Geldpolitik

Weshalb der Neo-Fisher-Effekt eine gefährliche Schimäre ist

Könnten Zinserhöhungen entgegen der landläufigen Annahme die Inflationsrate sogar steigen lassen? Ja, meinen nicht zuletzt Befürworter einer strafferen EZB-Geldpolitik. Doch die Idee hat etliche Schwachstellen – und dürfte im Falle einer Umsetzung schwerwiegende negative Folgen haben. Ein Beitrag von Jakob Steffen.

Bild: Pixabay

Anfang Juli hat Bertram Schefold in der FAZ einen Beitrag zum sogenannten Neo-Fisher-Effekt veröffentlicht. Der Beitrag des Professors für Volkswirtschaftslehre an der Goethe-Universität in Frankfurt irritiert auf zweierlei Weise: Zum einen lässt er an Detailtiefe ausgerechnet im Feld der Geldtheorie stark zu wünschen übrig, wiewohl er sich mit dem Zusammenhang von Nominalzins und Inflation befasst. Und zum anderen ignoriert er die dominante Theorie auf dem Gebiet dieses Zusammenhangs: die des schwedischen Ökonomen Knut Wicksell. Dies rührt nicht zuletzt daher, dass Schefold von Anfang an im Unklaren lässt, ob sich die Preissteigerung im Rahmen des Neo-Fisher-Effekts auf die Konsumgüterpreise oder aber die Vermögenspreise von Kapitalgütern bezieht – was zu gänzlich anderen Ergebnissen führt, wie ich später noch ausführen werde.

Der von Schefold angeführte Neo-Fisher-Effekt besagt, dass ein Anstieg des Nominalzinses (in der langen Frist) auch einen Anstieg der Güterpreise zur Folge haben wird, weil die steigenden Kapitalkosten von den Unternehmen auf ihre Kunden überwälzt werden würden. Der wohl bekannteste Anhänger dieser Theorie ist (zumindest implizit) der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der fortwährend den schädlichen Einfluss von zu hohen Zinsen auf die gleichfalls hohe Inflationsrate kritisiert. Und auch in der Eurozone dürften Schefolds Ausführungen argumentative Schützenhilfe für all jene leisten, die seit Jahren für eine geldpolitische Straffung plädieren und die bisherige Politik der EZB ablehnen. Allerdings gibt es eine ganze Reihe von Gründen, der Idee des Neo-Fisher-Effekts mit großer Skepsis zu begegnen.

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