der ganze Schlamassel noch abgeblasen – oder es kommt tatsächlich zum größtmöglichen Unfall, den viele Beobachter lange Zeit nicht für möglich gehalten haben. Ein Beitrag von Jakob Steffen.

Foto: Moyan Brenn via Flickr (CC BY 2.0)

Es ist gut ein Jahr her, dass ich an dieser Stelle beschrieben habe, wieso bereits damals das Risiko eines No-Deal-Brexits erheblich höher war als es die meisten Beobachter und das „Bauchgefühl“ allzu vieler Unternehmerinnen und Unternehmer wahrhaben wollten. Damals hatte ich den Brexit-Prozess mit einem Zwei-Ebenen-Schachspiel verglichen, was sich in der Zwischenzeit exakt als das Kernproblem herausgestellt hat: Ein Zug auf dem einen Schachbrett hat in der Tat wiederholt Schachmatt auf dem jeweils anderen zur Folge gehabt, worüber am Ende sogar – ebenfalls wie antizipiert – die Regierung May gestürzt ist.

Eben deshalb hatte ich der gegenläufigen Analyse Simon Wren-Lewis‘ widersprochen, der mit betonter Gelassenheit einen „Brexit-in-name-only“ (BINO), also einen weitestgehend entschärften, nur dem Namen nach erfolgten Brexit, mindestens jedoch einen geordneten Brexit im Rahmen eines Abkommens mit der EU, erwartet hatte.

Und heute steht mehr noch als letztes Jahr fest: Ein BINO ist vollkommen ausgeschlossen, ein geordneter Austritt Britanniens aus der EU äußerst unwahrscheinlich, und das No-Deal-Szenario somit bedrohlicher denn je. Zwar wurde entgegen meiner damaligen Einschätzung das Brexit-Datum tatsächlich doch noch um sechs Monate verschoben – allerdings nur gegen die massive Gegenwehr des französischen Präsidenten, der sich nun mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht noch einmal darauf einlassen wird (bzw. nur unter einer Bedingung, die noch zur Sprache kommen wird). Zudem hat sich seit dem Sommer 2018 die Situation durch die wiederholte Ablehnung des ausgehandelten Brexit-Abkommens im Unterhaus und den Aufstieg Boris Johnsons ins Premierministeramt mittlerweile so zugespitzt, dass der Brexit-Prozess nach meiner Einschätzung mittlerweile in eine binäre Situation gelaufen ist: No Deal oder Exit vom Brexit, etwas dazwischen wird es nicht geben.

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