Finanzblasen

Warum die Geschichte der Tulpenmanie größtenteils falsch ist

Die Tulpenmanie im Holland des 17. Jahrhunderts wird oft als Paradebeispiel für den Irrsinn auf den Finanzmärkten angeführt – allerdings zu Unrecht, wie neue Erkenntnisse zeigen. Vielmehr dürfte der Tulpenmythos auf aus dem Kontext gerissene Pamphlete und satirische Lieder zurückzuführen sein.

Dieses Ölgemälde von Hendrik Gerritsz Pot ist wahrscheinlich zwischen 1637 und 1640 entstanden. Die Blumengöttin Flora fährt mit mehreren Personen in einem Segelwagen. Weber aus Haarlem folgen dem Wagen, dessen Zielort rechts im Hintergrund zu sehen ist: er wird im Ozean versinken. Bild: Laura Blanchard via Flickr (CC BY-SA 2.0)

Jetzt ist es Bitcoin. In der Vergangenheit hatten wir die Dotcom-Blase, den 1929er Crash, die Eisenbahnen im 19. Jahrhundert und die Südsee-Blase von 1720. Alle diese Ereignisse wurden von den Zeitgenossen mit der „Tulpenmanie“, dem niederländischen Finanzwahn in den 1630er Jahren, verglichen. Laut einigen Skeptiker ist Bitcoin eine „Tulpenmanie 2.0“.

Woher stammt diese anhaltende Fixierung auf die Tulpenmanie? Sie ist sicherlich eine aufregende Story, die zum Inbegriff für den Irrsinn auf den Finanzmärkten geworden ist. Ihre Aspekte wiederholen sich ständig, wie man sowohl in lockeren Tweets aber auch in weit verbreiteten Lehrbüchern von Koryphäen wie John Kenneth Galbraith nachlesen kann.

Die Story lautet: Die Tulpenmanie war irrational, ein Rausch. Jeder in den Niederlanden war darin verwickelt, vom Schornsteinfeger bis zum Aristokraten. Ein und dieselbe Tulpe, oder eher ein Tulpen-Future, wurden gelegentlich zehn Mal an einem Tag verkauft. Niemand wollte die Blume haben, sondern bloß den Profit – es war ein Phänomen purer Gier. Die Tulpen wurden zu verrückten Preisen verkauft, die denen von Häusern entsprachen, und Schicksale wurden gewonnen oder verloren. Es war die Dummheit der Neueinsteiger auf den Märkten, die den Crash im Februar 1637 auslösten. Verzweifelte Bankrotteure ertränkten sich in den Kanälen. Die Regierung schritt schließlich ein und beendete den Handel, aber erst als die niederländische Volkswirtschaft ruiniert war.

Ja, das ist eine aufregende Story. Das Problem ist nur: das meiste davon ist nicht wahr.

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