Geldpolitik

Müssen wir Angst vor einem „Tighten Tantrum“ haben?

Es mehren sich die Sorgen, dass die Emerging Markets durch die Aussicht auf eine straffere Geldpolitik der US-Notenbank durcheinandergewirbelt werden könnten. Aber es gibt auch Gründe dafür anzunehmen, dass die Situation dieses Mal weniger schwierig ist als noch vor fünf Jahren.

Im Mai 2013 versetzte Ben Bernanke, der damalige Vorsitzende der US-Notenbank Federal Reserve, die Emerging Markets mit der bloßen Andeutung in Aufruhr, dass die Fed ihre monatlichen Wertpapierkäufe im Rahmen ihres sogenannten QE-Programms zurückfahren könnte. Eine solche Maßnahme würde bedeuten, dass jeden Monat weniger neue Dollar-Liquidität in die Schwellenländer strömen würde. In einer als „Taper Tantrum“ bekannten Episode stürzten die Währungen, Bond- und Aktienkurse in den Emerging Markets ab.

Spulen wir fünf Jahre vor. Momentan liegt das präferierte Inflationsmaß der Fed beim langfristigen Ziel von 2% und die Arbeitslosenquote bei 3,9% – also unter der von der Fed geschätzten NAIRU (non-accelerating inflation rate of unemployment). Stehen wir nun an der Schwelle zu einem „Tighten Tantrum“, also einer Phase, in der die Emerging Markets durch die Aussicht auf eine straffere Geldpolitik der Fed durcheinandergewirbelt werden?

Bisher konnten wir schon einige Anzeichen von Nervosität erkennen, etwa als im letzten Monat Gelder aus den Emerging Markets abgeflossen waren. Dennoch gibt es Gründe, dieses Mal weniger besorgt zu sein. Einer lautet, dass die Fed wohl weniger gewillt ist, von ihrem Forward Guidance-Skript abzuweichen, wie es der Präsident der Fed von Minneapolis Neil Kashkari im März angedeutet hat – selbst wenn die jüngsten Daten mittlerweile eine schnellere geldpolitische Straffung rechtfertigen würden. Aber der wesentlich wichtigere Grund liegt darin, dass der Haupttreiber für die Flucht aus den Emerging Markets vor fünf Jahren heutzutage weniger bedeutend ist.

Wie wir 2013 gezeigt haben, schadet eine geldpolitische Straffung durch die Fed am ehesten jenen Emerging Markets, die hohe Leistungsbilanzdefizite haben, weil diese durch den Import von Kapital finanziert werden müssen. Die folgende Grafik verdeutlicht, dass es fast quer durch die Bank Verbesserungen bei diesem Indikator gab. (Die einzig nennenswerte Ausnahme ist Argentinien, das in den letzten Wochen seinen Leitzins auf 40% angehoben und den Internationalen Währungsfonds um einen Kredit ersucht hat.) Zudem haben die meisten Zentralbanken dieser Länder ihre Bestände an ausländischen Devisenreserven in Relation zu ihrer Wirtschaftsleistung erhöht und sind so eher in der Lage, im Falle einer Kapitalflucht Liquidität bereitzustellen.

Diese Faktoren – niedrigere Leistungsbilanzdefizite und höhere Devisenreserven – legen nahe, dass der jetzige Fed-Chef Jerome Powell schon mehr liefern müsste als Ben Bernankes verbalen Schock von 2013, um heutzutage ein Tighten Tantrum auszulösen.

 

Zu den Autoren:

Benn Steil ist Senior Fellow und Direktor für internationale Volkswirtschaftslehre beim Council on Foreign Relations (CFR) in New York.

Benjamin Della Rocca arbeitet beim CFR als Analyst am Center for Geoeconomic Studies.

 

 

Hinweis:

Dieser Beitrag ist zuerst in englischer Sprache im Geo-Graphics Blog des CFR erschienen. Die Übersetzung erfolgte mit Genehmigung des CFR durch die Makronom-Redaktion.