Fremde Federn

Schuldenberg, Währungsunion, Donut-Ökonomie

Diese Woche unter anderem in den Fremden Federn: Was der (vermeintliche) Fisch-Streit über die Brexit-Verhandlungen aussagt, warum die Debatte über Corona-Hilfen in Deutschland falsch geführt wird und was sich aus der Geschichte der deutschen Währungsunion für die Eurozone lernen lässt.

Foto: Jojo Bombardo via Flickr (CC BY-ND 2.0)

In den „Fremden Federn“ stellen wir einmal pro Woche in Kooperation mit dem Kuratorendienst piqd eine Auswahl von lesenswerten journalistischen Fundstücken mit wirtschaftspolitischem Bezug zusammen. piqd versteht sich als eine „Programmzeitung für guten Journalismus“ – was relevant ist, bestimmen keine reichweitenoptimierten Algorithmen, sondern ausschließlich ausgewählte Fachjournalisten, Wissenschaftler und andere Experten.

 

Wer bezahlt die Ente?

piqer:
Jürgen Klute

„Quem paga o pato?“ – „Wer bezahl die Ente?“ Als Graffiti (hier oder hier) designed habe ich diese Frage vor einigen Jahren auf einer Mauer in Rio de Janeiro gesehen. „Wer bezahlt?“ – Diese Frage schwappte in den vergangenen Tagen auch mal wieder durch die deutschen Medien. Allerdings ging es nicht um Enten, sondern um die Corona-bedingten Schulden, die der Staat aufgenommen hat.

In der Süddeutschen Zeitung kamen die Bedenkenträgerinnen zur Sprache. „Finanziell kaum durchzuhalten“ titelte die SZ und brachte die mahnenden Stimmen bezüglich der Höhe und der Breite der Coronahilfen von Marcel Fratzscher (DIW), Clemens Fuest (Ifo-Institut) und diversen CDU-Politikern zu Gehör.

Cerstin Gammelin legte in ihrem Kommentar „Corona-Hilfen: Die Rechnung, bitte“ noch nach und mahnte – was im Prinzip nicht falsch ist – die Einbindung der Zivilgesellschaft bei der Aushandlung der Lastenverteilung zum Abbau der Schulden an.

Die SZ trifft ohne Zweifel den Mainstream dieser Debatte. Gegen den Strich bürstet die taz mit ebenfalls zwei Beiträgen. Jens Südekum, Professor für Internationale Volkswirtschaftslehre des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, erklärt in einem Interview mit der taz, das ich hier empfehle, dass die Aufregung um die Schulden nicht der Realität gerecht werde:

„Der Anstieg der Staatsverschuldung ist gar nicht so extrem. Er ist niedriger als nach der Finanzkrise. Nach aktuellen Projektionen geht die Schuldenquote von knapp unter 60 auf etwa 72% hoch. Ich halte die Staatsverschuldungsquote aber generell nicht für besonders aussagekräftig. Viel wichtiger ist die Frage: Wie hoch sind die Zinsausgaben, die der Staat tätigen muss, um diese Schulden zu bedienen? Und diese Kennziffer ist auf einem Tiefststand. In dieser Krise hat sich bei den Zinsen der Staatsanleihen überhaupt nichts getan. Sie sind sogar leicht gesunken. Das heißt, der Staat muss für die zusätzlichen Schulden gar nicht zahlen, sondern verdient sogar daran. In so einem Umfeld, das noch lange so bleiben wird, sind Staatsschulden nicht das größte Problem.“ So eines der Kernargumente von Südekum.

Folgen Leserinnen und Leser der Argumentation von Jens Südekum, dann entpuppt sich eher die Frage „Wer bezahlt?“ als „Ente“. Folgerichtig ist das Interview auch überschrieben mit „Schulden sind nicht das Problem“. Als Fortsetzung des Titels bietet sich folgender Satz an: „Das Problem liegt nicht in den Schulden, sondern in der Art, in der die öffentliche Debatte um die Schulden geführt wird, also in den Interessen, die sich in den Debattenbeiträgen spiegeln.“

Der zweite Beitrag zum Thema in der taz kommt aus der Feder von Ulrike Herrmann: „Corona-Hilfen für Lockdown-Betriebe: Lob der Gießkanne“. Sie trägt – im Gegensatz zu Marcel Fratzscher und Clemens Fuest – schlagkräftige wirtschaftsethische Argumente zugunsten einer Verteilung der Coronahilfen nach dem Gießkannenprinzip vor.

Gleich vier Artikel auf einmal zu empfehlen ist eigentlich nicht vorgesehen auf Piqd. In diesem Fall scheint mir das aber ausnahmsweise gerechtfertigt, weil es lohnt, diese Artikel im Zusammenhang zu lesen. Erst dann erschließt sich das Spannungsfeld, das die aktuelle Debatte über die Corona-Hilfen prägt, als Spannungsfeld divergierender politischer und ökonomischer Interessen. Dass ich mich entschieden habe, explizit das Interview mit Jens Südekum zu empfehlen, liegt zum einen daran, dass Südekum gegen den Mainstream in der BRD argumentiert und für mich zudem die gewichtigeren Argumente vorträgt.

Fisch! Ernsthaft?

piqer:Silke Jäger

Diesen piq darf man im Zusammenhang mit Brexit nicht zu ernst nehmen. Denn dass die Verhandlungen über die zukünftigen Handelsbeziehungen am Fisch scheitern könnten, ist eine wohlfeile Geschichte, die vor allem London und Paris in den Vordergrund schieben.

Die wahren Hürden liegen im Fairplay-Feld – in Bezug auf Qualitätskontrollen und Zugang zum Binnenmarkt. Und da sind sie leider recht groß. Die Hoffnungen auf einen Vertrag dürfen noch bis Mittwoch aufrecht erhalten werden. Dann, so Chef-Unterhändler Barnier, ist endgültig Schluss mit den Bemühungen unter Zeitdruck sowas wie einen Freihandelsvertrag zwischen der EU und UK hinzukriegen.

Trotzdem ist dieser Scrollytelling-Artikel einen Besuch wert, denn das mit dem Fisch ist spannend. Der Streit geht eigentlich darauf zurück, dass die Ländergrenzen vor dem EU-Binnenmarkt mal 12 Kilometer in die See ragten und seitdem 200 Kilometer. Nun kann UK also das Gebiet 200 Kilometer rund um seine Küsten als britisch deklarieren. Diese fischreichen Gewässer sind auch für die Fischer anderer EU-Nationen interessant, vor allem für die französischen. Auch wenn die wirtschaftliche Bedeutung von Hering, Kabeljau und Krabbe verschwindend gering ist, die symbolische ist ziemlich groß.

Und: Fisch wird am Ende ein wichtiges Verkaufsargument für den Deal oder auch den No Deal sein – sowohl für UK als auch zwischen EU-Ländern. Interessanterweise kann man den No-Deal-Streit an Stellen verorten, an die zuerst kaum jemand denkt: zwischen Frankreich und Deutschland. Merkel will ihn mit allen Mitteln verhindern, Macron mit allen Mitteln die Integrität des Binnenmarktes schützen. Deshalb wäre die Geschichte, dass man sich am Ende über den Fisch einig wurde, eine Brücke, die über sehr viel gefährlichere Themen hinwegführt. Ein Ablenker sozusagen.

Trotzdem: Je länger man sich den Fisch anschaut, desto interessanter wird er. Das dachte ich schon vor Monaten, als ich diesen Text auf dem Greenpeace-Blog Unearthed fand. Darin geht es um das Geld, das einige wenige mit Fangrechten machen.

Der piq erklärt sehr anschaulich, welcher Streitpunkt in den britischen Gewässern versenkt werden muss, damit die Kontrahenten doch noch zu einem Deal finden, der seinen Namen so halbwegs verdient.

Die deutsche Einheit – ein Lehrstück für Europa?

piqer:
Thomas Wahl

Kann man aus den Folgen der Einführung der D-Mark etwas lernen für Europa bzw. für die Zukunft der Europäischen Währungsunion? Klar ist, der Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft nach der Wiedervereinigung und der Einführung der Währungsunion war dramatisch:

Am besten lässt sich dies an den Wanderungsdaten ablesen. In den letzten dreissig Jahren sind ungefähr vier Millionen Ostdeutsche ausgewandert – bei einer Bevölkerung von 16 Millionen im Jahr 1990. Die vielleicht aussagekräftigste Zahl ist die folgende: Von 1990 bis 2020 wanderte mehr als ein Viertel der 18- bis 30-Jährigen aus Ostdeutschland aus.

Ein Streitpunkt bleibt, wie stark dafür die Einführung der D-Mark ursächlich gewesen ist. Waren doch große Teile der ostdeutschen Wirtschaft marode und auf Exportmärkte innerhalb des RGW-Raumes orientiert. Ein grundlegender Strukturbruch war also unvermeidlich. Und ist nicht das Pro-Kopf-Einkommen heute mit den Altbundesländern durchaus vergleichbar (natürlich mit hohen Finanztransfers)? Daher:

Ganz überzeugend ist diese Argumentation allerdings nicht. Natürlich war die DDR-Wirtschaft um 1990 in einem schlechten Zustand, aber die Einführung der D-Mark hat jede Restrukturierung der Betriebe von vorneherein enorm schwierig gemacht. Denn das mit der starken Währung verbundene hohe Lohnniveau machte neue Investitionen in den meisten Fällen unattraktiv.

Der Autor vergleicht die Entwicklung der ehemaligen DDR mit Polen, um zu zeigen, was ein Land mit einer eigenen Währung im Rahmen der EU zu Wege gebracht hat. Nach einem anfänglichen Einbruch von 10% hat sich das BIP real verdreifacht.

Das bedeutet nicht, dass in Polen alles zum Besten bestellt wäre. Das durchschnittliche Einkommen ist immer noch deutlich tiefer als in Deutschland, und seit Einführung der Personenfreizügigkeit sind etwa zwei Millionen Menschen aus wirtschaftlichen Gründen ausgewandert – bei einer Bevölkerung von knapp 40 Millionen. Aber prozentual gerechnet, ist das Ausmass nicht mit der Auswanderung aus Ostdeutschland vergleichbar.

Man kann also schlussfolgern, dass eine Währungsunion von Ländern mit ausgeprägten strukturellen Disparitäten die schwächeren Partner vor größere Probleme stellt. Die liegt vor allem an der starken gemeinsamen Währung und den vergleichsweise hohen Löhnen/Einkommen:

Sie können ihren Lebensstandard nicht aus eigener Kraft erhöhen, sondern nur, wenn sie hohe staatliche Transfers empfangen. … Sie sind zu teuer, um im grossen Stil ausländische Direktinvestitionen anzuziehen und dadurch wie Polen ein hohes Wachstum zu erzielen.

Das forciert die Auswanderung, was man u.a. in Italien (sicher auch im restlichen Süden der Union) beobachten kann, wo seit 2020 jährlich ca. 100.000 Menschen das Land verlassen und das Pro-Kopf Einkommen auf dem Niveau um 2000 stagniert. Dazu kommt eine sinkende Geburtenrate. Alles in allem eine düstere Perspektive für den Süden der EU.

Müssen wir uns wirklich daran gewöhnen,

dass die einen Länder immer mehr Fachkräfte verlieren und wirtschaftlich absteigen, während die anderen mühelos gut ausbildete junge Leute rekrutieren können…?

Ist die EU bereits in Regionen mit zwei Wachstumsgeschwindigkeiten geteilt und wie ließe sich das ändern?

Amsterdam will echte Kreislaufwirtschaft

piqer:
Daniela Becker

Der Kapitalismus und das dafür notwendige Wirtschaftswachstum führen zu einem stetig steigenden Durchschnitts-Wohlstand der Bevölkerung, so ein gängiges Narrativ. Nicht erst die Corona-Krise lässt daran Zweifel aufkommen. Denn der Verlust von Artenvielfalt und die Klimakrise kommen in diesem Modell nicht vor. Die ungezügelte Ausbeutung von Ressourcen und Menschen liegt sogar vielen Geschäftsmodellen zugrunde.

Das Modell der Donut-Ökonomie hingegen will alles wirtschaftliche Handeln und Planen auf menschliches Wohl und planetare Grenzen auslegen. (Mehr zur Theorie des Donuts hier.)

So hübsch das klingt, kann das funktionieren?

Amsterdam will das nun als erste europäische Großstadt testen. Mitten in der ersten Corona-Welle verkündete die Bürgermeisterin der niederländischen Hauptstadt, man wolle die Corona-Krise nutzen, um aus dem heutigen Produktions- und Konsummuster auszusteigen und der Klimakrise ein konkretes Programm entgegenzusetzen.

Dieser Text im Fluter beschreibt anschaulich, wo die Amsterdamer anpacken wollen. Zum Beispiel bei der Wiederverwertung von Beton.

Der Chemiker Koos Schenk steht in einer Fabrikhalle, über ihm hängt ein Schild: „Smart Circular Product“. Er greift in einen Haufen aus zerbröckeltem Beton und wirft eine Handvoll in die Luft. „Das ist Zement – vermengt mit Wasser, Sand und Steinchen wird daraus Beton“, erklärt er. Zement könne problemlos aus der alten Betonmasse herausgefiltert und wiederverwendet werden. Stattdessen gilt der Schutthaufen heute meist als Abfallprodukt. „Die weltweite Zementherstellung verursacht momentan rund dreimal mehr CO2-Emissonen als der Flugverkehr“, sagt Schenk. Aber die Industrie beachte Möglichkeiten zur Wiederverwertung bislang kaum. Dabei sei die Aufbereitung problemlos im großen Stil möglich – das demonstrieren die Berge an recyceltem Zement, die sich in den Lagerhallen nebenan türmen. Er soll bald als Abschlussdeich am Ijsselmeer, dem See, an dem Amsterdam liegt, verbaut werden.

Das Zauberwort heißt Kreislaufwirtschaft. Aber wie soll das funktionieren, in einer Welt, in der Natur verschmutzen billiger ist als Natur schützen?

„Unser Ziel ist es nicht, bestimmte Firmen aus der Stadt zu werfen“, antwortet die stellvertretende Bürgermeisterin Doorninck. Sie wolle sie stattdessen zur Donut-Ökonomie „verführen“. Dazu hat sie sehr konkrete Forderungen, auch an die niederländische Regierung: Sie will eine Änderung des Steuersystems. Höhere Steuern auf Rohstoffe und niedrigere auf Arbeitskraft, so die Idee. „Dadurch würde es viel attraktiver und billiger, Produkte zu reparieren, statt ständig neue Rohstoffe von der anderen Seite der Welt anzukarren“, sagt sie. Obendrein würde das viele zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.

Regierung ignoriert Kritik am EEG-Entwurf

piqer:
Daniela Becker

Faktenbasiert wollen Politiker entscheiden, liest man oft. Wie genau die Novelle des Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) dann zustande kam, ist nicht wirklich zu erklären.

Mit dem neuen EEG, so wie es derzeit als Entwurf vorliegt, ist das erklärte Ziel von 65% Ökostrom bis 2030 nicht zu schaffen. Wie weit der Entwurf das Ziel der Bundesregierung verfehlt, zeigen zum Beispiel Berechnungen des Analyseinstituts Aurora Energy Research Ltd (Nachzulesen im Tagesspiegel Background). Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft ist der Ansicht, dass die in der EEG-Novelle geplanten Ausbaumengen von Solar- und Windenergieanlagen bei steigendem Strombedarf in Verkehr, Gebäuden und Industrie nicht ausreichen werden, um die gesteckten Ökostrom-Ziele zu erreichen.

Diverse Interessenverbände hatten immer wieder versucht, die Regierung darauf hinzuweisen, dass es schwierig wird mit der klimafreundlichen Elektrifizierung, wenn zu wenig Ökostrom produziert wird. So hatten 13 Bundesverbände aus dem Mittelstand, der Landwirtschaft, der Energie- und Immobilienwirtschaft, dem Handwerk sowie dem Umwelt- und Verbraucherschutz in einem gemeinsamen Appell an Spitzenpolitiker aus Bund und Ländern gerichtet.

Sie wollen, dass der Entwurf „eines der wichtigsten Klimaschutzgesetze“, das EEG 2021, verbessert wird, damit die Energiewende und der Umstieg auf Elektromobilität nicht erschwert werden.

Bis heute gibt es bspw. keine Anschlusslösung für Windenergiebestandsanlagen, die aus dem EEG fallen – obwohl der Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) das immer wieder öffentlich versprochen hatte. Diese Anlagen drohen nun abgerissen zu werden. Ja, richtig gelesen. Anstatt Windenergie auszubauen, werden in Deutschland Anlagen abgebaut werden. (Mehr Hintergrund dazu hier.)

Auch die Förderung des Solarausbaus und Abbau von Hemmnissen in diesem Bereich, etwa bei der Eigennutzung, bleibt weit hinter den Möglichkeiten, wie Kritiker:innen immer wieder betont haben.

Die Regierung ficht das alles nicht an. Nicht nur, dass sie weiterhin keine Regelungen getroffen hat, den EE-Ausbau nicht weiter zu blockieren, sie hantiert auch noch mit falschen Prämissen.

Obwohl nach nahezu allen Experteneinschätzungen klar ist, dass mit dem EEG 2021 in der jetzigen Form weder Deutschlands Klimaziele noch die Ausbauziele für erneuerbare Energien erreicht werden, sei die Regierung „einen großen Schritt in Richtung Klimaneutralität gegangen“, behauptet das Papier.

Ohne die Auswirkungen der Coronakrise zu erwähnen, wird dazu beispielsweise das voraussichtliche Erreichen des Klimaziels für 2020 – 40 Prozent CO2-Reduktion gegenüber 1990 – als Erfolg des Klimapakets vereinnahmt.

Für diese Fehlleistung ist übrigens nicht der Wirtschaftsminister alleine verantwortlich. Auch die SPD, man könnte es manchmal vergessen, ist ja Teil der Großen Koalition.

Oder wie Jörg Staude es formuliert:

Zum EEG ist in der Bilanz nur zu lesen, dass sich die Gesetzesnovelle noch im parlamentarischen Verfahren befinde. Weiter heißt es wörtlich: „Ziel der SPD-Fraktion ist ein deutlich schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien, mehr Fläche für den Ausbau von Wind- und Solarenergie, die Stärkung von Bürgerenergiegenossenschaften und Mieterstrommodellen und die finanzielle Beteiligung der Anrainer-Kommunen an den Erträgen der Windkraft.“

Warum dann die SPD-geführten Ressorts Umwelt, Finanzen, Justiz sowie Arbeit dem Kabinettsbeschluss zur EEG-Novellierung zugestimmt haben, geht aus den Vorlagen nicht hervor.

Index: Deutschland ist beim Klimaschutz nur mittelmäßig

piqer:
Nick Reimer

Der vergangene November war der heißeste November seit Beginn der Wetteraufzeichnungen: Wie das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus der EU mitteilte, war der November 2020 um 0,8 Grad wärmer als der Mittelwert aus den Jahren 1981 bis 2010. Dramatisch warm war es demnach in Sibirien, im arktischen Meer und in Teilen Nordeuropas, der USA, Südamerikas und in Australien, wo gerade Rekordtemperaturen gemessen wurden.

2020 droht damit, das wärmste Jahr in der Menschheitsgeschichte zu werden: Mit 1,07 Grad Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Niveau übertreffen die Temperaturen sogar die Temperaturen des El-Nino-Jahrs 2016.

Wer was wie engagiert gegen die Klimaerwärmung unternimmt? Das erfasst die Umweltorganisation Germanwatch jedes Jahr in einem Index. Normalerweise wird der immer auf der jährlichen Klimakonferenz vorgestellt, aber die fällt 2020 wegen Corona aus. Also hat Germanwatch den Index online veröffentlicht, mit einigen überraschenden Ergebnissen. Am meisten für den Schutz des Klimas unternimmt demnach wie seit vielen Jahren Schweden, auf Platz zwei und drei folgen Großbritannien und Dänemark. Deutlich verbessert haben sich Indien (Platz 10) und die EU, die im Index um sechs Plätze auf Rang 16 klettert. Deutschland hingegen ist zwar verbessert, aber weiterhin nur mittelmäßig – aktuell auf Platz 19 von 58, etwa hinter Ländern wie Marokko (7), Chile (9), Finnland (11) oder der Schweiz (14) und Portugal (17). Deshalb stehe die Union an diesem Donnerstag „am Scheideweg“, meint Germanwatch: Auf einem EU-Gipfel wird in zwei Tagen das neue Klimaziel der 27 Mitgliedsstaaten bis 2030 verhandelt, Deutschland leitet den Gipfel als Ratspräsident.

Germanwatch analysiert und vergleicht mit seinem Partner NewClimate Institute den Klimaschutz in den 57 emissionsstärksten Ländern und der EU (gesamt). Damit untersuchen beide Organisationen jene Staaten, die weltweit für insgesamt 90 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Und immerhin verbreitet Jan Burck von Germanwatch einen Hoffnungsschimmer:

„Wir stehen schon am Scheideweg. Momentan sehen wir, dass viele Länder ihre Ziele erhöhen, dass gerade große Emittenten wie zum Beispiel China, aber auch Japan, langfristige Strategien vorlegen, wie sie auf null Emissionen bis 2050 beziehungsweise 2060 kommen. Und natürlich sehen wir, dass auch in der Coronakrise starke Emissions-Reduktionen möglich waren, und hoffen, dass 2019 dementsprechend das Jahr mit den weltweit höchsten Emissionen war.“

Die ersten drei Plätze im Klimaschutz-Index sind übrigends auch 2020 frei geblieben (ich habe 2008 Germanwatch aufgefordert, in diesem Ranking keine ersten Plätze zu vergeben): Gemessen an den Klimazielen des Pariser Abkommens war der Einsatz laut Germanwatch in keinem einzigen Land ausreichend.