Wochenrückblick

Was diese Woche wichtig war

Die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der Woche kompakt zusammengefasst.

Deutschland

Die SPD hat ihr Rentenkonzept für den Bundestagswahlkampf vorgestellt. Demnach soll das Rentenniveau auf dem jetzigen Stand von 48% eines Durchschnittslohnes stabilisiert werden und nicht wie bisher gesetzlich vorgesehen bis zum Jahr 2030 auf 43% sinken können. Der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung soll bis 2030 nicht über die bis dahin erlaubten 22% steigen. Zur Finanzierung will die SPD unter anderem rund drei Millionen Selbständige ohne Altersabsicherung in die gesetzliche Rentenversicherung aufnehmen. Zudem möchte die SPD eine „Solidarrente“ einführen: Wer 35 Jahre Beiträge eingezahlt hat, soll eine Rente erhalten, die mindestens 10% über dem Niveau der Grundsicherung liegt. Eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters lehnt die Partei ab. Die Unionsparteien wollen dagegen ohne eigenes Rentenkonzept in den Wahlkampf ziehen, die Rente sei bis zum Jahr 2030 „solide aufgestellt“.

Dem deutschen Staat sollen Medienberichten zufolge durch sogenannte Cum-Ex-Aktiengeschäfte seit dem Jahr 2001 knapp 32 Milliarden Euro entgangen sein. Drahtzieher der Betrügereien sollen Londoner Investmentbanker gewesen sein. Bei Cum-Ex-Geschäften werden Wertpapiere rund um den Tag der Hauptversammlung eines Unternehmens hin- und hergeschoben. Dabei wurden Bescheinigungen für Kapitalertragsteuern durch Banken ausgestellt, die beim Fiskus geltend gemacht wurden, obwohl eine solche Steuern tatsächlich nie anfiel (einen lesenswerten Bericht zum Thema finden Sie in der Zeit).

Schlechte Nachrichten für den deutschen Fiskus gab es auch vom Bundesverfassungsgericht: Die zwischen 2011 und 2016 erhobene Brennelementesteuer ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Richter erklärten das Gesetz rückwirkend für nichtig, weil der Bund keine Gesetzgebungskompetenz für den Erlass der Steuer gehabt habe. Infolgedessen können die betroffenen Atomkonzerne nun darauf hoffen, dass sie insgesamt mehr als sechs Milliarden Euro zurückerstattet bekommen.

 

Eurozone und Europa

Die konservativen Tories haben bei den vorgezogenen britischen Parlamentswahlen erneut die meisten Sitze im Unterhaus erreicht. Allerdings büßte die Partei von Premierministern Theresa May ihre absolute Mehrheit ein, während die Labour-Partei unter ihrem Vorsitzenden Jeremy Corbyn deutlich zulegen konnte. May kündigte an, sich nun um die Bildung einer Minderheitenregierung mit Duldung durch die nordirische Democratic Unionist Party (DUP) bemühen zu wollen.

Die Europäische Zentralbank hat ihre geldpolitische Ausrichtung unverändert gelassen. Die Leitzinsen verbleiben auf ihren Rekordtiefs, dass QE-Programm soll wie geplant mindestens bis Ende des Jahres fortgesetzt werden. Leicht korrigiert hat die EZB ihre Konjunkturprognosen: Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum wurden leicht angehoben, die Erwartungen an die Inflationsentwicklung nach unten korrigiert. Außerdem passten die Währungshüter ihre Forward Guidance (die Steuerung der Markterwartungen durch unverbindliche Hinweise auf die künftige Geldpolitik) an: Die bisher stets erwähnte Option auf noch tiefere Leitzinsen wurde aus dem Statement zur Zinspolitik gestrichen.

Am Sonntag beginnt die erste Runde der französischen Parlamentswahlen. Umfragen zufolge dürfte die En Marche-Partei von Präsident Emmanuel Macron stärkste Kraft werden. Die zweite Wahlrunde findet am 18. Juni statt (hier finden Sie einen Kommentar zur Bedeutung der EZB-Geldpolitik für die Präsidentschaft Macrons).

Grafik: Opinionway

Währenddessen hat Macron seine Pläne für die Reform des französischen Arbeitsmarkts konkretisiert. In den nächsten 18 Monaten sollen sechs Sozialreformen in die Wege geleitet werden. Bereits im Sommer soll das Arbeitsrecht durch Verordnungen überarbeitet werden. Die genauen Details der Reform wollte die Regierung aber noch nicht nennen.

Die spanische Großbank Santander kauft den angeschlagenen Konkurrenten Banco Popular für den symbolischen Preis von einem Euro. Um die Bilanz der übernommenen Banco Popular aufzubessern, braucht Santander frisches Geld, das durch eine Kapitalerhöhung in Höhe von sieben Milliarden Euro eingenommen werden soll. Die Banco Popular hat laut Angaben der EZB kurz vor dem Zusammenbruch gestanden, weshalb die europäische Bankenabwicklungsbehörde SRB informiert worden sei. Die SRB habe wiederum einer Auffanglösung zugestimmt, die den Verkauf des notleidenden Instituts an Santander vorsehe. Die Übernahme ist ein Novum in der europäischen Geschichte: Bei der Abwicklung der Banco Popular werden deren Aktionäre und die Halter nachrangiger Anleihen ihr Geld verlieren. Die Kunden der Bank sollen nicht betroffen sein.

 

USA

Die politische Woche in den USA war vor allem durch die Anhörung von Ex-FBI-Chef James Comey vor dem Geheimdienstausschuss des US-Kongresses bestimmt. Im Schatten der Affäre gab es aber auch einige wirtschaftspolitische Nachrichten: Die geplante Steuerreform soll laut Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn noch in diesem Jahr vom Kongress beschlossen werden. Die Regierung habe sich mit republikanischen Spitzenparlamentariern auf einen entsprechenden Zeitplan verständigt (eine Analyse von Trumps Steuerplänen finden Sie hier).

Außerdem bekräftige Trump in einer Rede in Cincinnati, während der nächsten Jahre insgesamt eine Billion US-Dollar zur Sanierung der US-Infrastruktur zu aktivieren. Mindestens ein Fünftel der Summe soll aus der Staatskasse finanziert werden, der Rest von privaten Investoren kommen. Neue Details zu seiner Investitionsoffensive nannte Trump jedoch erneut nicht.

Einem Bericht der New York Times zufolge plant Trump, zwei der drei offenen Posten im Direktorium der US-Notenbank mit geldpolitisch konservativen Kandidaten zu besetzen. Dabei soll es sich um den Universitätsprofessor Marvin Goodfriend und den früheren Mitarbeiter im US-Finanzministerium, Randal Quarles, handeln. Auch für die Besetzung des Chefpostens der US-Bankenaufsicht OCC hat Trump einen Wunschkandidaten benannt: Joseph Otting, der über 30 Jahre lang bei verschiedenen Banken gearbeitet hat. Otting muss noch vom Senat bestätigt werden.

 

Südafrika

Südafrika ist erstmals seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise vor acht Jahren wieder in eine Rezession gerutscht. Im ersten Quartal schrumpfte die größte afrikanische Volkswirtschaft gegenüber dem Vorquartal um 0,7%, bereits im Schlussquartal 2016 war das BIP zurückgegangen. Südafrika steck zudem in einer schweren politischen Krise, die im März durch die Entlassung von Finanzministers Pravin Gordhan durch Präsident Jakob Zuma ausgelöst wurde. Zuma sieht sich schweren Korruptionsvorwürfen ausgesetzt und hat auch in seiner ANC-Partei immer weniger Rückhalt.

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Weltwirtschaft

Der diplomatische Konflikt zwischen Qatar und anderen arabischen Staaten hat sich bisher nicht sonderlich auf die internationalen Rohstoffmärkte ausgewirkt. Die Ölpreise gaben sogar leicht nach, lediglich die Erdgaspreise stiegen im Wochenverlauf etwas an. Qatar ist der weltgrößte Exporteur von Flüssiggas, fördert aber nur geringe Mengen an Öl.

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Fast 70 Länder, darunter auch Deutschland, haben eine Vereinbarung unterzeichnet, mit der Konzernen die legale Steuervermeidung erschwert werden soll. Die Maßnahmen waren von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ausgearbeitet worden. Dabei geht es vor allem um die Harmonisierung von Doppelbesteuerungsabkommen: Die unterschiedlichen Bestimmungen in diesen bilateralen Regelungen wurden von Großkonzernen teilweise genutzt, um Profite zu verschieben und dadurch gar keine oder nur sehr wenige Steuern zu zahlen. Das Abkommen muss von den teilnehmenden Ländern noch ratifiziert werden.

Die OECD hat ihren neuen Bericht zur Lage der Weltwirtschaft vorgestellt. Darin wird prognostiziert, dass die weltweite Wirtschaftsleistung 2017 um 3,5% zulegen wird, das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als die OECD im März erwartet hatte. Allerdings liegt die erwartete Wachstumsrate immer noch unter der durchschnittlichen Wachstumsrate von etwa 4% vor der Weltwirtschaftskrise 2008. Zu den Risiken für die Weltwirtschaft zählten die Wirtschaftsforscher eine abrupte Korrektur der von Realwerten abgekoppelten Aktien- und Vermögenspreise sowie anhaltende Ungewissheit bezüglich der politischen Gestaltung des internationalen Güter- und Dienstleistungsverkehrs. Die OECD empfiehlt, dass sich die öffentliche Hand energisch um die Überwindung der „Falle niedrigen Wachstums“ und die Schließung der großen staatlichen Investitionslücke kümmern müsse. Außerdem sollte beispielsweise mittels progressiver Steuern gegen die wachsenden Einkommensunterschiede angegangen werden.

Grund zur Vorsicht bot auch der neueste World Investment Report der UNCTAD. In ihrer Untersuchung zu internationalen Direktinvestitionen mahnte die Unterorganisation der Vereinten Nationen, dass grenzüberschreitende Privatinvestitionen immer noch nicht ihren Wert von vor der Finanzkrise 2008 erreicht hätten. Vor allem Entwicklungen im Bereich der digitalen Wirtschaft und des e-Commerce hätten gravierende Folgen für grenzüberschreitende Investitionsentscheidungen. Grund zur Sorge böte demnach das abgenommene Interesse an Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern, da Direktinvestitionen für diese Länder eine wichtige internationale Finanzierungsquelle darstellen würden.