Am 30. November 2015 hat der Internationale Währungsfonds (IWF) entschieden, die chinesische Währung Renminbi (RMB) in den elitären Korb von Reservewährungen aufzunehmen, die den Wert der sogenannten Sonderziehungsrechte (Special Drawing Rights, SDR) bestimmen. Der IWF nutzt die SDR, um die Währungsreserven seiner Mitgliedsstaaten zu unterstützen.
Obwohl in den Medien die Aufnahme des Renminbi als gigantischer Schritt für Chinas internationales wirtschaftliches Ansehen beworben wurde, übertrifft die Symbolwirkung bei weitem die tatsächliche Bedeutung der Entscheidung.
Es gibt zwei Kriterien für die Aufnahme in den Währungskorb. Als erstes muss ein Land ein wichtiges Handelsland („major trading country“) sein. In diesem Punkt qualifiziert sich China definitiv: Seine Exporte übertreffen bereits die der USA. Das zweite Kriterium sieht vor, dass eine Währung „frei handelbar“ sein muss („freedom of use“). Jede SDR-Währung sollte auf breiter Basis für die Abwicklung von internationalen Transaktionen genutzt und in den Haupt-Devisenmärkten gehandelt werden können.
Anstatt zu behaupten, dass der Renminbi eine frei handelbare Währung geworden wäre, scheint die IWF-Entscheidung schlicht von der Hoffnung getrieben zu sein, China darauf zu verpflichten, seine Finanzmarkt-Liberalisierung weiter zu beschleunigen.
Chinas Position im IWF hat sich nicht verändert
Es gibt einige Missverständnisse, die sich um den neuen Status des Renminbi und Chinas Rolle im IWF drehen. Die Aufnahme des Renminbi hat nichts mit der SDR-Quote und den daraus resultierenden Stimmrechten im IWF zu tun.
Dem Renminbi wurde im SDR-Korb ein Gewicht von 10,9% eingeräumt, das ist höher als das des japanischen Yen und des britischen Pfund. Aber Chinas SDR-Quote liegt immer noch nur bei 4%, bei einem Stimmenanteil von 3,8%. Zum Vergleich: Die USA haben mit 17,7% die höchste Quote und einen Stimmenanteil von 16,7%, gefolgt von Japan mit einer 6,6%-Quote und einem Stimmenanteil von 6,2%, dann kommt Deutschland mit 6,1 bzw. 5,8%. Frankreich und Großbritannien haben jeweils eine Quote von 4,5% bei einem Stimmenanteil von 4,3%.
Als ersten Schritt, um den Wettbewerb auf dem heimischen Markt fördern, hatte China im Sommer 2015 seinen Einlagensatz liberalisiert. Aber es ist noch viel mehr Deregulierung der Finanzmärkte und -Institutionen nötig, bis Chinas Währung als so frei handelbar angesehen werden kann wie die, die sich bereits im SDR-Korb befinden.
Die IWF-Entscheidung könnte China etwas Hebelkraft bei seiner auf Yuan lautenden ausländischen Kreditvergabe geben. Sie könnte Chinas Fähigkeit erhöhen, Kredite für die Asiatische Investitionsbank (AIB) zu erleichtern oder finanzielle Nothilfen für andere Regierungen anzubieten. Aber die Aufnahme des Renminbi in den SDR-Korb wird wohl nicht das Portfolio-Management von Fremdwährungsreserven von Zentralbanken beeinflussen. Das hängt davon ab, ob die versprochene Überholung von Chinas Finanzsystem tatsächlich zustande kommt.
Vor dem Hintergrund der Zinserhöhung durch die US-Notenbank am 17. Dezember und dem in China vorgenommenen Quantitative Easing-Programm ist eine Abwertung des Renminbi unvermeidbar. Die erwartete Abwertung könnte die Motivation vieler Zentralbanker schwächen, die Renminbi-Bestände in ihren Fremdwährungsreserven zu erhöhen. Ob die weltweite Nachfrage nach Renminbi-Beständen steigt oder fällt, ist somit derzeit noch unklar.
Die langfristigen Chancen für den Renminbi, eine Weltwährung zu werden, hängt neben anderen Faktoren vom Ausmaß von Chinas finanzieller Vertiefung und der Lockerung der Finanzmarktregulierung ab.
China steht vor einem Trilemma
Wenn China seine Kapitalflüsse weiter liberalisiert, wird es auf das Trilemma der internationalen Finanzen stoßen, dass Gregory Mankiw als „impossible trinity“ beschrieben hat. Grundsätzlich kann jedes Land auf der Welt zwei der drei folgenden Ziele für seine Politik haben: Freien Kapitalverkehr, einen festen Wechselkurs oder geldpolitische Autonomie. Alle drei zusammen sind unmöglich. Die meisten OECD-Länder haben sich für die geldpolitische Autonomie und freien Kapitalverkehr entschieden, und haben dafür ein System flexibler Wechselkurse.
Wenn China seine Kapitalbilanz liberalisiert und freien Kapitalverkehr erlaubt, wie es das „freedom of use“-Kriterium des IWF bestimmt, dann würde sein System der kontrolliert flexiblen Wechselkurse ständig geprüft werden. China hätte gerne nach der Liberalisierung seiner Kapitalbilanz weiterhin geldpolitische Autonomie. Damit bliebe China als einzige Option, ein System flexibler Wechselkurse zuzulassen.
Die chinesische Zentralbank ist derzeit alles andere als unabhängig. Die People´s Bank of China (PBoC) muss sich vor einer Zinsveränderung, eigentlich ein Vorrecht jeder unabhängigen Zentralbank, die Genehmigung des Staatsrats holen. Und das Politbüro der Kommunistischen Partei muss jeder Veränderung der Wechselkurse zustimmen.
Wie weit Chinas Liberalisierung tatsächlich geht, ist ungewiss. Der frühere Premierminister Zhu Rongji nutzte die Beitrittskriterien der Welthandelsorganisation WTO, um Wirtschaftsreformen durchzusetzen, mit denen China der WTO 2001 beitreten konnte. Wird PBoC-Chef Zhou Xiaochuan auf ähnliche Art und Weise dazu in der Lage sein, den Status des Renminbi beim IWF zu nutzen, um im nächsten Jahrzehnt weitgehende Finanzmarkt-Reformen anzuschieben?
Wie reagiert die Kommunistische Partei?
Die ersten drei Jahrzehnte der wirtschaftlichen Reformen in China haben nicht die Legitimität oder den Führungsanspruch der Kommunistischen Partei gefährdet. Vielmehr war die KP trotz einer Verschlechterung des Arbeitsmarktes und der Erosion der Umweltstandards in der Lage, durch Wirtschaftswachstum und die Verbesserung des Lebensstandards ihren Machtanspruch zu rechtfertigen.
Eine Finanzreform unter der Aussicht eines langsamen Wachstums und eines stagnierenden Arbeitsmarktes wird unvermeidlich die Interessengruppen treffen, die mit der Führungsriege der KP eng verbunden sind. Die Herausforderung der finanziellen Liberalisierung in der nahen Zukunft ist wesentlich größer, als sie es in der Vergangenheit war.
Der politische Wille der chinesischen Führung wird erheblichen Einfluss auf das Ergebnis von Chinas Finanzreform haben. Eine solche Reform könnte zu erheblichen Machtkämpfen innerhalb der Kommunistischen Partei führen. Die IWF-Entscheidung könnte Chinas Finanzsystem dazu ermutigen, sich mit dem Gefüge der kapitalistischen Welt zu verbinden. Aber sie könnte auch zu einer Serie von unvorhersehbaren politischen Entwicklungen führen.
Zum Autor:
Peter Chow ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der City University of New York.
Hinweis:
Dieser Artikel wurde zuerst vom East Asia Forums (EAF) auf englisch veröffentlicht. Das EAF ist eine Plattform für Analyse und Forschung zu Politik, Wirtschaft, Unternehmen, Recht, Sicherheit, internationalen Beziehungen und zu gesellschaftlichen Fragen, mit einem Fokus auf die Asien-Pazifik-Region (mehr erfahren). Dieser Beitrag wurde von der Makronom-Redaktion ins Deutsche übersetzt und mit Zustimmung des East Asia Forums veröffentlicht.