Eurokrise

Wieso eine kanadische Firma jetzt in Portugal mitregiert

Die Minderheitsregierung des neuen portugiesischen Ministerpräsidenten Costa will den Sparkurs aufweichen. Ob das klappt entscheidet sich aber nicht nur in Lissabon oder Brüssel – sondern auch in Toronto.

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Verblüffende Ähnlichkeit mit Lissabon: Toronto im Winter. Foto: Nick Harris via Flickr (CC BY-ND 2.0)

Seit dem letzten Dienstag hat Portugal eine neue Regierung. Nach einer langen Hängepartie wurde Antonio Costa, Chef der Sozialistischen Partei von Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva zum neuen portugiesischen Ministerpräsidenten ernannt. Costa will künftig eine Minderheitsregierung mit Unterstützung des kommunistisch-grünen Bündnisses (CDU) und dem Linksblock BE führen.

Das Programm des Linksbündnisses besteht zu größten Teilen in einer Lockerung der Spar- und Reformprogramme, die Portugal in den letzten fünf Jahren umgesetzt hat. So soll beispielsweise der Mindestlohn angehoben werden, die Kürzung von Sozialausgaben rückgängig gemacht und gestrichene Feiertage wieder eingeführt werden.

Costa kündigte auch an, die Defizitvorgaben der EU einzuhalten. Dennoch ist man in Brüssel nicht begeistert über den Linksrutsch in Portugal. Wirklich in die Parade fahren kann man der neuen portugiesischen Regierung aber nicht, seitdem Portugal sein Rettungsprogramm im Mai 2014 abgeschlossen hat.

Ob Costa sein Programm aber tatsächlich durchziehen kann, entscheidet sich nicht nur in Lissabon – sondern auch in Toronto.

In der kanadischen Metropole hat die Ratingagentur DBRS ihren Hauptsitz. DBRS ist mit Abstand die kleinste der international tätigen Ratingagenturen. Ihr Hauptanteilseigner ist die Carlyle Group, eine der größten Schattenbanken in den USA. Der Bekanntheitsgrad von DBRS liegt weit unter dem der drei US-Riesen Standard & Poor´s, Moody´s und Fitch – doch im Fall Portugal kommt ihr nun eine unglaublich große Bedeutung zu.

Der Grund dafür liegt in den Statuten der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB zieht sowohl für die normalen Refinanzierungsgeschäfte der Geschäftsbanken wie auch für die Anleihenkäufe im Rahmen des QE-Programms jeweils das beste Rating aller vier Agenturen heran. Nur Staatsanleihen mit einem Rating im Bereich Investment-Grade dürfen bei der EZB als Sicherheiten eingereicht werden und können durch das QE-Programm erworben werden. Und hier kommt DBRS ins Spiel.

Nur bei DBRS hat Portugal noch einen Investment-Grade-Status

Denn die Kanadier bewerten als einzige Ratingagentur Portugal gerade noch mit einem Rating im Bereich „Investment-Grade“. Bei S&P, Fitch und Moody´s ist das Land bereits seit langem auf Ramsch-Niveau herabgestuft worden. Sollte Portugal in den kommenden Monaten von DRBS also heruntergestuft werden, wäre das Land von der EZB-Finanzierung abgeschnitten.

Die Folge wäre mit ziemlicher Sicherheit ein heftiger Anstieg der Zinsen, die Portugal für seine Staatsfinanzierung an den Finanzmärkten zahlen müsste. Außerdem kämen die portugiesischen Banken in Schwierigkeiten, weil sie auf die Refinanzierungsgeschäfte mit der EZB angewiesen sind.

In diesem Fall würde sich mit ziemlicher Sicherheit das Szenario der Griechenland-Krise aus dem Frühjahr wiederholen. Wie erwähnt hat Portugal sein Rettungsprogramm beendet, hängt also nicht mehr am Tropf der Eurostaaten. Seitdem refinanziert sich das Land wieder an den Kapitalmärkten. Sollten diese von Portugal aber erneut deutlich höhere Zinsen verlangen – und das würden sie aufgrund der EZB-Konstellation definitiv im Fall einer Rating-Herabstufung –  müsste sich die neue portugiesische Regierung früher oder später erneut mit einem Hilfsantrag an die anderen Euroländer wenden.

Damit wäre die Abkehr von der Sparpolitik auch wieder Geschichte und eine erneute zähe Hängepartie zwischen der Eurogruppe und einer Anti-Austeritätsregierung vorprogrammiert.

DBRS hat bereits klar gemacht, was sie von der portugieischen Regierung nicht sehen will

Am 13. November – drei Tage nach dem Sturz der alten Regierung  – hat DBRS jedenfalls schon mal klar gemacht, was man von der neuen Regierung nicht sehen will. Zwar wurde das Rating und auch der Ausblick für Portugal auf dem derzeitigen Niveau bestätigt.

Doch in der Begründung heißt es auch: „Wie wären besorgt, wenn sich die fiskalische Abweichung [gemeint ist eine Aufweichung des Sparkurses] als dauerhaft erweisen würde und falls Privatisierungen zurückgenommen werden.“ Weiteren Grund zur Besorgnis würde zudem eine „Rückführung der Reformen“ geben.

Ob DBRS den Daumen über Portugal senkt, wird sich spätestens in einem halben Jahr zeigen. Bis dahin muss die Ratingagentur ihre nächste Bewertung vorlegen. Diese wird auch darüber entscheiden, wie es mit dem ohnehin als sehr wacklig angesehenen Bündnis aus Sozialisten, Grünen und Kommunisten weitergeht. In jedem Fall wird Portugal jetzt auch von Kanada aus regiert.