Analyse

Ist die Eurozone vielleicht doch ein „optimaler Währungsraum“?

Viele Eurokritiker wie Hans-Werner Sinn folgen der „Theorie optimaler Währungsräume“ und meinen, dass die Währungsunion in ihrer heutigen Form aufgelöst werden sollte. Tatsächlich ist die Rettung des Euros keinesfalls „alternativlos“ – wir sollten uns allerdings klarmachen, dass sein Zusammenbruch die schlechteste aller Alternativen wäre. Eine Analyse von Jan Priewe.

Lohnt es sich, den Euro trotz all seiner Schwächen zu verteidigen? Foto: Rosa-Luxemburg-Stiftung via Flickr (CC BY 2.0)

Viele Ökonomen, die den Euro und eine Europäische Währungsunion rundweg ablehnen, folgen der „Theorie optimaler Währungsräume“, die in den 1960er Jahren entwickelt wurde. Der prominenteste deutsche Vertreter ist in dieser Hinsicht sicherlich Hans-Werner Sinn. Dazu muss man allerdings wissen, dass es die Theorie optimaler Währungsräume gar nicht gibt – vielmehr existieren verschiedene, teils stark konkurrierende Ansätze.

Dieser Beitrag gibt einen Überblick der wichtigsten Vertreter und Meinungsführer in dieser für die weitere Entwicklung Europas nach wie vor hoch relevanten Debatte.

Erste Generation: Nur homogene Währungsräume

Der spätere Nobelpreisträger Robert Mundell schrieb 1961 in einem berühmten Aufsatz, dass Staaten nicht unbedingt optimale Währungsräume sind. Letztere können kleiner als Staaten sein, aber auch mehrere Staaten umfassen. Dabei ging es Mundell nicht unbedingt um eine Währungsunion mit einer Gemeinschaftswährung, sondern in erster Linie um unwiderruflich feste Wechselkurse. Ein optimaler Währungsraum zeichnet sich demnach durch starke ökonomische Verflechtung und vor allem durch uneingeschränkte Kapital- und Arbeitsmobilität aus. In einem solchen Raum könne eine einheitliche Geldpolitik und ein einheitlicher Wechselkurs gegenüber Drittländern problemlos funktionieren, es bedarf nicht unbedingt einer eigenständigen Geldpolitik für die verschiedenen Teile des Währungsraums.

Erfolgt beispielsweise in einem Teil des Währungsraums ein negativer Schock („asymmetrischer Schock“), in dessen Folge die Arbeitslosigkeit steigt, werden die Menschen in andere Regionen des Währungsraums abwandern oder Kapital aus diesen Regionen in die betroffenen Gebiete fließen. Mundell war sich bewusst, dass ein Währungsraum in der Regel mit einem Nationalstaat identisch ist. Sind die Voraussetzungen für einen solchen optimalen Währungsraum nicht gegeben, sei es besser, wenn eine Region ihre Währung auf- oder abwerten kann. Es war damit klar, dass ein optimaler Währungsraum eher klein ist.

Wenig später schrieb Ronald McKinnon, kleine offene Volkswirtschaften mit hoher Handels- und Kapitalverflechtung seien als eigenständige Währungsräume weniger geeignet. Denn die Handelsverflechtung führe dazu, dass asymmetrische Schocks – die nur Teile eines Währungsraums betreffen – eher unwahrscheinlich seien, so dass Auf- oder Abwertungen entbehrlich sind. Der Arbeits- und Kapitalmobilität innerhalb des Währungsraums wies er eine geringere Bedeutung zu. McKinnon zufolge kann ein optimaler Währungsraum also auch größer sein und mehrere Länder umfassen.

Zweite Generation: Die Euro-Vordenker

Weniger bekannt ist, dass sowohl Mundell als auch McKinnon ihre Meinung nach dem Ende des Währungssystems von Bretton Woods im Jahr 1973 und dem Übergang zu flexiblen, marktbestimmten Wechselkursen änderten. Sie leiteten so die zweite Generation der Theorie optimaler Währungsräume ein. Mundell argumentierte bereits ab 1973, dass monetäre Faktoren nun doch für größere optimale Währungsräume sprechen.

McKinnon formulierte dies noch prägnanter. Seine Argumente:

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