Twitter-Ranking

Der Ultra-Faktor der Econtwitter-Szene

341 Accounts, über 100.000 ausgewertete Tweets und eine wichtige Strukturreform: Die neueste Ausgabe des Twitter-Rankings zeigt, welche Accounts in der deutschsprachigen #Econtwitter-Szene während des ersten Quartals 2019 den größten Einfluss hatten.

Im Dezember hatten wir erstmals unser überarbeitetes Twitter-Ranking veröffentlicht, in dem wir ermitteln, welche Profile aus der deutschsprachigen Ökonomenszene den größten Einfluss auf dem Kurznachrichtendienst haben. Anders als bei den Twitter-Rankings der ersten Generation, die den Einfluss lediglich mittels des von einem externen Anbieter ermittelten Klout Scores ermittelten, setzt sich der Gesamtrang eines Twitterers nun aus vier Teilwertungen zusammen. Um die Scores für die Teilwertungen zu ermitteln, werten wir alle Tweets aus, die von den Accounts in unserem Ranking abgesendet wurden. Im 1. Quartal 2019 waren das 107.661 Tweets.*

Wir sind der Auffassung, dass sich die neue Methodik im Großen und Ganzen bewährt hat, hatten aber auch etwas Reformbedarf. Bevor wir zu den neuen Rankings kommen, wollen wir daher kurz noch einmal die Teilwertungen, Scores und Gewichtungen erläutern (eine ausführlichere Darstellung gibt es hier).

 

Kriterium 1: Follower Power

Theoretisch können Profile mit vielen Followern deutlich mehr andere Nutzer erreichen als Profile mit weniger Followern – mehr Follower bedeuten schlicht und ergreifend auch mehr Reichweite. Daher messen wir in dieser ersten Kategorie, wie viele Follower ein Profil hat. Der Teil ist eher einfach.

Ein Einwand gegen dieses Kriterium war, dass man die eigene Followerzahl hochschrauben kann, in dem man möglichst vielen anderen Profilen folgt, um so andere Twitterer zum gegenseitigen Folgen zu animieren. Das Problem an dieser Stelle ist, dass sich schlicht nicht ermitteln lässt, wer nun wem tatsächlich aktiv folgt oder einfach nur deshalb, um eigene Follower zu sammeln. Deshalb haben wir dieses Kriterium unverändert gelassen.

 

Kriterium 2: Mass Appeal

Im zweiten Kriterium werten wir aus, wie viele Retweets und Likes die Profile mit ihren Tweets insgesamt während eines Quartals erhalten haben. Da Interaktion ein wichtiger Teil von Twitter ist, haben wir alle Tweets (ohne reine Retweets, aber inklusive Antworten auf andere Tweets sowie kommentierende Retweets) ausgewertet, die die derzeit berücksichtigen Profile im letzten Quartal abgesetzt haben. Auch dieses Kriterium haben wir unverändert gelassen.

 

Kriterium 3: Quality Time Ultra  Faktor

Grundüberholt haben wir unser 3. Kriterium. Problematisch war hier schon das Wording: Der alte Name „Quality Time“ suggerierte, dass wir die Qualität eines Twitterers bewerten, was aber nicht der Fall ist. Im Wesentlichen geht es uns mit diesem Indikator darum zu zeigen, wie enthusiastisch Follower auf Tweets eines Accounts reagieren. Daher haben wir das Kriterium in Anlehnung an besonders enthusiastische Fußballfans in „Ultra Faktor“ umbenannt.

Auch die zugrundeliegende Formel haben wir umgestellt. Bisher hatten wir gemessen, wie viele Retweets und Likes ein Tweet im Durchschnitt erzielt und diesen Durchschnittswert dann in Relation zur Followerzahl des betroffenen Accounts gesetzt. Dabei bleibt es im Grundsatz auch. Das Problem daran war allerdings, dass wir für die Berechnung des Durchschnittswerts alle Tweets eines Twitterers berücksichtigt hatten – also auch Antworten oder Folgetweets innerhalb eines Threads.

Diese Antworten werden aber für gewöhnlich viel seltener geliked oder retweetet, wodurch Accounts abgestraft wurden, die sich intensiv in Twitter-Diskussionen engagieren oder Threads veröffentlichen. Künftig werden daher für die Ermittlung der durchschnittlichen Retweets und Likes Antworten auf andere Tweets und Thread-Folgetweets nicht mehr berücksichtigt. Der Nachteil dieser Methode ist, dass auch Antworten nicht berücksichtigt werden, die stark geliked oder retweetet werden. Dies ist aus unserer Sicht aber verschmerzbar, weil es eher selten vorkommt und solche stark gelikten Antwort-Tweets ohnehin auch ins 2. Kriterium („Mass Appeal“) einfließen.

Bisher fielen auch hohe Followerzahlen zu stark (negativ) ins Gewicht. Daher verwenden wir nun die Wurzel aus den Followerzahlen, wie auch bei der Bewertung der Anzahl Co-Autoren üblich. Und da die Multiplikation unter dem Bruch doch für etwas Verwirrung unter Lesern gesorgt hat, normieren wir die Zahl an Retweets und Likes nun mit der Summe aus Tweets und der Wurzel aus den Followern.

Die neue Formel für das 3. Kriterium lautet also (angewendet nur auf reine Tweets, d.h. ohne reine Retweets, Antwort-Tweets und Folge-Tweets innerhalb eines Threads):

Summe Retweets und Likes

(Anzahl Tweets + Wurzel aus der Zahl der Follower)

=

Ultra Faktor

 

 

Kriterium 4: Dicke Spinnen

In diesem Kriterium ermitteln wir unverändert, welche Profile innerhalb der deutschsprachigen Twitter-Szene die größte Reichweite haben, also quasi die dicksten Spinnen im Twecon-Netz sind. Dies messen wir auf zwei Wegen: Erstens messen wir, wie viele andere der im Ranking gelisteten Profile einem bestimmten Profil folgen. Zweitens zählen wir, wie oft ein Profil von anderen Profilen innerhalb des Rankings in Tweets erwähnt wurde und wie viele Retweets und Likes diese Erwähnungen wiederum erhalten haben. Dadurch werden auch Profile belohnt, die sich besonders in Debatten engagieren. Beide Komponenten zusammen ergeben gleichwertig gewichtet den finalen Score für dieses Kriterium.

 

Score und Gewichtung

Aus diesen vier Kriterien erzeugen wir eine Art Magisches Viereck, in das alle Kriterien gleichgewichtet einfließen. So tragen wir den verschiedenen Stilen der Twitter-Nutzung Rechnung: Wer beispielsweise eher wenig und nur zu ausgewählten Themen twittert, ist bei Followern und Mass Appeal eher hinten dran, hat dafür aber oft eine eingeschweißte Fanbasis. Wer hingegen alles twittert, was ihm oder ihr vor die Tasten kommt, dürfte einen recht hohen Mass Appeal haben, dafür aber relativ wenig Ultra Faktor.

Die Accounts in unserem Ranking sortieren sich auch weiterhin in vier Gruppen ein: je eine Einzelwertung für die personalisierten Accounts von ÖkonomInnen und MedienvertreterInnen, sowie je eine Teamwertung für ökonomische und mediale „Team“-Accounts. In den Teamwertungen berücksichtigen wir nur die zentralen Accounts von Institutionen und Medien, die in der DACH-Region (Deutschland, Österreich oder der Schweiz) beheimatet sind.

Die finale Punktvergabe erfolgt nach einem Benchmarking-System: Alle berücksichtigten Accounts teilen wir für jede Gruppe (Econ-Einzelwertung, Medien-Teamwertung etc.) in Dezile auf. Beispielsweise zählen beim Follower Power-Kriterium der Ökonomen-Einzelwertung jene Profile zu den Top 10%, die über 7.100 Follower haben. Die Schwelle für die untersten 10% lag aktuell bei 616 Followern. Die Twitterer im obersten Dezil bekommen 10 Punkte, im untersten nur einen. Im 2. Dezil gibt es 2 Punkte, im 9. Dezil 9 Punkte, usw. (eine ausführliche Beschreibung dazu gibt es ebenfalls hier).

Im letzten Ranking haben wir bei Punktgleichstand noch den Account höher platziert, der mehr Top 10%-Platzierungen hatte oder – wenn auch das gleich war –, mehr Top 20%-, Top 30%-Platzierungen etc.. Diesen „Tie Breaker“ haben wir entschlackt und nach dem Prinzip „Klasse statt Masse“ gestaltet: Künftig rangiert bei Punktgleichheit der Account höher, der weniger Tweets im letzten Quartal abgesendet hat, also weniger Aufwand betreiben musste, um auf die entsprechende Punktzahl zu kommen.

Aufnahmekriterien

Die Kriterien für die Aufnahme in unser Ranking haben sich nicht verändert:

  • Die Person muss ihrer Tätigkeit in der DACH-Region nachgehen (Deutschland, Österreich, Schweiz) oder aus einem dieser Länder stammen. Sie sollte zwar der deutschen Sprache mächtig sein, es ist aber keine Voraussetzung, dass auch tatsächlich überwiegend auf Deutsch getwittert wird.
  • Der Schwerpunkt von JournalistInnen und BloggerInnen muss auf wirtschaftspolitischen bzw. volkswirtschaftlichen Themen liegen.
  • Auch zentrale Accounts müssen diesen Fokus haben: So nehmen wir beispielsweise bei Zeitungen nur den Account des Wirtschaftsteils. Das gleiche gilt auch für Universitäten: wir nehmen nur Accounts der entsprechenden VWL-Fakultäten oder -Institute auf.
  • Die Berufsbezeichnung „Ökonom“ legen wir dagegen sehr frei und unbürokratisch aus: So befinden sich vereinzelt auch Twitterer in der Econ-Einzelwertung, die keine volkswirtschaftliche Ausbildung absolviert haben. Wichtig ist uns eher der berufliche Fokus: auch wer kein gelernter Volkswirt oder Volkswirtin ist, kann dennoch hochwertige Beiträge zu primär ökonomischen Themen produzieren.
  • Wir berücksichtigen nur Profile, die mindestens 500 Follower haben.

Zudem muss ein Account mindestens 20 eigene Tweets im letzten Quartal abgesendet haben, wobei Antworten auf andere Tweets berücksichtigt werden, simple Retweets aber nicht. Wenn diese Mindesttweetzahl unterschritten wird, nehmen wir den Account nicht ins Ranking auf, prüfen aber bei der nächsten Ausgabe in drei Monaten aber automatisch erneut, ob es dann gereicht hat.

Natürlich sind wir bemüht, die Listen auf dem aktuellen Stand zu halten, was aber angesichts von 341 Accounts in unserem aktuellen Ranking und weiteren rund 80 Accounts, die wir (wegen unterschreiten der Mindesttweetzahl) auf unserer Beobachtungsliste haben, nicht immer ganz leicht ist. Auch haben wir inzwischen angefangen, auch Accounts aus dem Ranking zu streichen. So haben wir beispielsweise in der Medien-Einzelwertung Accounts von Journalisten herausgenommen, die mittlerweile nicht mehr zu wirtschaftspolitischen Themen arbeiten.

Wir bitten auch weiterhin darum, uns Änderungen, Korrekturen und Aufnahmevorschläge mitzuteilen – allerdings künftig bitte ausschließlich per Email, da Twitter leider einfach zu unübersichtlich ist, als dass wir in der Flut diverser Mitteilungen garantieren können, keine Meldung zu verpassen.

Wie viel Econ steckt in Econtwitter?

Unser Ranking hat trotz dieser Reformen leider immer noch eine offene Flanke: Wir haben bisher keine zufriedenstellende Methode gefunden, mittels derer wir die berücksichtigten Tweets dahingehend filtern könnten, dass sie sich auch tatsächlich um ökonomische Themen drehen. So haben Urlaubsfotos, Fußball-Debatten oder Witze aller Art natürlich einen Wert, aber nicht unbedingt einen, den man in einem auf Ökonomie ausgerichteten Ranking berücksichtigen sollte – und gerade solche Tweets sind nun es nun einmal, die auf Twitter oftmals viele Retweets und Likes generieren, weshalb wir sie gerne herausfiltern würden. Bisher haben wir allerdings noch keinen Algorithmus entwickeln können, der mit ausreichender Verlässlichkeit „sachfremde“ Tweets herausfiltert. Falls jemand gangbare Lösungen dafür kennt: Für Hinweise wären wir sehr dankbar.

Hier nun die Top 10 jeder Wertung des Twitter-Rankings für das 1. Quartal 2019. Die kompletten Listen gibt es hier.

 

Einzelwertung

Ökonomenranking

PlatzNameFollower PowerFollower PowerFollower PowerFollower PowerGesamt
1
Marcel Fratzscher
DIW Berlin
10 10 10 10 40
2
Henrik Enderlein
Hertie School of Governance / Delors Institut Berlin
10 10 10 9 39
3
Claudia Kemfert
DIW Berlin
10 10 10 9 39
4
Max Roser
Oxford University
10 10 10 9 39
5
Dina Pomeranz
Uni Zürich
10 10 10 9 39
6
Clemens Fuest
Ifo Institut
10 9 9 10 38
7
Christian Odendahl
Centre for European Reform
10 10 9 9 38
8
Stefan Sell
Hochschule Koblenz
10 10 10 8 38
9
Jens Suedekum
DICE
9 9 10 10 38
10
Adam Tooze
Columbia University
10 10 10 8 38

 

 

Teamwertung

Ökonomenranking

PlatzNameFollower PowerFollower PowerFollower PowerFollower PowerGesamt
1
Hans-Böckler-Stiftung
9 10 10 9 38
2
The Hertie School
9 10 10 8 37
3
ifo Institut
10 10 7 10 37
4
Agenda Austria
7 10 10 8 35
5
DIW Berlin
10 8 6 10 34
6
Institut der deutschen Wirtschaft
9 9 7 9 34
7
Wuppertal Institut
8 9 9 7 33
8
Plurale Ökonomik
6 7 8 10 31
9
WSI Düsseldorf
5 8 9 8 30
10
ZEW
7 9 4 9 29

 

 

Einzelwertung

Medienranking

PlatzNameFollower PowerFollower PowerFollower PowerFollower PowerGesamt
1
Holger Zschäpitz
Welt
10 10 10 10 40
2
Wolfgang Münchau
Eurointelligence
10 10 10 9 39
3
Thomas Sigmund
Handelsblatt
10 10 10 9 39
4
Philip Plickert
Frankfurter Allgemeine Zeitung
10 10 10 9 39
5
Olaf Gersemann
Welt
9 10 10 10 39
6
Norbert Häring
Handelsblatt / Norberthäring.de
8 10 10 10 38
7
Mark Schieritz
Zeit
9 10 9 10 38
8
Martin Greive
Handelsblatt
8 9 10 10 37
9
Daniel Eckert
Welt
10 9 9 9 37
10
Patrick Bernau
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
10 9 8 10 37

 

 

Teamwertung

Medienranking

PlatzNameFollower PowerFollower PowerFollower PowerFollower PowerGesamt
1
Handelsblatt
10 9 8 10 37
2
Frankfurter Allgemeine Zeitung
10 10 6 10 36
3
Wirtschaftswoche
10 10 7 9 36
4
OXI Blog
5 10 10 8 33
5
Makronom
6 6 10 10 32
6
Manager Magazin
9 8 6 6 29
7
Arbeit & Wirtschaft
4 8 10 6 28
8
Deutsche Welle
8 9 9 2 28
9
Süddeutsche Zeitung
9 5 5 8 27
10
Makroskop
4 4 9 7 24