Tunesien

Vom Arabischen Frühling in den Covid-Winter

Tunesien ist ein Geber-Darling und in den Augen vieler „Westler“ so etwas wie ein Musterbeispiel für eine gelungene demokratische Transformation. Doch Zweifel sind erlaubt, ob dies die Menschen vor Ort auch so sehen – denn weiterhin plagt eine Vielzahl von Problemen das Land. Ein Beitrag von Helmut Reisen.

Bild: Tarek via Flickr (CC BY-SA 2.0)

Zum zehnten Jahrestag der Arabellion lieferten sich in Tunesien junge Menschen Straßenschlachten mit der Polizei. Die Menschen sind wütend und enttäuscht über die desolate Lage des Landes. „Die an der Macht sind jetzt andere, das System ist geblieben“. „Was nützt mir Pressefreiheit, wenn ich keine Arbeit habe?“, wird geklagt.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat die Mittel für Tunesien im letzten Jahrzehnt deutlich erhöht. Herzstück des deutschen Engagements ist die Reformpartnerschaft mit Tunesien im Rahmen des Marshallplans mit Afrika. Sie wurde 2017 als bilateraler Beitrag zur G20-Initiative Compact with Africa geschlossen. Laut BMZ ist Tunesien ein politischer Hoffnungsträger in Nordafrika und nach einer langen Phase der Diktatur auf dem Weg, sich friedlich in einen Rechtsstaat umzuwandeln. Trotz politischer und sozialer Spannungen gilt die demokratische Entwicklung im Land als vorbildhaft, so das BMZ auf der offiziellen Tunesien-Seite. Die Zivilgesellschaft ist nach dem Ende des Ben Ali-Regimes gestärkt worden. „Die Zivilgesellschaften in der arabischen Welt schauen mit einigem Neid auf Tunesien“, meint etwa Isabelle Werenfels, die Tunesien-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Geehrt wurden der Gewerkschaftsbund, der Arbeitgeberverband, die Menschenrechtsliga und die Anwaltskammer mit dem Friedensnobelpreis im Jahr 2015. Kurz: Tunesien ist ein Geber-Darling und in den Augen vieler „Westler“ so etwas wie ein Musterbeispiel für eine gelungene demokratische Transformation.

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