Wochenrückblick

Was diese Woche wichtig war

Gestresste Banken, eine erneute Kehrtwende der EU-Kommission und ein vernichtendes Zeugnis für Donald Trump – die wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der Woche kompakt zusammengefasst.

Deutschland

Laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren im Juli 2,61 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Das sind 47.000 mehr als im Vormonat und 112.000 weniger als im Juli 2015. Die Arbeitslosenquote liegt bei 6,0% (Juni: 5,9%). Die Zahl der Unterbeschäftigten stieg gegenüber dem Vormonat um 45.000, gegenüber dem Vorjahresmonat sank sie um 12.000. Die Unterbeschäftigung ist aussagekräftiger als die offizielle Arbeitslosenzahl, weil hier auch Menschen erfasst werden, die sich in Maßnahmen befinden oder zum Zeitpunkt der Erhebung krankgeschrieben waren. Die Zahl der Erwerbstätigen betrug laut Statistischem Bundesamt (Destatis) im Juni 43,5 Millionen, das sind 1,2% mehr als vor einem Jahr.

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Quellen: Destatis, Bundesagentur für Arbeit

Allerdings dürfte sich nach den Sommermonaten die Lage am Arbeitsmarkt wieder verbessern. Darauf deutet zumindest der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit hin, der auf ein neues Rekordhoch gestiegen ist. Der Index beruht auf konkreten Stellengesuchen deutscher Unternehmen.

BAX
Quelle: Bundesagentur für Arbeit

Die Verbraucherpreise in Deutschland sind im Juli laut einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes voraussichtlich um 0,4 % gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Im Mai hatte die Inflation 0,3% betragen.

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Das Brexit-Votum hat zwei wichtige deutsche Frühindikatoren nur leicht absinken lassen. Der ifo-Geschäftsklimaindex gab um 0,4 auf jetzt 108,3 Punkte nach.

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Das von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ermittelte Konsumklima sank von 10,1 auf 10,0 Punkte.

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Die Tariflöhne in Deutschland werden laut Berechnungen des WSI-Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in diesem Jahr im Schnitt um 2,5% steigen. Am stärksten zulegen dürften die Bezüge in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Handel und im Baugewerbe.

WSI_Tarifsteigerungen_2016

Das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW) ist nach dreijähriger Pause wieder in den Gutachterkreis der Bundesregierung berufen worden. Der Kreis, dem auch das ifo-Institut, das DIW, das IWH und das RWI angehören, erstellt zwei Mal pro Jahr die sogenannte Gemeinschaftsdiagnose zur Entwicklung der deutschen Konjunktur. Das nächste Gutachten wird im Herbst veröffentlicht.

 

Eurozone und Europa

Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hat die Ergebnisse ihres neuesten Banken-Stresstests veröffentlicht. Demnach haben sich die 51 untersuchten europäischen Großbanken, die 70% der Bankaktiva in Europa ausmachen, als relativ robust erwiesen. Ihre Kernkapitalquote lag im Schnitt bei 13,2%. Im Stress-Szenario, dass eine Abschwächung der Konjunktur über einen Drei-Jahres-Zeitraum annimmt, würde diese auf durchschnittlich 9,4% sinken.

Als wichtige Marke gilt eine Kernkapitalquote von 7%, die das gesetzliche Kapital-Minimum für eine funktionsfähige Bank definiert. Diese Schwelle rissen im Stress-Szenarion fünf Banken: Die Monte dei Paschi di Siena (MBS), die irischen Banken AIB und Bank of Ireland, die spanische Banco Popular Espanol und die österreichische Raiffeisen-Landesbanken-Holding.

Kurz vor Bekanntwerden der Ergebnisse ist allerdings eine Lösung für die schwer angeschlagene Monte dei Paschi di Siena verkündet worden. Der MPS-Verwaltungsrat stimmte einem Rettungsplan zu, den die Bank mit der US-amerikanischen JP Morgan und der italienischen Mediobanca verhandelt hatte und der eine Kapitalerhöhung im Umfang von fünf Milliarden Euro beinhaltet. Zu den Geldgebern gehören neben JP Morgan und der Mediobanca auch Goldman Sachs, Santander, Citibank, Credit Suisse, die Deutsche Bank und die Bank of America. Zusätzlich zur Kapitalerhöhung soll ein Portfolio mit notleidenden Kredite im Umfang von knapp zehn Milliarden Euro verkauft werden. Die Europäische Zentralbank hat den Plänen bereits zugestimmt.

Das EU-Defizitverfahren ist um eine weitere Pointe reicher: Spanien und Portugal sollen nun doch keine Strafe für das Verfehlen der Haushaltsziele erhalten. Die EU-Kommission habe sich entschieden, den EU-Finanzministern einen Verzicht auf die Verhängung von Geldbußen und Kürzungen von Geldern aus dem EU-Strukturfonds zu empfehlen, so der für das Verfahren zuständige Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrovskis. Als Begründung für diesen Schritt nannte Dombrovskis die „schwierige wirtschaftliche und soziale Lage“ in den Ländern. Die Finanzminister müssen dieser Empfehlung noch zustimmen, was aber als sicher gilt. Verschiedenen Medienberichten zufolge soll auch Wolfgang Schäuble intensiv für die Straffreiheit geworben haben – der deutsche Finanzminister spricht sich seit Jahren für eine konsequente Einhaltung der EU-Regeln aus.

Das Brexit-Referendum hinterlässt weiter seine Spuren in der britischen Wirtschaft. Das britische Verbrauchervertrauen brach in der ersten turnusmäßigen Umfrage seit der Abstimmung so stark ein wie zuletzt vor 26 Jahren.

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Aufgrund dieser Zahlen dürfte es so gut wie sicher sein, dass die britische Wirtschaft im laufenden Quartal schrumpfen wird. Als Reaktion auf den Einbruch hat der neue Finanzminister Philip Hammond angekündigt, im Herbst eine „fiskalische Antwort“ zu geben, sprich: ein Konjunkturpaket zu verabschieden. Im 2. Quartal war das Bruttoinlandsprodukt noch um 2,2% gegenüber dem Vorjahresquartal gewachsen, wie das Office for National Statistics mitteilte.

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Die EU-Kommission hat Michel Barnier zum Verhandlungsführer der EU für die Gespräche mit Großbritannien über die Brexit-Konditionen bestimmt. Der Franzose war unter anderem zwischen 2010 und 2014 als EU-Binnenmarktkommissar tätig. Die neue britische Regierung hatte zuvor bereits David Davis zum Brexit-Minister ernannt. Die Verhandlungen werden allerdings erst offiziell beginnen, wenn Großbritannien nach Artikel 50 der EU-Verträge ein Austrittsgesuch an die EU richtet. Dies soll laut Davis nicht vor Ende des Jahres geschehen.

Bisher scheinen sich die Brexit-Ansteckungseffekte auf die Eurozone in Grenzen zu halten. In der Vorwoche hatten bereits die Einkaufsmanagerindizes nur unwesentlich unter dem Prä-Brexit-Level notiert. Der in dieser Woche von der EU-Kommission veröffentlichte Economic Sentiment Indikator (ESI) stieg im Juli gegenüber dem Vormonat sogar leicht an.

ESI
Quelle: EU-Kommission

Das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone ist laut ersten Eurostat-Schätzungen im 2. Quartal um 1,6% gegenüber dem Vorjahresquartal gestiegen. Im Vergleich zum 1. Quartal 2016 entspricht dies einem Wachstum von 0,3%.

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Die Euro-Inflationsrate ist im Juli leicht gestiegen. Sie liegt jetzt bei 0,2% (Juni: 0,1%).

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Die Arbeitslosenquote in der Eurozone lag im Juni wie schon im Vormonat bei 10,1%. Insgesamt waren 16,27 Millionen Menschen ohne Job.

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Der Internationale Währungsfonds (IWF) musste sich erneut aus den eigenen Reihen Kritik an seiner Rolle in der Eurokrise anhören. Das Independent Evaluation Office (IEO), eine innerhalb des IWF formal unabhängig agierende Prüfinstanz, veröffentlichte einen Bericht, der zu dem Schluss kommt, dass der Fonds seine Regeln zur Kreditvergabe zugunsten Griechenlands ohne gewissenhafte Prüfung angepasst habe. Zudem habe der IWF zu Beginn der Krise im Jahr 2010 nicht konsequent auf einen Schuldenschnitt gedrungen und zu optimistische Wachstumsprognosen vorgelegt. Das IEO rügt auch die starke politische Einflussnahme seitens der EU-Partner auf die Mitarbeiter des Währungsfonds.

 

USA

Hillary Clinton ist nun auch offiziell zur demokratischen Kandidatin für die Präsidentschaftswahl im November nominiert worden. Zuvor hatten die Republikaner bereits Donald Trump gekürt. Abseits der gewohnt schmierig-kitschigen und weitgehend inhaltsbefreiten Parteitage gab es aber auch zumindest eine spannende ökonomische Analyse. Der Thinktank Committee for a Responsible Federal Budget hat eine Prognose vorgelegt, die sich mit den Folgen der bisher bekannten Wahlprogramme beschäftigt. Demnach würde sich Clintons Pläne nicht großartig auf die US-Staatsschuldenquote auswirken – während die Schulden bei Anwendung von Trumps Konzepten explodieren würden.

Debt under candidates proposals
Quelle: CRFB

Die Federal Reserve hat erneut auf eine Zinsanhebung verzichtet. Das von der US-Notenbank veröffentlichte Statement lies keine konkreten Rückschlüsse darauf zu, ob es bei der nächsten Sitzung im September zu einer Straffung der Geldpolitik kommen wird. Allerdings stiegen die auf Marktdaten basierenden Wahrscheinlichkeiten für eine Zinserhöhung nach der Bekanntgabe der Entscheidung an.

Angesichts der neuesten Konjunkturdaten scheint die abwartende Haltung der Fed durchaus begründet: Das Wirtschaftswachstum in den USA hat sich zuletzt weiter abgeschwächt. Das Bruttoinlandsprodukt ist im 2. Quartal nur um 1,2% gegenüber dem Vorjahresquartal gewachsen.

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In US-Finanzkreisen sorgt derzeit eine neue Studie zur Lehman Brothers-Pleite für Aufsehen. In dem über 200-seitigen Paper „The Fed and Lehman Brothers“ vertritt der Wirtschaftsprofessor Laurence Ball die These, dass eine Rettung der Bank juristisch möglich gewesen sein, weil sie noch als „solvent“ hätte eingestuft werden können. Demnach war der Verzicht auf eine staatliche Rettungsaktion vor allem durch politische Überlegungen und eine Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Folgen motiviert. Führende ehemalige Vertreter der US-Notenbank und der US-Regierung hatten mehrfach betont, dass sie Lehman nicht hätten verhindern können, weil es der Fed aufgrund der Gesetzeslage verboten gewesen sei, ein insolventes Institut zu retten.

 

Türkei

Die Lage an den türkischen Finanzmärkten hat sich nach dem Putschversuch vor zwei Wochen etwas stabilisiert.

Veränderungen gegenüber dem 14.7.16 in %. *gemessen anhand einer Staatsanleihe mit einer 10,2-jährigen Restlaufzeit (WKN: A18YUK). Quellen: finanzen.net, investing.com, comdirekt.de, eigene Berechnungen, Stand: 29.7.16, 15:30 Uhr

Bereits vor dem Putschversuch litt insbesondere der türkische Tourismussektor unter der Terrorwelle der vergangenen Monate. Im Juni registrierte das Land gerade einmal 2,44 Millionen Besucher – das sind rund 41% weniger als noch vor einem Jahr.

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Japan

Japans Premierminister Shinzo Abe hat seine Pläne für das neue Konjunkturpaket konkretisiert. Das Programm soll ein Volumen von umgerechnet 240 Milliarden Euro haben, was etwa 6% der japanischen Wirtschaftsleistung entspricht.

Unterstützung erhält Abe weiterhin von der Bank of Japan (BoJ). Die japanische Notenbank beschloss eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik. Die Notenbank erhöhte das jährliche Ankaufvolumen für börsengehandelte Indexfonds (ETF) von bislang 3,3 auf 6 Billionen Yen. Außerdem verdoppelte die BoJ ihr Dollar-Leihe-Programm von zwölf auf 24 Milliarden US-Dollar.

Schwellen- und Entwicklungsländer

Ägypten hat beim Internationalen Währungsfonds (IMF) einen Antrag auf Kredithilfe gestellt. Eine IWF-Delegation soll in Kürze nach Kairo reisen, um die Details des Programms zu verhandeln. Das Volumen des Hilfskredits ist noch nicht klar, verschiedene Medien berichten von sieben, andere wiederum von um die 20 Milliarden US-Dollar.

Afghanistan ist in die Welthandelsorganisation (WTO) aufgenommen wurden. Die Aufnahme des kriegsgebeutelten Landes wurde vollzogen, nachdem das Oberhaus des afghanischen Parlaments die letzten erforderlichen Gesetze verabschiedet hatte. Damit sind jetzt insgesamt 164 Länder Mitglied der WTO.

 

Vermischtes

An diesem Wochenende wird die Feriendichte in Deutschland ihren Höhepunkt erreichen – dann haben alle deutschen Bundesländer für einige Tage gleichzeitig Sommerferien (in Bremen und Niedersachsen beginnt in der nächsten Woche das neue Schuljahr). Laut einer Studie des Tourismusanbieters L’Tur rechnen immer noch 44% der Deutschen im Urlaub die jeweiligen Preise in D-Mark um.