Arbeitswelt

Warum die Gewerkschaften unabhängiger von der Sozialdemokratie werden sollten

Der politische Kontext, in dem Gewerkschaften agieren, hat sich dramatisch verändert. Daher sollten sie auch ihre politische Rolle überdenken. Ein Beitrag von Philip Rathgeb.

Bild: IG Metall Regensburg via Flickr (CC BY 2.0)

Die Wiederbelebung der Gewerkschaften sollte ein zentraler Bestandteil eines jeden linken Projekts sein. Warum das so ist, zeigen einige neuere Erkenntnisse der vergleichenden politischen Ökonomie auf. In ökonomischer Hinsicht haben stärkere Gewerkschaften dazu beigetragen, die Einkommensungleichheit zu verringern, sowohl am oberen Ende (Verringerung des Anteils der Superreichen) als auch am unteren Ende (Verringerung der Armut). Gleichzeitig haben sie prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Wohlfahrtsstandards verbessert, sowohl auf politischer als auch auf betrieblicher Ebene.

Starke Gewerkschaften verringern jedoch nicht nur die vertikale Ungleichheit zwischen Arm und Reich, sondern auch die horizontale Ungleichheit in Bezug auf Geschlecht und Ethnizität. Obwohl sie oft als weiße, männliche Organisationen dargestellt werden, die in schrumpfenden Produktionssektoren verwurzelt sind, sind es beispielsweise farbige Frauen, die im rassifizierten Kontext der Vereinigten Staaten am meisten von einer Gewerkschaftsmitgliedschaft profitieren können.

Auch in politischer Hinsicht sind Gewerkschaften wichtige Akteure. Gewerkschaftsmitglieder nehmen mit größerer Wahrscheinlichkeit an Wahlen teil, wählen tendenziell eher die politische Linke und haben eine höhere Präferenz für Umverteilung. In dem Maße, in dem die Gewerkschaften Mitglieder in den unteren Schichten verlieren, verlieren sie an Einfluss auf die Umverteilungspolitik. Zusammengefasst sind starke Gewerkschaften ein wirksames Gegengewicht gegen Ungleichheit, Rassismus und Sexismus, indem sie Wohlstand und damit Macht umverteilen.

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