Geldpolitik

Anti-EZB-Bingo im Presseclub

Seit Jahren werden Argumente, die die EZB in ihrer Politik unterstützen und in der internationalen Diskussion geläufig sind, in deutschen Medien größtenteils ignoriert – was der Komplexität der Geldpolitik bei weitem nicht gerecht wird. Ein Beitrag von Philipp Stachelsky.

Der ARD-Pressclub ist eine Institution der deutschen Medienlandschaft. Er hat sich auf die Fahnen geschrieben, dass Journalistinnen und Journalisten „mit unterschiedlichen Standpunkten und aus unterschiedlichen Blickwinkeln politische Ereignisse und Entwicklungen analysieren“ und so einen „Wettstreit um die Interpretation von politischen Vorgängen“ zu führen, um dem Publikum „ein Angebot von Meinungen, die sich in der Diskussion überprüfen lassen müssen“, zu bieten.

Dieser eigene Anspruch wird beim Pressclub allerdings mitunter sehr frei ausgelegt. So geschehen am letzten Sonntag, als Markus Gürne (ARD-Börsenredaktion), Lisa Nienhaus (Die Zeit), Philip Plickert (FAZ) und Angela Wefers (Börsen-Zeitung) darüber diskutierten, ob „die EZB unsere Rücklagen plündert“, wie es der Presseclub formulierte.

Die folgende Grafik illustriert das Meinungsspektrum der Sendung. Abgebildet sind alle Argumente, die wir bisher in unserem Debattenmonitor zur EZB-Geldpolitik gesammelt haben. Grün sind die Argumente, die tendenziell zugunsten des Kurses von Mario Draghi sprechen, rot die dagegen. Angekreuzt sind die Argumente, die von den Diskutanten im Presseclub vorgebracht wurden:

Anstatt einer ausgewogenen Diskussion bekamen die Zuschauer ein Anti-EZB-Bingo vorgesetzt. Das reiht sich nahtlos ein in die Art und Weise, wie große Teilen der deutschen Medienlandschaft mit der Zentralbank umgehen: Seit Jahren werden Argumente, die die EZB in ihrer Politik unterstützen und in der internationalen Diskussion geläufig sind, schlicht ignoriert. Ausgewogenheit: Fehlanzeige.

Dieser Beitrag versucht zu zeigen, dass die Debatten um die EZB-Geldpolitik bei weitem nicht so einseitig sind. Dabei geht es nicht darum, die EZB gegen jedwede Kritik in Schutz zu nehmen oder den Gästen der Sendung das Recht auf eine eigene Meinung abzusprechen – sondern darum, dass wir in Deutschland eine ausgewogene Debatte zur Geldpolitik brauchen, und die Argumente der anderen Seite zumindest bekannt sein sollten. Für jede der im Presseclub geäußerten Thesen wurde eine Gegenthese formuliert.

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