Kinder- und Altersarmut

Der (scheinbare) Zahlensalat in der Armutsberichterstattung

Steigt oder sinkt die Armut in Deutschland? Das hängt auch davon ab, ob man die „richtige“ Statistik wählt. Ein Beitrag von Stefan Sell.

Bild: Pixabay

Jahr für Jahr legt der Paritätische Wohlfahrtsverband seinen „Armutsbericht“ vor. Und Jahr für Jahr produziert er damit Schlagzeilen, die ein Teil der Medien gerne aufgreift, während andere routiniert die Zugbrücke hochziehen und als Panikmache und Skandalisierung verurteilen, wo doch alles besser geworden sei in unserem Land.

Die letzte Woche erschienene 2020er Ausgabe des Armutsberichts vermeldete zunächst einen deprimierenden Rekord. Die Armutsquote sei auf 15,9% gestiegen, über 13 Millionen Menschen sind betroffen – die „größte gemessene Armut seit der Wiedervereinigung“. Außerdem habe sich die Hoffnung aus früheren Jahren auf fallende Zahlen nicht bestätigt, so der Paritätische.

Allerdings vermeldeten ebenfalls in der Vorwoche zahlreiche Medien, dass die Kinderarmut „deutlich gesunken“ sei. So sank der Anteil der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Kinder in Deutschland 2019 auf 15%. 2018 waren es noch 17,3% gewesen, 2010 sogar 21,7%. Ein dramatischer und höchst erfreulich Rückgang – der scheinbar so gar nicht zu den weltuntergangshaften Botschaften des Paritätischen passt.

Dessen Geschäftsführer Ulrich Schneider twitterte dann auch umgehend, dass die Meldung zur sinkenden Kinderarmut „leider falsch“ sei. Das Ganze wird noch irritierender dadurch, dass die positiven Zahlen vom Statistischen Bundesamt kommen – auf das sich im Übrigen auch der Paritätische beruft, der in seinen Armutsberichten auch „nur“ die Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik aufbereitet.

Was genau ist hier los? Und kann man diesen (scheinbaren) Widerspruch irgendwie auflösen?

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