Deutschland
Die Debatte um die mögliche Privatisierung deutscher Autobahnen hat erneut Fahrt aufgenommen. Das Bundesfinanzministerium hat einen Referentenentwurf an die anderen Ressorts geschickt, der die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft vorsieht, die Finanzierung, Bau und Betrieb der Autobahnen übernehmen soll. Die Gesellschaft soll demnach mehrheitlich im Besitz des Bundes verbleiben, aber auch private Investoren beteiligen können. Für die Gründung wäre eine Grundgesetzänderung nötig (Artikel 90), da der Bund die Autobahnen bisher gemeinsam mit den jeweiligen Bundesländern verwaltet.
Aus den Ländern gab es bereits Widerstand: So sagte etwa Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann, er halte „überhaupt nichts davon, an einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft für die Autobahnen private Investoren zu beteiligen“. Außerdem widersprach Herrmann der These, dass die Privatwirtschaft dem Staat bei der Infrastrukturverwaltung überlegen sei. Auch in der Bevölkerung sind die Pläne offenbar nicht sonderlich beliebt: In einer Infratest dimap-Umfrage sprachen sich 74% gegen eine Privatisierung aus. Die Grundgesetzänderung müsste von Bundesrat und Bundestag mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden.
Die Grünen werden erneut mit der Forderung nach einer Vermögenssteuer in den nächsten Bundestagswahlkampf ziehen. Auf ihrem Bundesparteitag in Münster beschloss die Partei nach intensiven Debatten einen Antrag, der eine Steuer für „Superreiche“ fordert. Allerdings ist noch vollkommen offen, wie diese Gruppe eigentlich definiert werden soll – ein präziseres Konzept wird es wohl erst auf dem eigentlichen Parteiprogrammtag im Frühjahr geben. Außerdem wollen die Grünen das Ehegattensplitting für Neuehen abschaffen. Mit den so erzielten Steuermehreinnahmen sollen höhere Investitionen unter anderem in Bildung, Familienförderung und sozialen Wohnungsbau gegenfinanziert werden.
Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist im 3. Quartal um 0,2% gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht dies einer Wachstumsrate von 1,5%.
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Eurozone und Europa
Die EU-Kommission hat im Rahmen des Europäischen Semesters die Eurostaaten aufgefordert, ihre haushaltspolitischen Spielräume stärker zu nutzen. Sie schlägt vor, dass die Eurozone als Ganzes im Jahr 2017 eine fiskalpolitische Lockerung von bis zu 0,5 % des BIP vornehmen sollte. Gleichzeitig warnte die Kommission, dass die von Italien, Spanien, Portugal und fünf weiteren Ländern für 2017 vorgelegten Haushaltspläne gegen die EU-Fiskalregeln verstoßen könnten und forderte die Staaten zu einer Überarbeitung auf. Außerdem verzichtete die Kommission darauf, für Spanien und Portugal vorgesehene Mittel aus dem EU-Struktur- und -Investitionsfonds einzufrieren. Beide Länder hätten laut Auffassung der Kommission in den letzten Monaten genug getan, um ihre Haushaltsdefizite abzubauen.
Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben sich auf den EU-Haushaltsplan für 2017 geeinigt. Der Plan sieht Ausgaben in Höhe von 134,49 Milliarden Euro vor, das sind 1,6% weniger als in diesem Jahr. 5,9 Milliarden mehr soll es zur Bewältigung der Flüchtlingskrise und für die Stärkung der EU in Sicherheitsfragen geben, ein Plus von gut 11% gegenüber 2016. Die Gelder für Wachstums- und Jobförderung erhöhen sich um rund 12% auf 21,3 Milliarden. Der Plan soll am 29. November vom Rat und am 1. Dezember vom Parlament endgültig beschlossen werden.
Das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone ist im 3. Quartal um 0,3% gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht dies einer Wachstumsrate von 1,6%.
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Der ehemalige französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron hat angekündigt, bei der französischen Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr als unabhängiger Kandidat anzutreten. In der sozialistischen Partei löste dies Sorgen aus, dass Macrons Kandidatur ihrem (noch nicht feststehenden) Kandidaten den Einzug in die zweite Wahlrunde unmöglich machen könnte. An diesem Sonntag findet zudem die erste Runde der Vorwahlen der konservativen Republikaner statt. Es wird erwartet, dass Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und Alan Juppé, der Bürgermeister von Bordeaux, in die zweite Runde einziehen werden.
Der Europäische Rechnungshof hat die bei der EZB angesiedelte gemeinsame europäische Bankenaufsicht kritisiert. Es gebe zu wenig Personal, außerdem hätten die EZB-Mitarbeiter entgegen der Regeln nur wenige Vor-Ort-Prüfungen von Banken selbst geleitet: die Prüfteams hätten in mehr als 90% der Fälle aus Mitarbeitern nationaler Behörden bestanden. Der Rechnungshof warnte auch, dass die Gefahr eines Interessenskonflikts zwischen Geldpolitik und Aufsicht bestünde, weil beide Abteilungen teilweise die gemeinsamen internen Dienste verwendeten.
Die angeschlagene italienische Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) hat ihre Pläne für einen geplanten Schuldentausch bekanntgegeben. Insgesamt sollen Gläubiger demnach Forderungen in Höhe von 5,3 Milliarden in eine Beteiligung an der Bank umtauschen. Je mehr Gläubiger auf das Angebot eingehen, desto weniger Mittel muss sich das Geldhaus über eine Kapitalerhöhung besorgen. Die Bankenaufsicht fordert von MPS eine Stärkung der Kapitaldecke um 5 Milliarden Euro. Zudem will die Bank faule Kredite in Höhe von 28 Milliarden Euro verkaufen.
USA
Der künftige US-Präsident Donald Trump hat erste wichtige Posten besetzt. Neuer Sicherheitsberater wird Ex-General Michael Flynn, neuer CIA-Chef der Abgeordnete Mike Pompeo. Reince Priebus, der Vorsitzende des Republican National Comitee, wird Stabschef im Weißen Haus. Als Chef-Strategen ernannte Trump Steve Bannon, den ehemaligen CEO der ultrarechten Webseite Breitbart. Auch bei der (De-)Regulierung der Finanzmärkte könnte Trump bald eine Personalentscheidung treffen. Die Chefin der US-Börsenaufsicht, Mary Jo White, gab bekannt, dass sie ihren Posten zeitgleich mit dem Abtreten der Obama-Administration räumen wolle. White war eine der führenden Köpfe bei den Versuchen, die Wall Street nach der Finanzkrise stärker zu regulieren.
Außerdem wurden erste kleinere Details von Trumps handelspolitischen Plänen bekannt. Einem CNN-Bericht zufolge hat Trump folgende Prioritäten: Die Nordamerikanische Freihandelszone (Nafta) soll neu verhandelt und die Transatlantische Partnerschaft (TPP) gestoppt werden. Auch will Trump gegen „unfaire“ Importe und Handelspraktiken vorgehen und künftig auf bilaterale anstatt auf multilaterale Verträge setzen. Trump plant dem Bericht zufolge auch, während seiner ersten 100 Tage im Amt überprüfen zu lassen, ob China als „Währungsmanipulator“ eingestuft werden könne (eine ausführliche Analyse zu den möglichen Folgen von Trumps Handelspolitik für Europa finden Sie hier).
US-Notenbankchefin Janet Yellen hat bei ihrer turnusmäßigen Anhörung vor dem US-Kongress weitere Signale für eine Zinserhöhung im Dezember gegeben. So sagte Yellen unter anderem, dass zu stark hinausgezögerte Zinserhöhungen dazu führen könnten, dass Investoren übermäßige Risiken eingingen – was wiederum dazu führen könne, dass spätere Zinserhöhungen dann eventuell schneller erfolgen müssten. Der US-Dollar kletterte in der Folge in die Nähe eines 14-Jahres-Hochs, die Markterwartungen für eine Zinserhöhung im Dezember stiegen auf über 90% an.
Türkei
Der Kurs der türkischen Lira ist auf ein neues Rekordtief gerutscht. Analysten machen dafür die Aussichten auf eine baldige Zinserhöhung in den USA (siehe oben) und das harte Vorgehen von Präsident Erdogan gegen Regimekritiker verantwortlich, was Investoren verunsichern würde.
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Ägypten
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat ein Hilfsprogramm im Umfang von 12 Milliarden US-Dollar für Ägypten bewilligt (eine ausführliche Analyse des Programms finden Sie hier).
Weltwirtschaft
Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert, dass die Ölpreise in den kommenden Jahren stark schwanken werden. Dies geht aus dem jüngsten World Energy Outlook hervor. So rechnet die IEA damit, dass das derzeit niedrige Preisniveau nicht von Dauer sein wird. Die These: aufgrund der niedrigen Preise würden Ölkonzerne und -Staaten zu wenig investieren, um die steigende Nachfrage auch in einigen Jahren noch decken zu können. Aus dem momentanen Überangebot würde dann Unterangebot werden. Die IEA geht davon aus, dass die globale Energienachfrage bis zum Jahr 2040 um 30% zulegen wird.
Hinweis: Die UN-Klimakonferenz im marokkanischen Marrakesch gehört sicherlich auch zu den wichtigsten Ereignissen der Woche, war bei Veröffentlichung dieses Artikels aber offiziell noch nicht beendet.