Wochenrückblick

Was diese Woche wichtig war

In Deutschland wird wieder über die richtige Steuerpolitik debattiert, Emmanuel Macrons Sieg belebt die Debatte um die Reform der Eurozone und die EZB zeichnet ein noch düstereres Bild vom europäischen Arbeitsmarkt – die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der Woche kompakt zusammengefasst.

Deutschland

Laut der neuesten Steuerschätzung werden die Steuereinnahmen des deutschen Staates auch in den kommenden Jahren deutlich zunehmen. Demnach werden die Einnahmen von 732,4 Milliarden Euro in diesem Jahr bis zum Jahr 2021 auf 852,2 Milliarden Euro steigen. Die Zahlen haben erneut eine Debatte zu der Frage entfacht, was der Staat mit den zusätzlichen Einnahmen tun soll (eine dreiteilige Debattenserie zu diesem Thema finden Sie auch hier).

Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist im 1. Quartal 2017 um 0,6% gegenüber dem Vorquartal gewachsen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht dies einer Wachstumsrate von 1,6%. Laut den vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes legten vor allem die Investitionen kräftig zu, die privaten Haushalte und der Staat erhöhten ihre Konsumausgaben leicht. Auch die außenwirtschaftliche Entwicklung habe an Dynamik gewonnen, weil die Exporte stärker gestiegen seien als die Importe.

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Die deutschen Warenexporte und -Importe sind im März auf ein neues Allzeithoch gestiegen. Die Exporte betrugen 118,2 Milliarden Euro, die Importe 92,9 Milliarden (mehr zum deutschen Außenhandel finden Sie auf dieser Schwerpunktseite).

Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird in seinem am kommenden Montag erscheinenden Deutschland-Bericht laut Handelsblatt die Bundesregierung zur Stärkung des „inklusiven Wachstums“ aufrufen. Der IWF kritisiert demnach vor allem die hohen Abgaben unterer Einkommen und die zu geringe Belastung von Vermögenden. Außerdem schlägt er eine Liberalisierung des Dienstleistungssektors und des Arbeitsmarktes vor sowie höhere Investitionen, die der IWF als „Toppriorität“ bezeichnet. Eine weitere Möglichkeit für mehr Wachstum seien stärkere Lohnsteigerungen, wogegen ein Zurückdrehen der Hartz-Reformen skeptisch gesehen wird.

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat in einer Rede die Grundzüge seiner Wirtschaftspolitik skizziert. Darin sprach sich auch Schulz vor allem für mehr Investitionen aus. „Unerfüllbare Sozialversprechen und unerfüllbare Steuersenkungsversprechen“ werde es mit ihm aber nicht geben. Zugleich deutete Schulz aber auch Entlastungen für untere und mittlere Einkommen an.

Die CDU hat die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein gewonnen. Die Christdemokraten erreichten 32% der Stimmen und lagen damit deutlich vor der SPD (27,2%). Allerdings ist noch unklar, welche Parteien die künftige Landesregierung bilden werden. Denkbar sind eine CDU-geführte Jamaika-Koalition oder eine SPD-geführte Ampelkoalition. Eine große Koalition lehnen sowohl CDU als auch SPD ab.

Die Zahl der offenen Stellen in Deutschland ist im 1. Quartal 2017 auf einen neuen Höchststand gestiegen. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), gab es auf dem deutschen Arbeitsmarkt mehr als 1 Million offene Stellen (eine Analyse zum deutschen Arbeitsmarkt finden Sie hier).

Grafik: IAB

 

Eurozone und Europa

Emmanuel Macrons Sieg bei den französischen Präsidentschaftswahlen hat die Debatte um eine Reform der Eurozone wiederbelebt. Im Zentrum der bisher noch relativ unkonkreten Pläne Macrons steht die Forderung nach einem Euro-Finanzminister. Vor allem konservative deutsche Politiker wiesen Macrons Pläne zurück, weil sie etwa eine Vergemeinschaftung von Schulden befürchten. Tatsächlich sehen Macrons Pläne die Einführung von Eurobonds überhaupt nicht vor.

Die EU-Kommission hat ihre Wachstumsprognose für die Eurozone leicht erhöht. 2017 soll das BIP um 1,7% zulegen, bisher waren 1,6% prognostiziert worden. Für 2018 werden weiterhin 1,8% erwartet. Die Prognosen für alle EU-Staaten können auf der Homepage der Kommission über ein interaktives Tool abgerufen werden.

Grafik: EU-Kommission

Zudem veröffentlichte die Kommission ein Reflexionspapier zur Globalisierung. So will sich die Kommission etwa bei den G20-Treffen für neue Regeln für faireren Handel und gegen Sozial- und Umweltdumping einsetzen. In Europa solle die Sozial- und Bildungspolitik helfen, Menschen bei Jobverlust nicht ins Bodenlose stürzen zu lassen und weiterzubilden.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat in einer Untersuchung erhebliche Zweifel daran geäußert, dass die offiziellen Erwerbslosenraten die Situation auf dem europäischen Arbeitsmarkt richtig widerspiegeln. In ihre Kalkulation beziehen die EZB-Ökonomen beispielsweise auch Teilzeitbeschäftigte ein, die freiwillig Überstunden leisten, sowie weitere Personengruppen, die von der offiziellen Statistik gar nicht erfasst werden. Die geschätzte Unterauslastung auf dem Arbeitsmarkt betrug Ende 2016 demnach laut EZB rund 15%, die offizielle Arbeitslosenquote für die Eurozone lag dagegen zuletzt nur bei 9,5%.

Grafik: EZB

Die Bank of England hat auf ihrer letzten Sitzung vor den Parlamentswahlen im Juni ihre Geldpolitik unverändert gelassen. Die Notenbank hatte den Schlüsselzins zuletzt im August 2016 als Reaktion auf das Brexit-Votum auf den historischen Tiefststand von 0,25% gesenkt.

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USA

Die Nachrichtenlage in den USA war vor allem durch die Entlassung des FBI-Direktors James Comey dominiert. Im Schatten der Affäre wurde bekannt, dass sich die von Donald Trump angekündigte Deregulierung des Finanzsektors offenbar verzögern wird. Eine von Trump im Februar angeordnete Überprüfung des Dodd-Frank-Gesetzes soll verschiedenen Medienberichten zufolge nicht wie geplant bis Anfang Juni abgeschlossen sein, weil es im Finanzministerium zu wenig Personal dafür gebe.

Die USA und China haben sich auf neue Handelserleichterungen geeinigt. China wird seinen Markt wieder für amerikanisches Rindfleisch öffnen, während die USA im Gegenzug den Import von gekochtem Geflügel aus China erlauben werden. Außerdem soll amerikanisches Flüssiggas nach China geliefert und der beidseitige Marktzugang für Finanzdienste erleichtert werden. Die Erleichterungen sind die ersten Ergebnisse der Verhandlungen zwischen Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping, die die beiden vor einem Monat geführt hatten.

Der US-Senat hat überraschend mit einer knappen Mehrheit von 51 zu 49 Stimmen gegen die Abschaffung eines für die Öl- und Gasindustrie zentralen Umweltgesetzes gestimmt. Die Abgeordneten lehnten den Plan ab, Methangas-Emissionen bei der Rohstoffförderung nicht mehr auf Bundesebene zu regulieren.

Dagegen bestätigte der Senat die Ernennung von Robert Lightizer zum neuen US-Handelsbeauftragten. Lightizer ist Chef eines 200-köpfigen Stabes, der im Namen des Präsidenten internationale Handelsabkommen aushandelt. Die wichtigste Aufgabe des gelernten Handelsjuristen dürfte die von Trump angestrebte Neuverhandlung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta werden.

 

Südkorea

Moon Jae In ist mit deutlichem Vorsprung zum neuen südkoreanischen Präsidenten gewählt worden gewonnen. Der Kandidat der linksgerichteten Demokratischen Partei kam auf über 40% der Stimmen und lag damit weit vor seinen Konkurrenten. Moon spricht sich für einen Dialog mit Nordkorea aus und will eine größere Unabhängigkeit von den USA erreichen. Die Neuwahlen waren nötig geworden, nachdem die bisherige Präsidentin Park Geun Hye wegen eines Korruptionsskandals ihres Amtes enthoben worden war.

 

Brasilien

Die brasilianische Inflationsrate ist erstmals seit 2010 unter die von der Zentralbank anvisierte Zielinflationsrate von 4,5% gerutscht. Das von unzähligen Korruptionsskandalen gebeutelte südamerikanische Land befindet sich seit knapp zwei Jahren in der schwersten Rezession seiner Geschichte. Es wird erwartet, dass die brasilianische Zentralbank mit einer Zinssenkung auf die deutliche Abnahme der Inflationsrate reagieren wird.

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Weltwirtschaft

Die Finanzminister und Notenbankchefs der G7-Gruppe können wohl sich auch weiterhin nicht auf eine einheitliche handelspolitische Linie einigen. Beim noch bis Freitagabend laufenden Treffen im italienischen Bari dürfte es aufgrund des Widerstands der USA höchstens eine allgemein formulierte Erklärung zur Bedeutung des Handels geben.

Die Ölpreise sind wieder über die Marke von 50 US-Dollar gestiegen, nachdem das US-Energieministerium einen deutlichen Abbau der Rohölvorräte gemeldet hatte. Offen bleibt, ob die Opec ihre zu Jahresbeginn vereinbarte Begrenzung der Fördermengen verlängern wird. Das Kartell trifft sich das nächste Mal am 25. Mai, die vereinbarte Förderbegrenzung läuft zur Jahresmitte aus. Saudi-Arabien und das nicht zur Opec gehörende Russland signalisierten bereits, dass sie sich eine Verlängerung vorstellen können.

 

Ökonomenszene

Der Ökonom Allan H. Meltzer ist im Alter von 89 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben. Meltzer war Autor zahlreicher Schriften und Bücher zur Geldpolitik. Seine Studie A History of the Federal Reserve gilt als die umfangreichste Geschichte der US-Notenbank. Einen Nachruf auf Meltzer finden Sie unter anderem in der Neuen Zürcher Zeitung.

Ebenfalls verstorben ist William Baumol, der Entwickler des Konzeptes der „bestreitbaren Märkte“. Diese Theorie besagt, dass auf einem Markt ohne Markteintritts- und Marktaustrittsbarrieren bereits die Androhung potenzieller Wettbewerber, in den Markt einzutreten, einen Monopolisten so diszipliniert, dass er seine Produkte zu Durchschnittskosten und nicht zu (überhöhten) Monopolpreisen anbietet. Baumol wurde 95 Jahre alt (einen Nachruf finden Sie im Economist).