Monitor

Die Zentralbanken kommen ihren Inflationszielen näher

In vielen Volkswirtschaften haben sich die Preissteigerungsraten in den letzten drei Monaten den von den Währungshütern gesteckten Zielmarken angenähert. Insgesamt treffen derzeit aber nur vier der 26 wichtigsten Zentralbanken ihre Inflationsziele halbwegs präzise.

Draghi, Yellen und Co. bei der Arbeit. Foto: Irish Defence Forces via Flickr (CC BY 2.0)

Das Primärziel der allermeisten Zentralbanken besteht darin, „Preisstabilität“ zu gewährleisten. Darunter versteht man in der Regel das Ansteuern eines bestimmten Zielwertes, den die Inflationsrate in einer Volkswirtschaft erreichen soll.

Bei welcher Inflationsrate diese Preisstabilität tatsächlich erreicht wird, ist wiederum keinesfalls eindeutig. Die meisten westlichen Zentralbanken haben sich ein Inflationsziel von 2% gesetzt. Andere Zentralbanken geben neben der Zielmarke auch einen Toleranzbereich an, in dem sich die Inflationsrate bewegen kann. Manche Notenbanken, wie z. B. die südafrikanische Zentralbank, verwenden auch nur ein Zielband, innerhalb dessen die Inflationsrate schwanken soll.

Im Makronom zeigen wir einmal pro Quartal, wie (un-)präzise die 26 wichtigsten Zentralbanken ihre Inflationsziele treffen. Den Monitor haben wir erstmals im Januar veröffentlicht. Seitdem haben wir die Methodik etwas angepasst: Um das Gewicht eventueller Ausreißer zu reduzieren, verwenden wir jetzt nicht mehr die Inflationsrate des letzten verfügbaren Monats, sondern bilden den Durchschnitt der letzten drei Monate ab.

Die Ergebnisse der aktuellen Auswertung zeigen, dass insgesamt zwölf der 26 Zentralbanken ihren Inflationszielen in den letzten drei Monaten nähergekommen sind. Die größten Fortschritte hat die russische Notenbank gemacht: Die durchschnittliche Inflationsrate in Russland ist von 14,5% im 4. Quartal 2015 auf inzwischen 8,4% gefallen. In sechs Ländern hat sich die Inflationsrate vom angepeilten Zielwert weg bewegt. Acht Zentralbanken – darunter auch die EZB – sind ihrem Ziel weder sonderlich nähergekommen, noch haben sie sich weiter von ihm entfernt.

Zentralbanken_Inflationsziele_Inflationsraten_Inflation Targeting
„Inflation April 2016“ entspricht den Mittelwerten der Inflationsraten im Vergleich zum Vorjahresmonat für Januar bis März, „Inflation Januar 2016“ denen von Oktober bis Dezember.  * Inflationsraten für Australien und Neuseeland werden auf Quartalsbasis gemeldet. **Die russische Inflationsrate lag zwischen Oktober und Dezember 2015 bei durchschnittlich über 14% und wurde aus optischen Gründen im Chart bei 11% markiert. Das russische Inflationsziel gilt für 2017. Quellen: centralbanknews.info, OECD, nationale Statistikbehörden, tradingeconomics.com, Makronom. Stand: 27.4.2016.

Der Chart zeigt, dass es trotz der in den letzten Monaten erzielten Fortschritte derzeit nur sehr wenigen Zentralbanken gelingt, ihre Inflationsziele zu treffen. Lediglich fünf von ihnen – nämlich die Zentralbanken Kanadas, Mexikos und Indonesiens sowie mit Abstrichen auch die Islands– liegen nahe bei ihrem Zielwert bzw. innerhalb ihres Zielbands. Auffällig ist auch, dass Norwegen die einzige Industrienation ist, die derzeit eine Inflation oberhalb des Zentralbankziels verzeichnet.

Disclaimer: (Mittelfristige) Inflationserwartungen und unterschiedliche Prioritäten

Man muss allerdings erwähnen, dass der Monitor eine Schwachstelle hat: Er zeigt immer die jeweils aktuellste Inflationsrate an, wogegen viele Zentralbanken (wie z. B. die EZB) die gesteckten Inflationsziele „mittelfristig“ anpeilen. Das bedeutet, dass sie ihre Geldpolitik eher an den Inflationserwartungen, als an der aktuellen Inflationsrate orientieren. Wenn also eine Inflationsrate momentan nahe am Zielwert liegt, könnte sich eine Zentralbank dennoch zum Handeln gezwungen sehen, wenn die Inflationserwartungen eine deutliche Abweichung von diesem Ziel signalisieren.

Geldpolitik ist immer auch eine Frage von Prioritäten

Außerdem sollte berücksichtigt werden, dass selbst eine Punktlandung bei der Inflationsrate nicht zwangsläufig etwas über die Qualität der jeweiligen Geldpolitik aussagt. Es ist nämlich keinesfalls ausgemachte Sache, dass eine Zentralbank, die ihr Inflationsziel perfekt trifft, auch die richtige Geldpolitik für die betroffene Volkswirtschaft macht. So kann man trefflich darüber streiten, ob beispielswese eine Straffung der Geldpolitik unter dem Primat der Preiswertstabilität auch dann richtig ist, wenn das Wachstum (zu) stark gebremst wird und zu einer ansteigenden Arbeitslosigkeit führt – Geldpolitik ist eben immer auch eine Frage von Prioritäten. Auch gibt es zahlreiche Diskussionen darüber, ob die gesteckten Inflationsziele überhaupt angemessen sind oder sie nicht vielleicht höher oder niedriger sein sollten.