Studie

Warum die Euro-Architektur die Gewerkschaften schwächt

Nicht nur in der Euro-Peripherie, sondern auch in manchen Kern-Staaten führten Regierungen gegen den Widerstand der Gewerkschaften liberalisierende Arbeitsmarktreformen durch. Die institutionelle Architektur der Eurozone spielte dabei eine erhebliche Rolle. Ein Beitrag von Philip Rathgeb und Arianna Tassinari.

Vor 10 Jahren übersetzte sich in den peripheren Staaten des Euroraums die internationale Finanzkrise in eine Staatsschuldenkrise. Länder wie Griechenland, Irland und Portugal verpflichteten sich daraufhin zu Sparpaketen und einer Liberalisierung ihrer Arbeitsmärkte im Gegenzug für die Gewährung von Finanzhilfen. Diese Form der Krisenpolitik wird „interne Abwertung“ genannt: Preise sollen durch Ausgaben- und Lohnkürzungen relativ zum Preisniveau anderer Länder sinken, um die preisliche Wettbewerbsfähigkeit und folglich die Handelsbilanz der Krisenländer zu verbessern. Angesichts der geldpolitischen Hoheit der EZB sollte also die Bearbeitung der Krise über die Abwertung der Löhne („intern“) und nicht über die Abwertung des nominalen Wechselkurses der Währung („extern“) stattfinden.

ArbeitnehmerInnen in der Peripherie der Eurozone mussten deshalb schmerzhafte Einschnitte hinnehmen. Um eine Senkung der Löhne und Preise zu stimulieren, haben sowohl rechte als auch linke Regierungsmehrheiten gegen den Widerstand der Gewerkschaften die Lohnverhandlungssysteme dezentralisiert, die Kündigungsschutzregelungen gelockert und die Arbeitslosenversicherungen beschnitten. Allerdings wurden nicht nur die Gewerkschaften der peripheren Staaten in der neuen institutionellen Architektur der Eurozone geschwächt. Schließlich betreffen die im Zuge der Eurokrise vereinbarten Fiskalregeln und Lohnüberwachungssysteme – auch „New Economic Governance“ genannt – den gesamten Euroraum (z.B.: Europäisches Semester 2010, „Six-Pack“ 2011, Fiskalpakt 2012).

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