Corona-Krise

Wie eine Finanzkrise in Entwicklungs- und Schwellenländern verhindert werden kann

Seit Ende Januar haben Investoren rund 80 Milliarden US-Dollar aus dem Globalen Süden abgezogen – es ist der größte Kapitalabfluss aller Zeiten. Und die Gefahr ist groß, dass die zu befürchtende humanitäre Covid-19-Katastrophe noch durch eine gewaltige Finanzkrise verschlimmert wird. Ein Beitrag von Ulrich Volz.

Die Coronavirus-Pandemie hat dramatische Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Die Unterbrechung globaler Wertschöpfungsketten, ein massiver Nachfrageeinbruch und die Schließung vieler Grenzen dürfte zu einem erheblichen Rückgang des Welthandels führen. Die sozialen und ökonomischen Folgen sind derzeit kaum absehbar. Schon jetzt beobachten wir Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten: Erhöhte Unsicherheit und eine wachsende Furcht vor einer langanhaltenden, globalen Rezession, in Kombination mit dem aktuellen Ölpreiskrieg, haben zu dramatischen Kurseinbrüchen und extremer Volatilität an den Aktien- und Währungsmärkten geführt.

Diese Turbulenzen an den Finanzmärkten der großen Volkswirtschaften haben auch zu einem massiven Kapitalabzug aus Schwellen- und Entwicklungsländern geführt. Laut dem Institute for International Finance haben Investoren seit Ende Januar etwa 80 Milliarden US-Dollar aus dem Globalen Süden abgezogen – der größte Kapitalabfluss aller Zeiten!

Die Coronavirus-Krise hat das Potenzial, eine große Finanz- und Schuldenkrise in den Entwicklungs- und Schwellenländern auszulösen

Viele Entwicklungs- und Schwellenländer sind mit schwerwiegenden Schulden- und Liquiditätsproblemen konfrontiert. Bereits im vergangenen Jahr haben die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) etwa die Hälfte der einkommensschwachen Länder als hoch verschuldet und „mit einem hohen Risiko für Auslandsschulden oder Schuldenprobleme“ eingestuft. In seinem Global Financial Stability Report vom Oktober 2019 warnte der IWF vor einem übermäßigen Aufbau öffentlicher und privater Schulden in vielen Schwellenländern und sogenannten „Frontier Markets”, was erhebliche Risiken für Anschlussfinanzierungen und Schuldentragfähigkeit bedeutet. In vielen Ländern steht die Rückzahlung von Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit an, und für viele von ihnen wird es schwierig, wenn nicht unmöglich unter den gegenwärtigen Marktbedingungen neue Kredite aufzunehmen.

Für Banken und Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern wird es noch schwieriger sein, eine neue Finanzierung auf den internationalen Kapitalmärkten zu bekommen. Die resultierenden Liquiditätsengpässe werden zu weiteren Verwerfungen auf den Finanzmärkten führen, was wiederum das Risikoprofil der Staaten verschlechtern könnte. Die Probleme dürften zudem durch einen Rückgang der Rohstoffpreise verschärft werden. Für viele Entwicklungs- und Schwellenländer würde das einen Einbruch einer wichtigen Fremdwährungsquelle bedeuten. Kurzum: Die Coronavirus-Krise hat das Potenzial, eine große Finanz- und Schuldenkrise in den Entwicklungs- und Schwellenländern auszulösen.

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