Der deutsche Außenhandel gehört zu den spannendsten ökonomischen Phänomenen unserer Zeit – und sorgt regelmäßig für hitzige Debatten. In einem neuen Projekt werden wir in den kommenden Monaten die Fakten und Argumentationslinien zu diesem Thema genauer unter die Lupe nehmen.
Der deutsche Außenhandel gehört zu den spannendsten ökonomischen Phänomenen unserer Zeit – und sorgt regelmäßig für hitzige Debatten. In einem neuen Projekt werden wir dieses Phänomen in den kommenden Monaten genauer unter die Lupe nehmen.
Unsere Anatomie des deutschen Außenhandels ist in zwei Hauptkategorien aufgeteilt: In den „Key Facts“ werten wir rein deskriptiv Statistiken zum Thema aus, die genauere Einblicke in die Struktur des Außenhandels ermöglichen. In der „Debatten“-Rubrik tragen wir die wichtigsten Argumentationslinien zum Thema zusammen.
Key Facts: Mit wem handelt Deutschland was?
Zum Start haben wir beispielsweise visualisiert, mit welchen Staaten Deutschland einen besonders intensiven Handel betreibt und um welche Warengruppen es dabei geht. Herausgekommen ist dabei unter anderem die weiter unten folgende Übersicht.
Die Visualisierung zeigt die Struktur der deutschen Exporte nach Ländergruppen, einzelnen Staaten und Warengruppen, jeweils gewichtet nach ihren Anteilen: Wenn Sie auf der ersten Ebene auf eine Ländergruppe klicken, öffnet sich eine zweite Ebene, die zeigt, in welche Staaten dieser Gruppe Deutschland wie viele Waren exportiert. Ein Klick auf die einzelnen Staaten zeigt, welche Warengruppen in dieses Land exportiert werden.
Hinweis: Aus Darstellungsgründen wurden einige Warengruppen zusammengefasst (eine ausführliche Erklärung finden Sie auf der Projektseite unter Methodik. Quellen: Destatis, eigene Berechnungen
Die gleiche Visualisierung haben wir auch für die Importe gemacht. Außerdem gehen wir in unserer Anatomie näher auf folgende Themen ein: die Struktur der deutschen Importe nach Ländergruppen, einzelnen Staaten und Warengruppen, die Entwicklung der Importe und Exporte in den letzten Jahren sowie die relative Bedeutung der einzelnen Import- und Exportprodukte im Zeitverlauf.
Spannend ist natürlich auch, im Handel mit welchen Staaten Deutschland seine berühmt-berüchtigten Exportüberschüsse erzielt. Diese Frage beantwortet die folgende Grafik. Sie zeigt jeweils die zehn Länder, gegenüber denen Deutschland die größten Überschüsse bzw. Defizite erzielt und durch welche Warengruppen. Der Saldo für alle restlichen Länder ist unter „Sonstige“ zusammengefasst.
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Hinweis: Aus Darstellungsgründen wurden einige Warengruppen zusammengefasst (eine ausführliche Erklärung finden Sie auf der Projektseite unter Methodik. Quellen: Destatis, eigene Berechnungen
Die Überschuss-Debatte
Mit dem „Debatten“-Abschnitt verfolgen wir das Ziel, möglichst viele der vorgebrachten Argumentationslinien darzustellen – unabhängig davon, ob wir diese nun persönlich teilen oder nicht. Zum Start haben wir Übersichten zu folgenden drei Fragen erstellt:
Was sind die Gründe für die deutschen Überschüsse?
Sind die deutschen Überschüsse überhaupt ein Problem?
Wie könnten die Überschüsse abgebaut werden?
Work in Progress
Es mag sein, dass der eine oder die andere wichtige Punkte vermisst – tatsächlich hat unsere Anatomie des deutschen Außenhandels (momentan noch) keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir haben das Projekt nach dem Prinzip „Work in Progress“ angelegt: Wir werden kontinuierlich weitere Aspekte und Fragestellungen ergänzen. Dabei greifen wir gerne auch Ihre Anregungen auf, die Sie uns unter [email protected] zukommen lassen können.
Zu den Autoren:
Mario Huzel ist Doktorand an der Freien Universität Bozen und hat vorher Volkswirtschaftslehre an der Universität Freiburg studiert. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt die internationale Makroökonomie, insbesondere der Zusammenhang zwischen internationalen Kapitalströmen und strukturellem Wandel in Schwellenländern. Außerdem war er zuvor in der Entwicklungszusammenarbeit tätig.
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht die offizielle Bezeichnung des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Die unterschiedliche Gewichtung der Unterprogramme wird im folgenden Chart noch etwas deutlicher. Dieser zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen zuletzt wieder etwas reduziert hat (von in der Spitze über 90% auf zuletzt etwa 80%).
Worauf es zu achten gilt: Konkrete Umsetzung und Reinvestitionen fälliger Anleihen
In den kommenden Monaten gilt es also vor allem zu beobachten, wie die EZB die angekündigte Reduzierung ihres Aufkaufvolumens konkret umsetzt, weil sich dies auf die betroffenen Marktsegmente unterschiedlich auswirken wird. So hat die EZB wie oben gezeigt seit Start ihrer Aufkaufprogramme demonstriert, dass sie in der Lage und gewillt ist, die angekündigten Kaufvolumina auch tatsächlich umzusetzen. Das heißt, dass die gesamten APP-Bestände in ihrer Bilanz ungefähr dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von ca. 2,6 Billionen Euro erreichen dürften – die Frage ist eben lediglich, durch welche Wertpapiere die große weiße Lücke im Chart konkret gefüllt wird.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen auf der Oktober-Ratssitzung noch einmal erneuert und präzisiert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird sie – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre. So machen beispielsweise deutsche Staatsanleihen mittlerweile knapp 27% des aufgekauften Staatsanleihen-Portfolios aus, obwohl der deutsche Kapitalschlüssel nur bei knapp 18% liegt.
Diese „Bevorzugung“ der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss.
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen fast die Hälfte der insgesamt knapp 4,4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Wenn die EZB die Summe der monatlichen Anleihekäufe ab Januar senkt, ist in der kurzen Frist zu erwarten ist, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen ist es aber auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern, was aus heutiger Sicht aber nicht abschätzbar ist.
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.