Fremde Federn

State of the Union, Industriestrategie, Treuhandanstalt

Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Wie Stress und Armut zusammenhängen, welche Schattenseiten die Einmischung der EU in Venezuela hat und welche Mittel Portugal gegen Rechtspopulismus gefunden hat.

Foto: Jojo Bombardo via Flickr (CC BY-ND 2.0)

In den „Fremden Federn“ stellen wir einmal pro Woche in Kooperation mit dem Kuratorendienst piqd eine Auswahl von lesenswerten journalistischen Fundstücken mit wirtschaftspolitischem Bezug zusammen. piqd versteht sich als eine „Programmzeitung für guten Journalismus“ – was relevant ist, bestimmen keine reichweitenoptimierten Algorithmen, sondern ausschließlich ausgewählte Fachjournalisten, Wissenschaftler und andere Experten.

Portugal: Vom Krisenstaat zum Wirtschaftswunderland – mit linker Regierung und sozialer Politik

piqer:
Simon Hurtz

2015 lag Portugal am Boden. Die rechtskonservative Regierung hatte die Austeritätspolitik der EU radikal umgesetzt: Sozialabbau, Steuererhöhungen, Rentenkürzungen. Die Wirtschaft schrumpfte, jeder zweite junge Portugiese war arbeitslos.

Im Oktober 2015 übernahm eine linke Regierung, machte Lohn- und Rentenkürzungen rückgängig, nahm allgemeine Steuererhöhungen zurück und erhöhte stattdessen Erbschafts- und Vermögenssteuer. „Es war ein Irrtum zu glauben, man könne die Wirtschaft mit drastischer Kürzung der Löhne und exzessiven Einschnitten in den Sozialstaat sanieren“, sagt Regierungschef Costa.

Die Ergebnisse sprechen für sich: Die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosigkeit hat sich mehr als halbiert, und die neue Regierung will 20 Milliarden investieren. Die Sozialdemokraten liegen bei 40 Prozent und sind damit – mit Jeremy Corbyns Labour Party – die erfolgreichste linke Partei Europas. Während in nahezu allen europäischen Ländern Rechtspopulisten auf dem Vormarsch sind, gibt es in Portugal keine solche Partei.

All das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Tatsächlich ist Vorsicht angebracht. Kontrast.at ist ein sozialdemokratisches Magazin und nicht ganz neutral. Der Aufschwung kommt nicht bei allen an, das Land bleibt hoch verschuldetviele Menschen streiken. Auch hat die sozialistische Regierung den Sparkurs nicht komplett beendet, sondern an anderen Stellen gekürzt, etwa im Gesundheitswesen. Portugals Wirtschaft profitiert stark von externen Faktoren wie dem Tourismus, dem niedrigen Ölpreis und dem Wachstum in den Absatzmärkten portugiesischer Produkte. Und im europäischen Vergleich suchen nur wenige Flüchtlinge Schutz in Portugal, das entzieht den Rassisten den Nährboden.

Fakt ist aber auch: Der Aufstieg der Rechten begann lange vor der sogenannten Flüchtlingskrise – mit der Bankenrettung und unsozialer Wirtschaftspolitik. Das Beispiel Portugal zeigt, dass es anders geht. Oder, wie es der grüne MdB Danyal Bayaz ausdrückt: „Guten Morgen, SPD!

Die Schattenseiten der Einmischung

piqer:
Eric Bonse

Es war eine Premiere in der europäischen Außenpolitik: Angeführt von Deutschland, Frankreich und Spanien, haben sich mehrere EU-Länder erstmals direkt in die inneren Angelegenheiten eines Nicht-EU-Landes eingemischt und Juan Guaidó als Interimspräsidenten von Venezuela anerkannt. Im Vordergrund standen dabei humanitäre Motive – und, so hieß es in Brüssel, die Sorge um die Demokratie.

Doch die von der EU geforderte Neuwahl wird es so schnell nicht geben. Noch-Präsident Maduro denkt gar nicht daran, seinen Platz für Guaidó freizumachen und Präsidentschaftswahlen auszurufen. Auch die humanitäre Lage hat sich nicht verbessert. Die Hoffnung, dass Europa die Wende zum Besseren einleiten könnte, hat sich nicht erfüllt. Es könnte sogar noch schlimmer kommen:

Möglich ist, dass Guaidós Umsturzversuch in den kommenden Tagen wieder einschläft. Dann hätten seine Unterstützer im Ausland, einschließlich der in Europa, einen völlig machtlosen Politiker als Präsidenten anerkannt und ihre sonstigen diplomatischen Drähte nach Venezuela weitgehend gekappt.

Doch selbst das wäre noch nicht der „Worst Case“ für die europäische Außenpolitik. Denkbar ist auch, dass die USA in Venezuela militärisch intervenieren, wie dies US-Präsident Trump angedeutet hat. Sollte es zum Militärschlag oder gar zu einem Bürgerkrieg kommen, hätten die EU-Staaten, die sich eingemischt haben, auf ganzer Linie verloren. Doch auch so sieht die Bilanz für die EU nicht gut aus.

Denn die 28 Mitgliedstaaten haben es nicht geschafft, sich auf eine Linie zu einigen. Italien blockierte eine gemeinsame Erklärung, auch Griechenland und Zypern hatten Vorbehalte gegen den neuen Kurs. Deutschland zieht daraus die Konsequenz, dass das Einstimmigkeit-Prinzip in der Außenpolitik aufgegeben werden müsse. Bundesaußenminister Maas wirbt schon seit langem dafür.

Doch zunächst müssen sich Deutschland und andere beteiligte Staaten an den Folgen ihrer Einmischung messen lassen. Bisher lassen Erfolge auf sich warten.

Wie Stress und Armut zusammenhängen

piqer:
Silke Jäger

Dieser Podcast ist ein Augenöffner. Dass Menschen, die in Armut leben, ein höheres Risiko haben, krank zu werden und früher zu sterben, wird schon lange nicht mehr angezweifelt. Aber warum ist das so? Da kommt die neurobiologische Forschung von Robert Sapolsky ins Spiel. Er ist Neurobiologe und Primatenforscher und lehrt in Stanford. Hier redet er mit Ezra Klein über die Verbindungen zwischen Stress, Gesundheit und gesellschaftlicher Teilhabe.

Er erklärt, was Stress rein biologisch ist, nämlich den Körper für die Flucht bereitzumachen. Die Stresshormone, die dabei ausgeschüttet werden, haben – je nachdem, ob es sich um einen milden, kurzzeitig auftretenden Stressfaktor oder um einen massiven, längeranhaltenden handelt – unterschiedliche Auswirkungen auf das Gehirn. Chronischer Stress ist anders als kurzzeitiger Stress nicht hilfreich, um eine Aufgabe zu bewältigen, sondern sorgt dafür, dass die Fähigkeit zur Problemlösung abnimmt. Denn Teile des präfrontalen Cortex schrumpfen bei chronischem Stress, während das Angstzentrum angeregt wird.

Dieses Forschungsergebnis liefert den Schlüssel zum Verständnis, wie sehr das sozioökonomische Umfeld das weitere Leben bestimmt. Und zwar schon bei 5-jährigen Kindern. Sapolsky sagt, dass bereits dann der Grundstock gelegt wird für die Gesundheit, die ein Mensch 20 Jahre später haben wird. Studien zeigen, dass 10-jährige Kinder aus ärmeren Familien doppelt so viel Stresshormon im Blut haben, wie Kinder aus reicheren Familien. Damit wird deutlich, dass die Startbedingungen über Wohl und Wehe entscheiden. Auf neurobiologischer Ebene.

Sapolski und Klein erkunden, was das genau bedeutet für Schule und Lernen, Kriminalität, Gesundheit und Krankheit. Das Gehirn von Kindern, die in einem dauergestressten Umfeld aufwachsen, entwickelt sich anders. Das müsste in vielen gesellschaftlichen Bereichen viel stärker berücksichtigt werden.

231 Reden zur Lage der Nation: Wie sich die Weltsicht Amerikas seit George Washington verändert hat

piqer:
Dirk Liesemer

Laut US-Verfassung muss jeder Präsident von Zeit zu Zeit eine Rede zur Lage der Nation halten. Gestern Abend nun ist Donald Trump vor dem Kongress aufgetreten. Wie alle Medien hätte die NZZ einfach eine Zusammenfassung und einen Kommentar drucken können, aber die Redaktion hat sich etwas anderes überlegt: Sie hat alle 231 bisher gehaltenen Reden zur Lage der Nation nach bestimmten Stichwörtern durchsucht, um daraus zu schließen, wie sich die Prioritäten der USA in den vergangenen 228 Jahren gewandelt haben. So zeigt sich etwa, wie sehr die einstigen Weltmächte England, Frankreich und Spanien im Laufe der Jahrzehnte an Bedeutung eingebüßt haben.

Ordoliberalismus oder Staatsinterventionismus?

piqer:
Frank Lübberding

Deutschland hatte Anfang der 1990er Jahre drei zentrale Krisen zu bewältigen. Das waren die Kosten der deutschen Einheit, die Europäisierung mit der Integration Osteuropas in den Binnenmarkt und die Globalisierung. Letztere hatte zwei Faktoren: die Internationalisierung der Finanzmärkte und realwirtschaftlich die Integration Asiens (und somit Chinas) in die Weltwirtschaft.

Diese Krisen kumulierten 1992/93 zur existenzbedrohenden Krise des deutschen Produktionsmodells. Zentrale Sektoren unserer Industrie gerieten gleichzeitig in die Krise: Automobil – und Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie und Pharma. In diesen Sektoren blieb kein Stein auf dem anderen. Das betraf keineswegs nur Konzerne wie Volkswagen oder Siemens. Der Strukturwandel setzte den klassischen Mittelstand unter bisweilen dramatischen Anpassungsdruck.

Den gab es auch für das deutsche System der industriellen Beziehungen. Damals hofften nicht wenige Neoliberale auf sein endgültiges Ende. Tatsächlich bewies es seine Funktionsfähigkeit. Der Staat begleitete den Strukturwandel vor allem sozial- und strukturpolitisch. Vor 25 Jahren war allerdings schon der Bedeutungsverlust der Großbanken in den industriellen Restrukturierungsprozessen erkennbar. Die deutsche Industrie lebt bis heute von der erfolgreichen Verarbeitung dieser Krise. „Diversifizierte Qualitätsproduktion“ ist das Stichwort. Das setzt funktionierende Kooperationsbeziehungen auf allen Ebenen voraus – und schafft zudem erst die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit auf dem Weltmarkt. Industriepolitik bedeutete bei uns gerade nicht die französische Planification oder die Steuerung über ein allmächtiges Miti wie in Japan.

Der Glaubenskrieg ordoliberaler Gralshüter gegen den vermeintlichen Staatsinterventionisten Peter Altmaier ist daher die falsche Frontstellung. Das Problem seines Papiers ist vielmehr die erkennbare Unkenntnis über die Stärken unseres Industriemodells. Dort müsste eine Industriepolitik ansetzen, wenn sie Sinn machen soll.

Demokratie, Wohlstand und Nationalismus – das Scheitern des Liberalismus in Osteuropa

piqer:
Thomas Wahl

In einem tiefgründigen, komplexen Essay versuchen die Autoren die Differenz zwischen Osteuropa und dem Westen zu erklären. Eine Ursache sehen sie in den Folgen der Nachahmung westlicher Demokratien und Wirtschaftssysteme, um zu deren Freiheit und Wohlstand aufzuschließen.

Während der beiden Jahrzehnte nach 1989 ließ sich die politische Philosophie des postkommunistischen Mittel- und Osteuropa in einem einzigen Imperativ zusammenfassen: Ahmt den Westen nach! Der Prozess hatte unterschiedliche Namen – Demokratisierung, Liberalisierung, Erweiterung, gegenseitige Annäherung, Integration, Europäisierung –, doch das Ziel, das die postkommunistischen Reformer verfolgten, war einfach. Sie wollten, dass ihre Länder »normal«, sprich wie der Westen würden. Damit verbunden war der Import liberal-demokratischer Institutionen, die Anwendung westlicher Politik- und Wirtschaftsrezepte und die öffentliche Billigung westlicher Werte. Nachahmung galt weithin als kürzester Weg zu Freiheit und Wohlstand.

Dem Essay zufolge hat aber der Zustand des Nachahmens anderer, empfunden als überlegenes Vorbild, starke sozialpsychologische Nachteile. Es erzeugt Gefühle der eigenen Unzulänglichkeit, der Abhängigkeit etc. Das Projekt der Verwestlichung wird gewissermaßen als Kolonialisierung empfunden. Die illiberalen Bewegungen Osteuropas erhalten durch die Ablehnung westlicher Konzepte damit den „Anstrich intellektueller Seriosität“.

Aber die Autoren bleiben nicht bei dieser einfachen Erklärung stehen. So hat China die scheinbar bewiesene Behauptung, Wohlstand sei nur in liberalen Demokratien möglich, erschüttert. Dazu kommen demographische und wirtschaftliche Probleme in der EU. Der Osten sieht daher den Liberalismus im Westen als gescheitert.

Nicht zu vergessen: die eigenen Traditionen des Ostens, die Demographie, die Erfahrung mit den zusammengebrochenen Vielvölkerstaaten im 20. Jahrhundert und ein Misstrauen gegenüber Sozialutopien.

Die zwei Euro für den Zugang lohnen sich …

Die Treuhandanstalt – politisches und wirtschaftliches Kalkül der Wiedervereinigung

piqer:
Maximilian Rosch

Die Treuhandanstalt hat die Leben von Millionen ehemaliger DDR-Bürger bestimmt. Sie „sollte die Umstrukturierung der ostdeutschen Wirtschaft im Rahmen der Wiedervereinigung organisieren.“ So weit, so bekannt. Am 31. Dezember 1994 beendete sie ihre Arbeit und wurde in „Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben“ umbenannt. Bis dahin hatte sie

  • 6.546 Betriebe vollständig oder mehrheitlich privatisiert
  • 3.718 Betriebe liquidiert
  • 1.588 Betriebe reprivatisiert und
  • 310 Betriebe kommunalisiert (Quelle: bpb.de, wie auch die weiteren genannten Zahlen).

Etwa 2,6 Mio. Menschen verloren im Zuge der Umstrukturierungen ihre Jobs, der Staat verlor weit über 100 Mrd. Euro. Ich hätte mir gewünscht, hierüber in meiner Schulzeit viel mehr zu erfahren (Abi 2012, Thüringen). Zumal einer der Präsidenten der Treuhand, Detlev Karsten Rohwedder, auch noch in meiner Heimatstadt geboren ist.

Durch verschiedene Hinweise bin ich auf die unten verlinkte ZDF-Doku gestoßen, in der es um die Hintergründe des tödlichen Attentats auf Rohwedder geht. Zwar bekannte sich die RAF dazu, aufgeklärt wurde es jedoch nie richtig. Rohwedder wurde am 1. April 1991 erschossen.

Nachfolgerin wurde die CDU-Politikerin Birgit Breuel, die einen deutlich rigoroseren Kurs verfolgte. Während Rohwedder den Ansatz verfolgte, erst zu sanieren und dann zu privatisieren, lief es unter Breuel umgekehrt. Edgar Most, ehemals im Vorstand der Deutschen Bank und 2015 verstorben, beschrieb die Treuhand in seinem letzten Interview als „eine einzige Schweinerei„, eine Einschätzung der skandalumwitterten Anstalt, der sich wohl viele anschließen würden.

Hier noch einige weiterführende Links:

Neue Linkspartei in Warschau verspricht einen polnischen „Frühling“

piqer:
Ulrich Krökel

30 Jahre ist es am heutigen 6. Februar her, dass sich in Warschau erstmals Vertreter des kommunistischen Regimes mit den Führern der Solidarność-Opposition am Runden Tisch trafen. Man redete miteinander, und so nahm in Polen die friedliche Revolution von 1989 ihren Lauf. Das Verfahren hatte Vorbildcharakter und wurde in vielen Staaten Mittel- und Osteuropas kopiert. Heute dagegen ist Polen leider Vorreiter, wenn es um gesellschaftliche Spaltung und hate speech geht. Genau das will Robert Biedroń nun ändern, über den Martin Miszerak und Dalibor Rohac bei politico.eu ein lesenswertes politisches Porträt geschrieben haben.

Der 43-jährige Biedroń saß einst für die linke oder eher radikalliberale Palikot-Bewegung im Sejm, dem polnischen Parlament, und war später Bürgermeister einer Provinzstadt an der Ostsee. Eine gewisse Berühmtheit erlangte er aber vor allem, weil er der erste Abgeordente im katholischen Polen war, der sich offen zu seiner Homosexualität bekannte. Nun hat Biedroń eine neue Partei mit dem Namen „Wiosna“ gegründet, was auf Deutsch „Frühling“ heißt und fast noch schöner klingt als Solidarność/Solidarität, wenn auch eher unpolitisch. Das allerdings ist ein Irrtum:

Biedroń’s views […] are unapologetically left-wing. He advocates for a complete separation of church and state, the abolition of tax privileges for the clergy, and the replacement of religion classes in public schools with English. He is also a strong supporter of LGBT and women’s rights, including access to abortion. […] Indeed, it may be the first time since 1989 that serious progressive ideas are receiving a hearing.

Womit wir wieder bei 1989 wären. Eine Massenbewegung wie die Solidarność wird Biedrońs „Frühling“ kaum werden können. Aber wenn es ihm gelingt, die Fronten zwischen rechtsnationaler PiS und marktliberaler PO aufzubrechen, wäre für das gespaltene Polen schon viel gewonnen.

So wollen Europäische Patrioten die Nationalisten besiegen

piqer:
Eric Bonse

Auf den ersten Blick ist es ein Appell wie so viele andere: 29 Intellektuelle und Schriftsteller wie Salman Rushdie, Orhan Pamuk, Bernard-Henri Lévy oder Herta Müller warnen mit Blick auf die Europawahl vor einem Rückfall in Populismus und Nationalismus und fordern ein Bekenntnis zu Europa.

Ähnliche Aufrufe hat es schon viele gegeben, weitere dürften folgen. Dennoch ist dieser Appell bemerkenswert. Denn er zielt nicht darauf ab, „die EU“ oder den Status Quo in Europa zu verteidigen, eher im Gegenteil. Die Intellektuellen fordern, die europäische Einigung auf eine neue Grundlage zu stellen.

Ihm gehe es in erster Linie um die europäische Kultur, die gegen den Angriff von Rechts verteidigt werden müsse, sagte Lévy im französischen TV (in der Sendung „On n’est pas couché“). Die Kultur sei das eigentliche Bindeglied Europas, und es sei ein Fehler gewesen, die EU auf den Markt und nicht auf die Kultur zu gründen.

Bemerkenswert ist auch, wie sich die Intellektuellen präsentieren: Als „europäische Patrioten“. Die Patrie – also die Heimat – stehe nicht im Gegensatz zur europäischen Einigung, so Lévy. Im Gegenteil, sie sei eine wichtige Grundlage. Man dürfe sie aber nicht mit der Nation verwechseln – und schon gar nicht mit Nationalismus!

Wie die Zukunft Deines Jobs aussieht: Ein interaktives Tool der OECD

piqer:
Cornelia Daheim

Heute nichts zum Lesen, sondern etwas zum Mitmachen: Ein Tool, mit dem man herausfinden kann, wie die Zukunft des eigenen Jobs aussieht. Mittels eines (kurzen) Fragebogens gibt man an, was den eigenen Job heute ausmacht, und bekommt dann Informationen darüber, ob und wie viele dieser Aufgaben wohl zukünftig automatisiert werden können. So etwas Ähnliches gibt es ja in Deutschland auch mit dem Job-Futuromat des IAB, aber dieses Tool hier geht deutlich weiter, denn es will dem Nutzer folgendes bieten:

– will reveal the chance of your job changing because of automation by asking you simple questions about what you do at work.- lets you explore similar jobs with a better outlook than yours.- will give you a better idea of what affects this likelihood and what you can do if you are concerned about the future of your job.

Neben der gut verständlichen und fundierten Information zur Methode und zum Hintergrund von Wandel von Arbeit ist diese „Serviceorientierung“ das Besondere. Hier kann sich wirklich jede/r (wenn die Englischkenntnisse gut genug sind) eine Einschätzung abholen, wie hoch das Automatisierungsrisiko in seinem Beruf ist, und ein Verständnis erlangen, woran das liegt. Insbesondere aber wegen der Überführung in Handlungsalternativen (welche anderen Jobs sind aufgrund der eigenen Kompetenzen naheliegend?) würde ich mir wünschen, dass hiervon jeder weiß und es nutzt, der unter Automatisierungssorgen leidet. Bei der Auswertung gibt es dann auch noch ein Vergleichs-Tool, mit dem man das Tempo des erwarteten Wandels in verschiedenen Berufen, Branchen und Ländern vergleichen kann.

Und wer doch unbedingt lieber, oder zusätzlich, etwas lesen will: Hier die zugrundeliegende Studie, die gegenüber früheren Arbeiten zum Thema viel neue Detailkenntnisse zu Automatisierungsrisiken in verschiedenen Berufen und Ländern liefert.