Wochenrückblick

Was diese Woche wichtig war

In den griechischen Schuldenstreit kommt Bewegung, Deutschland übernimmt den G20-Vorsitz und die Opec kann sich doch noch einigen – die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der Woche kompakt zusammengefasst.

Deutschland

Laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren im November 2,53 Millionen Menschen in Deutschland arbeitslos gemeldet. Das sind 8.000 weniger als im Vormonat und 101.000 weniger als im November 2015. Die Arbeitslosenquote sank leicht auf 5,7%. Die Zahl der Unterbeschäftigten beträgt 3,52 Millionen (Quote: 7,8%). Das sind 13.000 mehr als im Vormonat und 41.000 mehr als im November des Vorjahres. Die Unterbeschäftigung ist aussagekräftiger als die offizielle Arbeitslosenzahl, weil hier auch Menschen erfasst werden, die sich in Maßnahmen befinden oder zum Zeitpunkt der Erhebung krankgeschrieben waren.

Die deutsche Inflationsrate lag im November unverändert bei 0,8%.

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Deutschland hat in dieser Woche die G20-Präsidentschaft von China übernommen. Bei einer Auftaktveranstaltung in Berlin nannte Finanzminister Wolfgang Schäuble drei Prioritäten: Die Widerstandsfähigkeit gegen zukünftige Finanz- und Wirtschaftskrisen soll erhöht und die Rahmenbedingungen für Investitionen in Afrika verbessert werden. Ein weiterer Schwerpunkt soll die fortschreitende Digitalisierung sein.

Der Bundestag hat die bereits im September bekanntgewordene kleine Steuerreform verabschiedet. Der Grundfreibetrag wird im kommenden Jahr um 168 Euro auf 8.820 Euro erhöht. 2018 wird er dann um weitere 180 Euro auf dann 9.000 Euro steigen. Der Kinderfreibetrag (bisher 7.248 Euro) wird erst um 108, und dann um 72 Euro erhöht. Das Kindergeld steigt pro Kind um 2 Euro (Geringverdiener erhalten einen Zuschlag, der Anfang 2017 um 10 auf 170 Euro pro Monat erhöht wird). Die kalte Progression (Steuerbelastung steigt stärker als das Einkommen) soll korrigiert werden, indem unter anderem der Grenzsteuersatz von 24% künftig erst ab 13.769 statt wie bisher ab 13.670 Euro greift. Insgesamt haben die Entlastungen einen Umfang von 6,3 Milliarden Euro.

 

Eurozone und Europa

Francois Fillon ist der Kandidat der französischen Republikaner für die Präsidentschaftswahl im kommenden Frühjahr. Fillon setzte sich in der zweiten Vorwahl-Runde mit gut 66% der Stimmen gegen Alain Juppé durch. Der amtierende Präsident Francois Hollande kündigte an, sich nicht erneut um die Nominierung durch die sozialistische Partei zu bewerben. Aussichtsreichster Bewerber bei den Sozialisten ist jetzt Premierminister Manuel Valls, dem wohl nur noch der Parteilinke Arnaud Montebourg die Kandidatur streitig machen kann. Laut den derzeitigen Umfragen würden sich der Republikaner Fillon und Marine Le Pen vom Front National in der ersten Runde durchsetzen. In einer Stichwahl würde Fillon den Meinungsforschungsinstituten zufolge dann klar vor Le Pen liegen.

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Quelle: EUROPP

Klaus Regling, der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM, wird laut einem Bericht des Wall Street Journal am kommenden Montag den Euro-Finanzministern einen Plan zur Reduzierung der griechischen Staatsschulden vorlegen. Dem Bericht zufolge sieht das sechsseitige Papier Maßnahmen vor, mittels derer die Schuldenlast bis zum Jahr 2060 um 21,8 Prozentpunkte reduziert werden könne. Bei den Maßnahmen handele es sich um Laufzeitverlängerungen und Zinsfestschreibungen, die die langfristige Tragfähigkeit der griechischen Schuldenlast sicherstellen sollen. Diese Tragfähigkeit hat der IWF zur Bedingung für seine finanzielle Beteiligung an dem derzeit laufenden dritten Hilfsprogramm gemacht, was wiederum die Grundlage für die Zustimmung einiger Eurostaaten (darunter Deutschland) war.

Allerdings wird die griechische Regierung im Gegenzug für diese Erleichterungen sich einem Kathimerini-Bericht zufolge wohl verpflichten müssen, auch nach Ende des dritten Programms neue Ausgabenkürzungen und Reformen durchzuführen. Offenbar wird außerdem von der Eurogruppe gefordert werden, dass die Tsipras-Regierung bereits vor der Auszahlung der nächsten Tranche weitere Deregulierungen auf dem Arbeitsmarkt durchsetzt.

Europas Sozialdemokraten und Gewerkschaften wollen mit einer neuen Initiative populistischen Bewegungen Einhalt gebieten. Der unter anderem vom deutschen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und dem österreichischen Kanzler Christian Kern in Wien vorgestellte „Europäische Pakt für sozialen Fortschritt“ fordert beispielsweise eine Ausweitung der öffentlichen Investitionen, einen stärkeren Kampf gegen Steuerbetrug und neue Regeln gegen Lohn- und Sozialdumping.

In den meisten EU-Ländern sind die durchschnittlichen Arbeitslöhne im Jahr 2015 stärker gestiegen als die Preise. Auch 2016 dürften die Beschäftigten in fast allen EU-Staaten im Mittel real mehr Geld in der Tasche haben. Dies zeigt der neueste Tarifbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die Gründe für die Reallohnanstiege liegen laut WSI aber nicht in einer kräftigen Lohnentwicklung, sondern vor allem in der extrem niedrigen und 2015 in elf Ländern sogar deflationären Entwicklung der Verbraucherpreise. Seit der Finanzkrise sind die Reallöhne in Osteuropa am stärksten gestiegen, Deutschland liegt mit einem Plus von 9,6% auf Rang 8.

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Die EU-Kommission hat ein umfangreiches Paket mit Gesetzesvorhaben und weiteren Vorschlägen veröffentlicht, mittels derer die EU-Klimaziele bis zum Jahr 2030 erreicht werden sollen. Zu den wichtigsten Elementen des über 1000-seitigen „Winterpakets“ zählen verbindliche Energieeffizienz-Ziele, ein Ausbau der erneuerbaren Energien und eine Verbesserung des Wettbewerbs auf dem Strommarkt.

Zudem veröffentliche die EU-Kommission eine Evaluation ihrer „Investitionsoffensive“ (a.k.a. „Juncker-Plan“). Diese habe zu einem „nachhaltigen Anstieg der Investitionen“ in den EU-Staaten geführt. Daher unterstrich die Kommission ihren Vorschlag, den im Zentrum der Initiative stehenden Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) aufzustocken und zu verlängern.

Die Arbeitslosenquote in der Eurozone ist auf den tiefsten Stand seit sieben Jahren gefallen. Im Oktober lag sie bei 9,8%. Insgesamt waren 15,91 Millionen Menschen ohne Arbeit, das sind 1,1 Millionen weniger als im Vorjahresmonat.

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Die Euro-Inflationsrate ist erneut leicht gestiegen. Im November erhöhten sich die Verbraucherpreise um 0,6% gegenüber dem Vorjahresmonat.

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Am Sonntag entscheiden die italienischen Wähler in einem Referendum über die Annahme einer Verfassungsreform (hier mehr dazu). Im Vorfeld der Abstimmung sind die Nettoverbindlichkeiten des Landes im Target-2-Zahlungssystem auf den neuen Rekordstand von 355,5 Milliarden Euro gestiegen. Durch das Target-2-System wird der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr innerhalb des Eurosystems abgewickelt. Verbindlichkeiten in der Bilanz eines Landes entstehen, wenn Banken mehr Geld ins Ausland überweisen als ihnen zufließt (eine lesenswerte Analyse zu diesen Entwicklungen finden Sie unter anderem hier).

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Quelle: Euro Crisis Monitor der Universität Osnabrück

Laut dem neuesten Bankenstresstest der Bank of England (BoE) haben die britischen Banken zuletzt ihre Schockresistenz verbessern können. Lediglich die seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Royal Bank of Scotland (RBS) fiel beim Stresstest durch. Eine Kapitalerhöhung braucht die Bank aber wahrscheinlich nicht, da die RBS mit der Zentralbank bereits Maßnahmen wie etwa den Verkauf von notleidenden Krediten vereinbart hat.

 

USA

Donald Trump hat eine weitere wichtige Personalentscheidung getroffen: Steven Mnuchin wird US-Finanzminister werden. Mnuchin hatte zuvor unter anderem 17 Jahre lang für die Investmentbank Goldman Sachs gearbeitet. Ihm wird jetzt die Aufgabe zukommen, Trumps Steuerreform und die Infrastruktur-Investitionsoffensive auszuarbeiten.

Die US-Arbeitslosenquote ist im November deutlich gesunken. Sie liegt jetzt bei 4,6% (Oktober: 4,9%). Insgesamt wurden 178.000 neue Stellen geschaffen.

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Die US-Wirtschaft ist im 3. Quartal stärker gewachsen als zunächst gemeldet worden war. Laut Angaben des US-Handelsministeriums lag die annualisierte Wachstumsrate bei 3,2%, die erste Schätzung war lediglich von 2,9% ausgegangen.

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China

Einem Bericht der in Hong Kong herausgegebenen South China Morning Post zufolge plant die chinesische Regierung, Auslandsinvestitionen von chinesischen Unternehmen zu untersagen, wenn diese größer als zehn Milliarden US-Dollar sind. Die chinesische Zentralbank informierte zudem Anfang der Woche die Banken, dass künftig alle Zahlungen ins Ausland von mehr als fünf Millionen Dollar der Devisenaufsicht vorlegt werden müssen. Durch die Maßnahmen will die Regierung die anhaltenden Kapitalabflüsse und die Abwertung der Landeswährung bremsen.

 

Finanzmärkte

Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht konnte bei seinem Treffen in Santiago de Chile keine abschließende Einigung im Streit um die Festlegung von neuen Kapitalregeln für Banken erzielen. Knackpunkt bei dem auch als „Basel IV“ bezeichneten Regelwerk ist vor allem, inwiefern Banken interne Modelle einsetzen dürfen, um das nötige Eigenkapital zu berechnen. Die USA wollen den Einsatz dieser Modelle begrenzen, während einige deutsche und europäische Institute fürchten, dass ihre Kapitalanforderungen dadurch deutlich steigen könnten.

 

Weltwirtschaft

Die Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec) hat sich erstmals seit 2008 wieder auf eine Kürzung der Ölförderung geeinigt. Das Kartell bestätigte damit eine Grundsatzeinigung aus dem September. In den kommenden sechs Monaten will die Opec 1,2 Millionen Barrel pro Tag weniger produzieren. Das neue Förderlimit soll bei 32,5 Millionen Barrel täglich liegen. Auch Russland, das nicht Mitglied der Opec ist, kündigte an, seine Förderung zu drosseln. Die Ölpreise stiegen gegenüber der Vorwoche um über 10% an.

Preise in US-Dollar pro Barrel. Quelle: finanzen.net, Stand: 03.12.16

Die OECD hat ihren neuen Global Economic Outlook vorgestellt. Die Organisation rechnet damit, dass die weltweite Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 2,9% wachsen wird, für 2017 und 2018 werden 3,3 und 3,6% erwartet. Außerdem empfiehlt die OECD einigen Staaten, darunter auch Deutschland, eine expansivere Fiskalpolitik zu betreiben.

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Quelle: OECD

 

Transfermarkt

Der deutsch-amerikanische Ökonom Tobias Adrian wird ab Januar die Kapitalmarkt-Abteilung des IWF leiten. Er tritt die Nachfolge des früheren spanischen Notenbankers Jose Viñals an. Adrian ist derzeit als Chef-Volkswirt der Federal Reserve Bank von New York tätig und hat unter anderem an der Goethe-Universität in Frankfurt studiert.

Agustín Carstens wird ab Oktober 2017 neuer Generaldirektor bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Der aktuelle Chef der mexikanischen Notenbank löst dann Jaime Caruana ab, der seit 2009 an der Spitze der auch als „Zentralbank der Zentralbanken“ bekannten BIZ stand.