Weltbank-Schätzungen

Wie hoch sind die wirtschaftlichen Schäden des syrischen Bürgerkriegs?

Seit fünf Jahren herrscht in Syrien Bürgerkrieg. Erste Schätzungen der Weltbank geben einen erschütternden Eindruck vom Ausmaß der Zerstörung.

Screenshot aus einem Video, dass die Zerstörungen in Homs zeigen soll.

Seit mittlerweile fünf Jahren herrscht in Syrien Bürgerkrieg. Die Kämpfe zwischen der Assad-Regierung und den verschiedenen Oppositionsgruppen haben eine humanitäre Katastrophe verursacht, die jenseits aller Vorstellungskraft liegt. Mehr als 250.000 Menschen sind seit Kriegsbeginn getötet worden, mindestens 4,5 Millionen Menschen sind laut Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR aus dem Land geflohen. Ein Ende des Bürgerkrieges ist derzeit kaum absehbar. Doch selbst wenn es irgendwann dazu kommen sollte, wird es noch Jahre wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern, das zerstörte Land wiederaufzubauen.

Erste Schätzungen, wie groß die wirtschaftlichen Schäden des Bürgerkrieges bereits jetzt sind, hat die Weltbank in ihrem jüngsten MENA-Vierteljahresbericht veröffentlicht. Die Schätzungen basieren auf Ende 2014 erhobenen Daten. Es ist davon auszugehen, dass die Schadenssummen inzwischen noch um ein Vielfaches höher liegen, da der Krieg im letzten Jahr weiter eskaliert ist. Außerdem beziehen sich die Berechnungen weitestgehend nur auf sechs größere syrische Städte, die Hauptstadt Damaskus ist nicht darunter.

Die Weltbank rechnet damit, dass sich allein die Schäden in Aleppo, Homs, Hama, Dar’a, Idlib und Latakia auf 3,6 bis 4,5 Milliarden US-Dollar belaufen. Zum Vergleich: Laut Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) belief sich das gesamt syrische Bruttoinlandsprodukt 2010 – dem letzten Jahr, für das valide Daten vorliegen – auf 60 Milliarden US-Dollar. Seitdem dürfte das syrische BIP drastisch geschrumpft sein, wenn man überhaupt noch von „Wirtschaftsleistung“ sprechen kann. Allein die Zerstörungen in den sechs betrachteten Städten machen also selbst auf Basis von Zahlen aus den Vorkriegsjahren fast ein Zehntel der syrischen Wirtschaftsleistung aus.

Allein 65% der von der Weltbank für die sechs Städte geschätzten Schadenssumme entfallen dabei auf zerstörte Wohnhäuser. Auch die Gesundheitsversorgung befindet sich in einem katastrophalen Zustand. Ein Drittel aller Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser oder Apotheken sind beschädigt. Die Weltbank schätzt, dass zwei Drittel aller Syrer Wasser aus Quellen mit „mittlerem bis hohem Risiko“ beziehen. Laut UN-Schätzungen wurden zuletzt zusätzlich rund 1,4 Millionen Menschen von der Wasserversorgung durch einen Luftangriff auf die Wasseraufbereitungsanlage in Aleppo abgeschnitten. Von den über 1.400 Bildungseinrichtungen in den sechs Städten sollen knapp 15% beschädigt sein. Im gesamten Land werden laut Weltbank inzwischen fast ein Fünftel der Schulen als Unterkünfte für Flüchtlinge genutzt. Die Hälfte aller syrischen Kinder im schulfähigem Alter waren nicht in der Lage, eine Bildungseinrichtung zu besuchen.

Die Weltbank rechnet übrigens damit, dass Aleppo die am schwersten zerstörte Stadt ist (wie gesagt, die Schätzungen beziehen sich auf Daten aus dem Jahr 2014). Kaum vorstellbar, wenn man dieses Video sieht, dass vor einigen Tagen im Internet veröffentlicht wurde. Es soll die Zerstörungen in der Stadt Homs zeigen und aus dem Januar diesen Jahres stammen.

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Die wirtschaftlichen Folgen des Krieges sind auch keineswegs auf Syrien begrenzt – laut Weltbank trifft der Bürgerkrieg auch die angrenzenden Staaten schwer. Die wirtschaftliche Entwicklung in der gesamten Region sei durch den Krieg insgesamt um mindestens 35 Milliarden US-Dollar zurückgeworfen worden, so die Weltbank.