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Und wir sparen uns den Einheitsboom munter weiter weg …

Auch 2016 haben die öffentlichen Haushalte in Deutschland erneut zu wenig für den Erhalt der Infrastruktur ausgegeben – die Ära der Schwarzen Null hinterlässt also weiterhin in Form von Schlaglöchern und verfallenden Schulen und Schwimmbädern ihre Spuren am deutschen Kapitalstock.

Das Statistische Bundesamt hat am Montag die Zahlen zu den Investitionen in Deutschland für das Jahr 2016 veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass die öffentlichen Haushalte in Deutschland vergangenes Jahr unterm Strich 6,5 Milliarden Euro zu wenig für den Erhalt der Infrastruktur ausgegeben haben. Also viel zu wenig, um Straßen, Brücken oder Schulgebäude zu erhalten.

Der folgende Chart zeigt die Nettoanlageinvestitionen der öffentlichen Haushalte in Deutschland in die Infrastruktur. Netto bedeutet, dass wir hier die Ausgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden ohne Abschreibungen betrachten – der Chart zeigt also, was tatsächlich neu investiert wurde und nicht nur dem Werterhalt diente. Die blaue Fläche zeigt die kumulierten Nettoanlageinvestitionen seit 1991 an, die lila Balken stehen für die einzelnen Jahre.

Von 1991 bis 2002 hatten die öffentlichen Haushalte eine Summe von 65,7 Milliarden Euro in die Infrastruktur (d.h. Nichtwohnbauten) investiert. Seitdem sind die Nettoanlageinvestitionen in die Infrastruktur aber jedes Jahr negativ ausgefallen. Das heißt: Seit 2003 geben die öffentlichen Haushalte – vor allem die Kommunen – unterm Strich weniger für den Werterhalt von Straßen, Brücken, Schulgebäuden usw. aus als notwendig wäre. Die Infrastruktur in Deutschland wird seit 2003 wertmäßig nicht mehr vollständig erhalten. Es tritt also buchhalterisch (und natürlich längst auch in der Realität) ein Verschleiß auf, der sich mittlerweile auf 75 Milliarden Euro summiert.

Deutschland hatte es also bereits zum Jahresende 2015 geschafft, sich seinen Einheitsboom komplett weg zu sparen. Und im letzten Jahr haben wir an diese Entwicklung nahtlos angeknüpft – die Ära der Schwarzen Null hinterlässt also weiterhin in Form von Schlaglöchern und verfallenden Schulen und Schwimmbädern ihre Spuren am deutschen Kapitalstock.

Wie ich an dieser Stelle bereits vor einigen Monaten geschrieben habe, werden wir aber wohl erst auf den dringend notwendigen Generationenwechsel im Bundesfinanzministerium warten müssen, bis endlich Vernunft in die deutsche Wirtschaftspolitik einkehrt. Immerhin scheint ein solcher Kurswechsel durch die überraschende Wiederauferstehung der SPD inzwischen nicht mehr komplett undenkbar zu sein.

 

Zum Autor:

André Kühnlenz ist Redakteur bei der Finanz und Wirtschaft. Außerdem bloggt er auf weitwinkelsubjektiv.com.