Twitter-Ranking

Kein Herz für Superreiche und One-Tweet-Wonder

Die neueste Ausgabe des Twitter-Rankings zeigt, wer in der deutschsprachigen #Econtwitter-Szene im 1. Halbjahr 2020 den größten Einfluss hatte.

In unserem Twitter-Ranking ermitteln wir, welche Profile aus der deutschsprachigen Ökonomenszene den größten Einfluss auf dem Kurznachrichtendienst haben. Und dieses Mal hat uns die Zusammenstellung des Rankings noch etwas mehr Freude gemacht als zuvor. Denn unser Eindruck ist, dass die deutschsprachige #Econtwitter-Szene sich im letzten Halbjahr wieder einmal von ihrer besseren Seite gezeigt hat. Gerade in der Corona-Zeit gab es etliche Debatten und Threads, die von hoher Qualität und hilfreich waren, um den Dschungel von milliardenschweren Hilfspaketen und Krisenmaßnahmen besser zu verstehen. Und wer noch einen Anreiz braucht, sich selbst mehr bei #Econtwitter zu engagieren: Laut einer kürzlich erschienenen Studie erhalten Forschungspapiere, die auf Twitter geteilt werden, innerhalb eines Jahres etwa viermal so viele Zitationen wie nicht vertweetete Paper.

Bisher ist das Ranking immer quartalsweise erschienen. Diese Frequenz war uns etwas zu hoch, daher werden wir es künftig nur noch jedes halbe Jahr veröffentlichen. Außer der Publikationsfrequenz haben wir noch zwei weitere Änderungen vorgenommen. Zunächst haben wir die Mindestanzahl der Tweets leicht erhöht: Um ins Ranking aufgenommen zu werden, muss ein Account nun 50 Tweets im letzten halben Jahr (inkl. Antworten und Einzel-Tweets in Threads, aber ohne Retweets) abgesendet haben. Bisher waren es 20 pro Quartal (alle weiteren Aufnahmekriterien gibt es hier).

Eine Reichensteuer für die Top 0,1%

Vor allem aber haben wir eine Art Reichensteuer eingeführt: Künftig wird jeder Tweet, dessen addierte Retweets und Likes über 1.399 liegen, nur mit eben diesen addierten 1.399 Retweets und Likes in unserem Ranking berücksichtigt – selbst wenn er deutlich mehr Retweets und Likes erhalten hat.

Wie kommen wir auf die 1.399er-Marke und warum überhaupt eine Reichensteuer? In der Vergangenheit war es so, dass einzelne Accounts durch einen einzigen viral gegangenen Tweet im Ranking enorme Sprünge nach oben machen konnten. Diese Verzerrungen wollten wir etwas glätten, zumal solche viralen Tweets zu oft gar keinen ökonomischen Inhalt hatten.

Aber wann ist ein Tweet überhaupt „viral“? Eine absolute Zahl ist dafür kaum festlegbar. Daher haben wir eine „Einkommensverteilung“ aller 231.283 Tweets erstellt, die die 430 im Ranking berücksichtigten Accounts im ersten Halbjahr abgesendet haben. Als virale Ausreißer definieren wir schließlich alle Tweets, die zu den Top 0,1% der Verteilung gehören – und diese Marke beginnt bei jenen 1.399 addierten Retweets und Likes. Natürlich hätten wir auch eine andere Schwelle wählen können, z. B. die Top 1%. Hier liegt die Marke bei 268, was uns etwas gering erschien.

Für Twitternerds haben wir hier noch die „Einkommensverteilung“ des aktuellen Rankings in der Grafik. Mittels dieser Verteilung lässt sich also auch ermitteln, wie „erfolgreich“ (gemessen in Retweets und Likes) die eigenen Tweets sind. Fun Fact: Im Schnitt bekommt einer von vier Tweets überhaupt keine Likes und Retweets. Und mit 26 addierten Retweets und Likes gehört ein Tweet bereits zu den Top 10%.

 

Ansonsten setzt sich unser Ranking wie gehabt aus vier Teilwertungen zusammen:

Follower Power: Theoretisch können Profile mit vielen Followern deutlich mehr andere Nutzer erreichen als Profile mit weniger Followern – mehr Follower bedeuten schlicht und ergreifend auch mehr Reichweite. Daher messen wir in dieser ersten Kategorie, wie viele Follower ein Profil hat.

Mass Appeal: Hier werten wir aus, wie viele (Reichensteuer bereinigte) Retweets und Likes die Profile mit ihren Tweets insgesamt während eines Quartals erhalten haben. Da Interaktion ein wichtiger Teil von Twitter ist, haben wir alle Tweets (ohne reine Retweets, aber inklusive Antworten auf andere Tweets sowie kommentierende Retweets) ausgewertet, die die derzeit berücksichtigen Profile im letzten Halbjahr abgesetzt haben.

Ultra Faktor: Bei diesem Indikator geht es uns darum zu zeigen, wie enthusiastisch Follower auf Tweets eines Accounts reagieren. Dabei messen wir, wie viele Retweets und Likes ein Tweet im Durchschnitt erzielt und setzen diesen Durchschnittswert dann in Relation zur Followerzahl des betroffenen Accounts. Antworten oder Folgetweets innerhalb eines Threads werden dabei nicht berücksichtigt, um keine Accounts abzustrafen, die sich intensiv in Twitter-Diskussionen engagieren oder Threads veröffentlichen. Um zu verhindern, dass hohe Followerzahlen zu stark (negativ) ins Gewicht fallen, ziehen wir zudem deren Wurzel.

Dicke Spinnen: In diesem Kriterium ermitteln wir, welche Profile innerhalb der deutschsprachigen Twitter-Szene die größte Reichweite haben, also quasi die dicksten Spinnen im Econtwitter-Netz sind. Dies messen wir auf zwei Wegen: Erstens schauen wir uns an, wie viele andere der im Ranking gelisteten Accounts einem bestimmten Account folgen. Zweitens zählen wir, wie oft ein Account von anderen Accounts innerhalb des Rankings in Tweets erwähnt wurde und wie viele Retweets und Likes diese Erwähnungen wiederum erhalten haben. Dadurch werden auch Profile belohnt, die sich besonders in Debatten engagieren. Beide Komponenten zusammen ergeben gleichwertig gewichtet den finalen Score für dieses Kriterium.

Aus diesen vier Kriterien erzeugen wir eine Art „Magisches Viereck“, in das alle Kriterien gleichgewichtet einfließen. Die finale Punktvergabe erfolgt nach einem Benchmarking-System: Alle berücksichtigten Accounts teilen wir für jede Gruppe (Econ-Einzel- und Teamwertung, Medien-Einzel- und Teamwertung) in Dezile auf. Die Twitterer im obersten Dezil bekommen 10 Punkte, im untersten nur einen. Im 2. Dezil gibt es 2 Punkte, im 9. Dezil 9 Punkte, usw. Bei Punktgleichheit rangiert der Account höher, der weniger Tweets im letzten Quartal abgesendet hat, also weniger Aufwand betreiben musste, um auf die entsprechende Punktzahl zu kommen. Die ausführliche Beschreibung der Ranking-Methodik und der Aufnahmekriterien finden Sie hier. Hinweise auf bisher unberücksichtigte Accounts und Korrekturen (z.B. bei den Affiliations) bitte wie gewohnt per Mail an [email protected].

Hier nun die Top 10-Platzierungen des Twitter-Rankings für das 1. Halbjahr 2020. Die kompletten Listen gibt es hier.

 

Einzelwertung

Ökonomenranking

Platz+/-NameFollower PowerFollower PowerFollower PowerFollower PowerGesamt
1
+1 Claudia Kemfert
DIW Berlin
10 10 10 10 40
2
-1 Marcel Fratzscher
DIW Berlin
10 10 10 10 40
3
+3 Dina Pomeranz
Uni Zürich
10 10 10 10 40
4
+1 Jens Suedekum
DICE
10 10 10 10 40
5
+2 Adam Tooze
Columbia University
10 10 10 10 40
6
+18 Henrik Enderlein
Hertie School of Governance / Delors Institut Berlin
10 10 10 9 39
7
+35 Maja Goepel
WBGU
10 10 10 9 39
8
+2 Daniel Stelter
Think BTO
10 10 10 9 39
9
+4 Jan Schnellenbach
TU Cottbus
9 10 10 10 39
10
+13 Isabel Schnabel
EZB
10 9 9 10 38

 

 

Teamwertung

Ökonomenranking

Platz+/-NameFollower PowerFollower PowerFollower PowerFollower PowerGesamt
1
+2 ifo Institut
10 10 9 10 39
2
DIW Berlin
10 10 8 10 38
3
-2 Hans-Böckler-Stiftung
9 10 10 9 38
4
+2 The Hertie School
9 9 9 7 34
5
-1 Plurale Ökonomik
8 9 8 9 34
6
+1 Institut der deutschen Wirtschaft
10 9 5 10 34
7
+3 Agora Energiewende
9 9 10 4 32
8
Agenda Austria
7 10 7 8 32
9
+11 Kiel Institute (IfW)
8 7 5 10 30
10
+7 IZA
8 7 9 5 29

 

 

Einzelwertung

Medienranking

Platz+/-NameFollower PowerFollower PowerFollower PowerFollower PowerGesamt
1
+3 Thomas Sigmund
Handelsblatt
10 10 10 10 40
2
Holger Zschäpitz
Welt
10 10 10 10 40
3
-2 Olaf Gersemann
Welt
10 10 10 10 40
4
+1 Wolfgang Münchau
Eurointelligence
10 10 10 9 39
5
-2 Daniel Eckert
Welt
10 10 10 9 39
6
+2 Patrick Bernau
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
10 9 10 10 39
7
+2 Philip Plickert
Frankfurter Allgemeine Zeitung
10 10 10 9 39
8
-2 Mark Schieritz
Zeit
9 10 9 10 38
9
-2 Norbert Häring
Handelsblatt / Norberthäring.de
9 9 10 9 37
10
Martin Greive
Handelsblatt
9 9 9 10 37

 

 

Teamwertung

Medienranking

Platz+/-NameFollower PowerFollower PowerFollower PowerFollower PowerGesamt
1
Handelsblatt
10 10 10 10 40
2
+1 Wirtschaftswoche
10 10 8 9 37
3
-1 Frankfurter Allgemeine Zeitung
10 9 6 9 34
4
+1 OXI Blog
6 10 10 7 33
5
+1 Manager Magazin
9 9 5 8 31
6
-2 Makronom
6 5 9 10 30
7
Arbeit & Wirtschaft
5 8 10 7 30
8
Deutsche Welle
8 9 9 3 29
9
Süddeutsche Zeitung
9 7 3 8 27
10
Wirtschaftsdienst
3 4 8 10 25