Donald Trump oder Hillary Clinton? Am 8. November wählt die größte Volkswirtschaft der Welt ein neues Staatsoberhaupt. Bis dahin werten wir in unserem Wahlkampf-Monitor USA Umfrageergebnisse, Wettquoten und Finanzmarktinstrumente aus, um einen Zwischenstand im Rennen um das Weiße Haus zu geben. Der Monitor wird im Zwei-Wochen-Rythmus aktualisiert.
Die neueste Aktualisierung zeigt, dass Trumps Aufholjagd zuletzt etwas ins Stocken geraten ist, nachdem der Republikaner in den ersten Mai-Wochen den Abstand zu Clinton noch deutlich hatte verringern können.
Landesweite Umfragen
Laut den von der Webseite realclearpolitics.com ermittelten Durchschnittsergebnissen der landesweiten Umfragen hat Clinton in den letzten zwei Wochen wieder etwas Boden gutgemacht. Ihr Vorsprung beträgt derzeit zwei Prozentpunkten.
Wahlmännerstimmen
Aufgrund des US-Wahlsystems ist jedoch viel wichtiger, welcher Kandidat die meisten Wahlmännerstimmen aus den einzelnen Bundesstaaten auf sich vereinen kann. Wir werten daher die jüngsten Umfragen aus den 50 Bundesstaaten (plus die Hauptstadt Washington) aus und ermitteln so, wie viele Stimmen derzeit auf Clinton oder Trump entfallen würden. Für die Wahl zum Staatsoberhaupt werden 270 der insgesamt 568 Wahlmännerstimmen benötigt.
Dazu bilden wir drei Kategorien: Die Wahlmännerstimmen aus den Bundesstaaten, in denen nach den derzeitigen Umfragen ein Lager einen Vorsprung von mehr als 10 Prozentpunkten hat, werten wir als sicher. Die Stimmen der Bundesstaaten, in denen ein Lager mit 5 bis 10 Prozentpunkten vorne liegt, sind mit „Vorsprung Clinton“ bzw. „Vorsprung Trump“ gekennzeichnet. Bundesstaaten, in denen der Unterschied in den Umfragen bei weniger als 5 Prozentpunkten liegt, werten wir als „too close to call“.
In einigen Staaten ist Clintons Vorsprung zuletzt deutlich geschmolzen. Vor zwei Wochen konnte sie noch auf 205 sichere Stimmen zählen, jetzt sind es nur 168. Allerdings sind diese Staaten nicht ins Trump-Lager abgewandert, sondern zeigen immer noch eine deutliche Präferenz für Clinton: In sechs Staaten hat die Demokratin einen deutlichen Vorsprung, was weitere 66 Stimmen bringen würde.
Trump darf momentan auf 77 sichere Stimmen hoffen, das sind sechs mehr als vor zwei Wochen. Unverändert bleibt die Zahl der Staaten, in denen er einen Vorsprung hat. Hier winken ihm 44 weitere Stimmen. Das Lager der „too close to call“-Staaten ist um eine Stimme auf 183 angewachsen.
Nach wie vor gilt an dieser Stelle der Hinweis, den wir auch schon bei den ersten beiden Wahlkampf-Monitor-Ausgaben gegeben haben: Die Prognosen auf regionaler Ebene sind immer noch mit großer Vorsicht zu genießen, da es in vielen Bundesstaaten noch gar keine bzw. nur ältere Umfragen gibt, die explizit nach einem Duell Clinton vs. Trump fragen.
Wettquoten
Während also Clintons Vorsprung bei den Wahlmännerstimmen erneut leicht geschmolzen ist, glauben die Buchmacher mehr denn je an einen Sieg der Demokratin. Derzeit implizieren die von insgesamt knapp 20 internationalen Wettanbietern angebotenen Quoten nur eine Wahrscheinlichkeit von 29% für einen Wahlsieg Trumps – das sind immerhin sechs Prozentpunkte weniger als noch vor zwei Wochen. Die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg von Hillary Clinton liegen jetzt bei 74% (die drei überschüssigen Prozentpunkte entstehen durch die Margen, die die Buchmacher für das Anbieten der Wetten erheben).
Finanzmärkte
Menschen mit einer gewissen Glücksspiel-Affinität werden vielleicht einwenden, dass klassische Wetten eher etwas für Anfänger sind – richtig gezockt wird doch nur an den internationalen Finanzmärkten. Wir können diesen Standpunkt durchaus nachvollziehen und nehmen daher auch ein entsprechendes Finanzmarktprodukt in unseren Wahlkampf-Monitor auf.
Die University of Iowa hat schon vor einiger Zeit zu „Forschungs- und Lehrzwecken“ eine Zertifikate-Börse ins Leben gerufen, an der auf den Ausgang politischer Ereignisse getippt werden kann – natürlich auch auf den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl.
Das funktioniert wie folgt: Interessenten können über die Iowa Electronic Markets (IEM) zu einem bestimmten Kurs ein Zertifikat erwerben, für das im Falle eines republikanischen Wahlsieges 1 US-Dollar bezahlt wird – ansonsten ist es komplett wertlos. Das gleiche Zertifikat gibt es auch für die demokratische Seite.
Der Unterschied zu klassischen Wetten besteht darin, dass diese Papiere wie die allermeisten anderen Finanzmarktprodukte jederzeit wieder verkauft werden können, wenn es für sie an der Börse einen willigen Käufer gibt. Es besteht also die Möglichkeit, über Kurssteigerungen Gewinne zu erzielen, ohne dass man überhaupt auf den richtigen Sieger tippen oder bis zum Wahltag warten muss.
Derzeit kosten Demokraten-Zertifikate 0,66 US-Dollar. Aufgrund der Auszahlung von 1 US-Dollar entspricht dieser Kurs also einer Wahrscheinlichkeit von 66%, mit der die IEM-Trader von einem Wahlsieg Clintons ausgehen. Entsprechend liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg Trumps demnach bei 34% (Republikaner-Zertifikate kosten 0,34 US-Dollar). Die Betrachtung über die Zeitschiene zeigt, dass die Erwartungen an einen erneuten Einzug der Familie Clinton ins Weiße Haus zuletzt wieder deutlich zugenommen haben.
Zum Abschluss der aktuellen Ausgabe unseres US-Wahlkampf-Monitors noch ein kleiner – und natürlich vollkommen unverbindlicher – Investment-Tipp: Wenn man diese Zertifikate-Kurse in klassische Wettquoten umrechnet, bekommt eine Clinton-Wette an den IEM derzeit eine Quote von etwa 1,52 (Auszahlung von 152 US-Dollar für einen Einsatz von 100 US-Dollar). Bei den Buchmachern liegt die Quote derzeit nur bei durchschnittlich 1,36 (die höchste Quote, die wir gefunden haben, betrug 1,50).
Wer also von einem Wahlsieg Clintons überzeugt ist und damit auch noch Geld verdienen will, sollte sein Glück an den Iowa Electronic Markets versuchen. Wer dagegen einen Trump-Triumph erwartet, ist bei den klassischen Buchmachern besser aufgehoben – hier liegt die Quote bei durchschnittlich 3,42 und in der Spitze sogar bei 4,00, während die IEM-Kurse nur eine Quote von 2,92 implizieren.