Economists for Future

Es braucht mehr als nur die passive Toleranz der Energiewende

Wie muss die Energiewende gestaltet werden, damit sie nicht als Gängelung durch eine sich weiter differenzierende Klimaschutzbürokratie wahrgenommen wird – sondern in der Breite der Bevölkerung eine aktive Befürwortung und Bejahung entsteht?

Bild: Pixabay

Unsere Gesellschaft befindet sich inmitten eines tiefgreifenden Transformationsprozesses. Im Zentrum: die Wirtschaft. Die nächsten Jahre werden entscheiden, ob uns der Wandel by disaster passiert oder uns by design gelingt.

Die Debattenreihe Economists for Future widmet sich den damit verbundenen ökonomischen Herausforderungen. Sie beleuchten einerseits kritisch-konstruktiv Engführungen in den Wirtschaftswissenschaften sowie Leerstellen der aktuellen Wirtschaftspolitik. Andererseits diskutieren wir Orientierungspunkte für eine zukunftsfähige Wirtschaft und setzen Impulse für eine plurale Ökonomik, in der sich angemessen mit sozial-ökologischen Notwendigkeiten auseinandergesetzt wird.

Die erste Ausgabe der Debattenreihe erschien zwischen September und Dezember 2019. Der zweite Teil der Serie startete im September 2020, der dritte im Juni 2021. In der neuesten Ausgabe werden in den kommenden Monaten Aspekte rund um Macht & Märkte thematisiert. Hier finden Sie alle Beiträge, die bisher im Rahmen der Serie erschienen sind.

„Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele.“ Dieses Zitat von Friedrich Wilhelm Raiffeisen gehörte zu den zentralen Leitsätzen einer im Nachhinein sehr kurzen Gründungsbewegung, die vor reichlich zehn Jahren in Deutschland angetreten war, um die Energiewende vor Ort umzusetzen. Innerhalb von nur fünf Jahren gründeten sich zwischen 2009 und 2014 mehr als 600 Energie-Genossenschaften, die sich dem Ausbau der Photovoltaik, dem Betrieb von Nahwärmenetzen und in geringerem Umfang der Windkraft verschrieben hatten.

Für viele vor Ort Engagierte schien das bisher Unmögliche möglich: Es wurde nicht nur diskutiert, wie man sich regional zu 100% mit erneuerbaren Energien versorgen kann, sondern mit jeder Anlage kam man diesem Ziel einen Schritt näher. Über Parteigrenzen und hergebrachte ideologische Gräben hinweg gab es vielerorts ein bisher unbekanntes Engagement für Umwelt- und Klimaschutz, das auch wirtschaftlich der jeweiligen Region zu Gute kommen sollte. Nicht länger sollte Kaufkraft für den Erwerb von Gas und Öl ins Ausland abfließen, sondern durch regionale Wirtschaftskreisläufe in der Region gehalten werden.

Doch dieser Gründungsbewegung wurde gewollt oder ungewollt bundespolitisch ein schnelles Ende bereitet: Die zentrale Rechtsgrundlage, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, wurde ab 2012 unter dem vermeintlichen Eindruck explodierender Kosten mehrfach geändert, so dass die Wirtschaftlichkeit für viele genossenschaftliche Projekte nicht mehr gegeben war. Bürokratische Hürden erschwerten massiv ein Engagement für die Energiewende und die Projektierungsrisiken waren für bürgerschaftliche Genossenschaften kaum noch tragbar. Nicht zuletzt rückten die Aktivitäten der Energie-Genossenschaften ins Visier der Bundesfinanzaufsicht, die finanzielle Beteiligungen an größeren Investitionsvorhaben prüfte und damit für große Verunsicherung sorgte.

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