Wirtschaftspolitik im Post-Corona-Zeitalter

Adam Smith, Corona und das Comeback des Staates

„Corona“ hat das Bewusstsein einer Zäsur und der Unausweichlichkeit eines tiefgreifenden Wandels verstärkt – doch nur eine sorgsam demokratisch eingebettete Staatlichkeit kann die notwendige langfristige Transformation auf den Weg bringen. Ein Beitrag von Claus Leggewie.

Bild: Pixabay

Die Wirtschaftspolitik hat mit einer Vielzahl von Maßnahmen auf die Corona-Krise reagiert – und dadurch ebenso viele Fragen über das künftige Verhältnis von Markt und Staat aufgeworfen. In einer Makronom-Serie werden verschiedene Ökonominnen und Ökonomen ihre Positionen zur Wirtschaftspolitik im Post-Corona-Zeitalter darlegen. Den Auftakt macht der folgende Beitrag von Claus Leggewie.

Das neoliberale Leitbild, man solle und könne staatliche Aufgaben in einem reinen Nachwächterstaat erfüllen, war immer eine Illusion. Adam Smith, der mit seiner endlos zitierten Formel von der unsichtbaren Hand des Marktes zum Kronzeugen dieses Leitbilds erhoben wurde, verfolgte das Ideal einer „Handelsgesellschaft“. Darin sah er aber keinen Naturzustand, der durch staatliche Intervention verfälscht worden wäre. Vielmehr wies er dem Staat zentrale Aufgaben zu, nicht nur im Erziehungswesen und bei der Verteidigung von innerer Sicherheit und globalem Handel: „Marketcraft“ kommt vielmehr erst durch „Statecraft“ zur Geltung, erst durch die institutionelle Rahmung und Ausrichtung wirtschaftlichen Handelns – Märkte waren nicht einfach da, sie mussten geschaffen werden.

Adam Smith war aber dort sehr wohl Staatskritiker, wo durch staatliches Handeln bestimmte Interessengruppen privilegiert und Monopole auf Kosten der Verbraucher gebildet werden konnten. Die Entstaatlichungsrhetorik der 1970er Jahre war eher eine Verschleierung solcher Effekte, die erheblich zur Verschärfung sozialer Ungleichheit beigetragen hatten. Und ein Schleier auch über jener „state capture“, mit der sich Privatinteressen und Parteien den Staat regelrecht zur Beute machten und Autokratien stärkten, wie wir es in den postkommunistischen Staaten, aber auch in den USA und Brasilien erleben. Wer sich ungerührt auf Friedrich Hayek oder gar Ayn Rand beruft, um den Staat weiter zurückzudrängen und zu diskreditieren, sollte nach der Bankenkrise 2008/2009 und jetzt in der Pandemie auf Staatshilfen selbst „ausnahmsweise“ verzichtet haben. Doch nichts dergleichen geschieht: Steuerprivilegien, Kapitalaufstockungen, Bürgschaften, Sofort- und Überbrückungshilfen und vieles andere sind hochwillkommen.

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