Rezension

Wo Joseph Stiglitz Recht hat – und wo nicht

Mit seinem Buch „Europa spart sich kaputt“ hat Joseph Stiglitz auch in Deutschland für viel Aufsehen gesorgt. Zurecht, denn der Nobelpreisträger schreibt mit Verve gegen das Hinnehmen von Massenarbeitslosigkeit und Armut an. Andererseits sollte man sich davor hüten, Stiglitz als Handlungsanweisung zur Auflösung des Euros zu lesen – denn in diesem Punkt ist seine Analyse oft blauäugig und wenig durchdacht. Eine Rezension von Jan Priewe.

Joseph Stiglitz ist ein Schwergewicht der internationalen Ökonomenzunft. Mit seinem neuesten Buch hat der Nobelpreisträger und ehemalige Chefvolkswirt der Weltbank auch in Deutschland für einiges Aufsehen gesorgt – wozu allein schon die Wahl des Titels beigetragen haben dürfte: Im Original heißt das Werk „The Euro – How a Common Currency Threatens the Future of Europe“, in der deutschen Übersetzung „Europa spart sich kaputt“.

Beide Titel sind irreführend, das gilt vor allem für die deutsche Ausgabe. Denn Stiglitz‘ Botschaft ist in Wirklichkeit komplizierter, als beide Titel andeuten: Für Stiglitz ist die finale Ursache der Eurokrise die Konstruktion des Euro selbst – der Euro könne, so wie er mit dem Maastricht-Vertrag 1992 geschaffen wurde, nicht funktionieren: Die zugehörigen „komplementären Institutionen“ seien vergessen worden und folgten zudem einer neoliberalen Leitlinie. Zwar könne das Eurosystem gerettet und funktionsfähig gemacht werden, aber dies hält Stiglitz für schwierig und stünde im Gegensatz zum wirtschaftspolitischen Denken im wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream und in der Politik, vor allem in Deutschland.

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