Corona-Krise

Der andere Staat

Nach Jahren der Diskreditierung ökonomischer Tätigkeit des Staates ist deren Notwendigkeit in den aktuellen Krisenlagen besonders spürbar. Gleichzeitig erleben wir einen Wandel staatlicher Funktionen. Der künftige Weg führt jedoch weder zum neoliberalen Rumpfstaat noch zur übergriffigen Planungsbehörde. Ein Beitrag von Gustav A. Horn.

Die Wirtschaftspolitik hat mit einer Vielzahl von Maßnahmen auf die Corona-Krise reagiert – und dadurch ebenso viele Fragen über das künftige Verhältnis von Markt und Staat aufgeworfen. In einer Makronom-Serie legen verschiedene Ökonominnen und Ökonomen ihre Positionen zur Wirtschaftspolitik im Post-Corona-Zeitalter dar. Alle bisher erschienenen Beiträge finden Sie hier.

Was für ein Wandel! Noch bis vor gut zehn Jahren war es unter Ökonominnen und Ökonomen weit verbreitet, den Staat überwiegend als ein Hemmnis für wirtschaftliche Freiheit und Dynamik anzusehen. Einengende Regulierungsvorschriften in Tateinheit mit ineffizient arbeitenden Beamten stehen in dieser Sichtweise marktwirtschaftlicher Dynamik immer wieder im Wege. Hinzu kommt in diesem Bild die systemische Unsolidität: Ausgabenfreudige Politikerinnen und Politiker produzieren im Verbund mit gleichsam korrupten Wählerinnen und Wählern, die diese Geldgeschenke im Tausch mit ihren Wahlstimmen gerne entgegennehmen, fortwährend Haushaltsdefizite. Im gedanklichen Ergebnis türmen sich am Ende hohe Schuldenberge auf, die von künftigen, noch nicht wahlberechtigten Generationen als drückende finanzielle Last abzutragen wären. Der neoliberale Rumpfstaat war das dominierende Paradigma der Wirtschaftspolitik, während auf der linken Seite des politischen Spektrums viele den hoffnungslosen Traum eines planerisch aktiven Staates träumten.

Dieses düstere Bild vom wirtschaftlich dysfunktionalen Staat hatte reale wirtschaftspolitische Konsequenzen. Die Schuldenbremse wäre ohne eine solche Sichtweise nicht denkbar. Auch der Rückzug des Staates aus vielen Bereichen wie dem Gesundheitswesen und der Telekommunikation basiert auf diesen Prämissen. Es galt, den Staat in seinen wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Aktivitäten strikt einzugrenzen, um privater wirtschaftlicher Initiative den nötigen Freiraum zu verschaffen und zu sichern.

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