Kampf gegen den Klimawandel

„Man muss aufzeigen, wie man trotzdem weiter Armut bekämpfen kann“

Ein Gespräch mit dem Nachhaltigkeitsforscher Felix Ekardt über die Instrumente einer ambitionierten Klimapolitik, die Bedeutung eines Postwachstumszustands und die Beschlüsse des jüngsten UN-Anpassungsgipfels.

Felix Ekardt ist Gründer und Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik in Berlin und Leipzig. In dieser Position ist er regelmäßig politikberatend tätig, bspw. für das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt, und Mitglied unterschiedlicher Sachverständigenkommissionen. Außerdem ist er Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Universität Rostock. Seine Forschungsschwerpunkte liegen u.a. im Bereich der Nachhaltigkeitsforschung sowie der Umweltpolitik, -Governance und -Gerechtigkeit. 

Mit Lennard Sund sprach Ekardt über Instrumente einer ambitionierten Klimapolitik, die Bedeutung eines Postwachstumszustands für Wirtschaftssystem und technischen Fortschritt und erläutert, warum die Beschlüsse des jüngsten UN-Anpassungsgipfels den Kampf gegen den Klimawandel nicht weiterbringen werden.

Herr Ekardt, können wir das 1,5-Grad-Ziel überhaupt noch erreichen?

Felix Ekardt: Zu behaupten, dies sei unrealistisch, ist letzten Endes keine wissenschaftliche Aussage, sondern eine Mutmaßung darüber, wie groß unser aller Bereitschaft ist, sich des Themas anzunehmen. Der größte Teil der naturwissenschaftlichen Forschung geht jedenfalls nicht davon aus, dass es die Naturgesetze unmöglich machen, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten.

Aber natürlich gibt es viele menschliche Motive, die hinderlich sind. Faktoren wie Eigennutzenkalküle, Normalitätsvorstellungen oder Emotionen wie beispielsweise Bequemlichkeit spielen da eine Rolle. Auch Pfadabhängigkeiten sind relevant.

Ist es denn überhaupt sinnvoll, gerade die 1,5 Grad anzuvisieren? Oder erzeugen wir damit nicht eher die Haltung, dass wir es dann auch gleich bleiben lassen können, da wir unser Ziel ohnehin nicht mehr erreichen?

Grundsätzlich haben Ziele und Visionen eine motivierende Kraft für Menschen – besonders dann, wenn auch Eigennutzenkalküle bedient werden. Klimaschutz kann die Welt friedlicher machen. Er kann Menschenleben retten oder menschliche Leben verlängern. Er kann sogar ökonomisch vorteilhaft sein – zumindest im Vergleich zu einem Zusammenbruchsszenario mit massiven Naturkatastrophen, Wasser- und Nahrungsknappheit, Kriegen und Bürgerkriegen.

Gleichzeitig ist es natürlich so, dass völlig unerreichbar erscheinende Ziele auch demotivieren können. Ähnlich wie Katastrophenszenarien können sie uns in unserem Handeln bestärken, weil Angst eben auch etwas Motivierendes hat. Sie können uns aber auch lähmen.

Wichtig ist in jedem Fall, konkrete Wege aufzuzeigen, die man gehen kann – also deutlich zu machen, welche technischen Möglichkeiten wir haben und auch welche Möglichkeiten, uns anders zu verhalten. Denn die 1,5-Grad-Grenze ist schlicht zu ambitioniert, um sie rein technisch zu erreichen. Wege aufzeigen heißt auch, dass man konkrete Politikinstrumente benennt. Wobei die natürlich nicht vom Himmel fallen. Die muss jemand erkämpfen.

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