2019 ist Schluss: Die EZB hat ein Auslaufen ihres QE-Programms angekündigt. Allerdings machte die Zentralbank auch klar, dass ihr Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik sehr langsam von statten gehen wird.
Jetzt ist es also raus. Die Europäische Zentralbank will ihr QE-Programm zum Jahresende auslaufen lassen. Außerdem wird sie im letzten Quartal nur noch 15 statt bisher 30 Milliarden Euro aufkaufen.
Gleichzeitig machte die EZB aber durch eine Anpassung ihrer Forward Guidance klar, dass ihr Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik ein sehr gemächlicher sein wird: Sie „erwartet“, dass die Leitzinsen „mindestens bis zum Sommer 2018“ und so lange, bis sich ein „nachhaltiger“ Anstieg der Inflation abzeichnet, unverändert bleiben werden.
Zudem muss man berücksichtigen, dass die EZB in Sachen QE sprachlich sehr vorsichtig agiert: Der Zentralbankrat „antizipiert“ ein Ende der Käufe im Dezember – das ist in der sehr eigenen Welt der Zentralbanker so ziemlich das schwächste verfügbare Commitment (stärkere Worte wären etwa „erwartet“ oder „beabsichtigt“ gewesen). Zudem betont die EZB, dass ein tatsächliches Auslaufen der Käufe natürlich auch von der weiteren Entwicklung der Datenlage abhängig sein wird – eigentlich eine Selbstverständlichkeit und somit eine überflüssige Aussage, die aber ebenfalls Spielraum für etwaige geldpolitische Anpassungen schaffen und Ängste vor (bzw. Hoffnungen auf) einen allzu abrupten Ausstieg dämpfen soll.
In jedem Fall beginnt jetzt für die EZB und die Eurozone eine weitere heiße Phase des Einstiegs aus dem Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik (denn dies sollte man stets im Hinterkopf behalten: die geldpolitische Ausrichtung wird auch nach dem gestrigen Statement mindestens bis zur ersten Hälfte des nächsten Jahres expansiv bleiben). In unserem Tapering-Monitor werden wir daher auch weiterhin wie nach jeder EZB-Sitzung dokumentieren, wie sich die geldpolitischen Anpassungen auf verschiedene volkswirtschaftliche Bereiche auswirken.
Hier zunächst ein kurzer Blick auf die wichtigsten Entwicklungen seit der letzten Ratssitzung im April. Am Textende finden Sie wie gewohnt die Übersicht mit allen betrachteten Indikatoren und den entsprechenden Erläuterungen.
Hier noch abschließend die Übersicht aller von uns berücksichtigten Indikatoren. Wenn Sie auf einen Indikator klicken, öffnet sich ein Fenster mit den dazugehörigen Charts sowie Erklärungen, warum wir das Verfolgen dieses Indikators für wichtig erachten.
QE-Käufe & EZB-Bilanz
Inflation
Kreditvergabe
Zinsen
Arbeitsmarkt & Konjunktur
Wechselkurse
Profitabilität der Banken
Aktienmärkte
Zu den Autoren:
Lukas Nüse ist Student an der Hertie School of Governance in Berlin und hat zuvor Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn studiert. Außerdem hat er u.a. bei der Bertelsmann-Stiftung in Brüssel, im Bundesfinanzministerium sowie im Bundesministerium für Arbeit und Soziales gearbeitet.
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht der offizielle Titel des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Diesem Verfahren ist die EZB auch nach der Reduzierung ihres angepeilten Kaufvolumens bisher treu geblieben. Die Kaufzahlen für die ersten fünf Monate des Jahres 2018 haben zudem bereits gezeigt, dass die Zentralbank ihr monatliches Kaufvolumen primär dadurch reduziert, dass sie weniger Staatsanleihen kauft, wenngleich deren Volumen im April und Mai wieder etwas gestiegen ist:
*APP tatsächlich: Diese Linie zeigt, wie viel die EZB während der bisherigen drei Phasen des APP (Zielwert März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro, Zielwert April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro, Zielwert April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro, Zielwert Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro) durchschnittlich pro Monat gekauft hat. Quellen: EZB, eigene Berechnungen
Der folgende Chart macht dies noch deutlicher. Er zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme am Gesamtprogramm während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen (PSPP) seit Jahresbeginn auf um die 70% reduziert hat. Zuvor waren es deutlich über 80% gewesen. Im April und die Mai stieg die Quote wieder auf rund 77%:
Quellen: EZB, eigene Berechnungen
Reinvestitionen fälliger Anleihen
Die gesamten APP-Bestände in der EZB-Bilanz dürften in etwa dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von knapp 2,6 Billionen Euro erreichen.
Anmerkung: Die Bestände werden immer am Ende eines Quartals um Amortisierungen bereinigt. Das bedeutet, dass der Wert von unter ihrem Nominalwert gekauften Anleihen nach oben korrigiert werden, wenn sie näher an ihren Fälligkeitstermin kommen. Für über Nominalwert gekaufte Anleihen gilt entsprechend eine Abwärtskorrektur. *Erwarteter Verlauf auf Basis der EZB-Ankündigung, ab Januar 2018 im Rahmen des APP monatlich Wertpapiere im Wert von 30 Milliarden Euro erwerben zu wollen. Die Reinvestionsvolumina sind nicht dabei nicht berücksichtigt. Quellen: EZB, eigene Schätzungen
Wichtige Ergänzung zum obigen Chart: Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird – die Geldpolitik wird auch bei einem Stopp der Ankäufe weiterhin expansiv bleiben. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen seitdem wiederholt erneuert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird die Zentralbank – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
Die EZB veröffentlicht und aktualisiert regelmäßig Zahlen zu den in den kommenden Monaten fälligen Volumina. Hier die Übersicht für die einzelnen Monate und Unterprogramme, aus der auch ersichtlich wird, dass es sich bei den Reinvestitionen um durchaus nennenswerte Größenordnungen handelt. So werden beispielsweise im Januar 2019 Papiere im Wert von rund 25 Milliarden Euro fällig, was nur etwas weniger ist, als die EZB momentan „regulär“ ankauft.
Quelle: EZB
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre.
Diese „Bevorzugung” der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss – die letzten Monate deuten zumindest einen vorsichtigen Trend in diese Richtung an. Kritiker werfen der EZB allerdings vor, sie würde manche Länder bevorzugen, was EZB-Präsident Mario Draghi ausdrücklich verneint: Abweichungen vom Kapitalschlüssel beim Ankauf der Anleihen seien nur ein temporäres Phänomen, der Bestand an Anleihen orientiere sich weiterhin am Kapitalschlüssel. In den letzten Monaten sind die Abweichungen vom Kapitalschlüssel jedenfalls meist geringer gewesen, als dies 2017 der Fall war.
Wie die folgende Grafik zeigt, gab es im Mai einen Ausreißerwert in bisher noch nicht dagewesener Größenordung: Die EZB kaufte deutsche Staatsanleihen in einem Ausmaß, das um 5% über der eigentlich nach dem Kapitalschlüssel vorgesehenen Volumen lag. Dies könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass im 2. Quartal besonders viele von der EZB gehaltene Staatsanleihen fällig geworden sind, die reinvestiert wurden.
Monatliche Abweichungen der Staatsanleihenkäufe vom Kapitalschlüssel
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen über die Hälfte der insgesamt mehr als 4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Mit dem Absenken der monatlichen Anleihekäufe ist in der kurzen Frist zu erwarten, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen, ist es auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern.
Quelle: EZB
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.
Die EZB bezeichnet die Anpassung ihres Programms selbst als „rescaling“. Damit umschifft die Zentralbank den Begriff „Tapering“. Dieses Wort bezeichnet im finanztechnischen Sinne die Reduzierung eines Anleihekaufprogramms durch eine Zentralbank. Das prominenteste Beispiel für eine solche Politik stammt aus dem Mai 2013. Damals deutete Ben Bernanke, der damalige Chef der US-Notenbank Federal Reserve, vor dem US-Kongress an, dass die Fed ihr QE-Programm in absehbarer Zeit zurückfahren könnte.
Und im Prinzip ist das, was die EZB im Oktober verkündet hat, nichts Anderes: Die Zentralbank reduziert ein weiteres Mal ihr monatliches Kaufvolumen, was man eben als Tapering bezeichnen kann.
Allerdings bestand ein Unterschied zwischen den US-amerikanischen QE-Programmen und dem der EZB darin, dass die Fed von Anfang an darauf verzichtet hat, einen Endtermin für ihre Käufe anzukündigen. Es war also ein Open-End-QE-Programm und Bernankes Botschaft im Mai 2013 war, dass er es langsam auslaufen lassen könnte. In diesem Sinne hat die EZB also keine klassische Reduzierung, sondern vielmehr eine Verlängerung ihres Programms beschlossen.
Wir sind bei der Benennung dieser Maßnahme etwas unentschlossen, und vor allem ziemlich leidenschaftslos – letztlich ist die konkrete Bezeichnung etwas für geldpolitische Semantiker. Für unseren Monitor verwenden wir die Tapering-Bezeichnung, weil sie schlicht und ergreifend plakativer als „rescaling“ oder „Tapering ultralight“ ist.
QE-Käufe und EZB-Bilanz
Die Bezeichnung QE-Programm (Quantitative Easing) ist nicht die offizielle Bezeichnung des Programms der EZB, sondern bezeichnet lediglich eine geldpolitische Methode, bei der die Zentralbank Schuldtitel kauft, um das Niveau der Marktzinsen nach unten zu drücken. Das QE-Programm heißt im offiziellen EZB-Sprachgebrauch Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) und wurde Anfang 2015 beschlossen. Das APP bestand zunächst aus drei Einzelprogrammen zum Ankauf
gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3, Start Oktober 2014),
forderungsbesicherter Wertpapiere (ABSPP, Start November 2014) und
von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (PSPP, Start März 2015).
Im Juni 2016 kam das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (CSPP) hinzu.
Eine genauere Beschreibung der einzelnen Programme finden Sie am Ende dieses Beitrags.
Die EZB hat für die einzelnen Programme keine konkreten Kaufvolumina, sondern lediglich monatliche Zielmarken für das gesamte APP festgelegt.
März 2015 bis März 2016: 60 Milliarden Euro
April 2016 bis März 2017: 80 Milliarden Euro
April 2017 bis Dezember 2017: 60 Milliarden Euro
Januar 2018 bis September 2018: 30 Milliarden Euro
Was kauft die EZB genau?
Der Blick auf die pro Monat aufgekauften Wertpapiere zeigt, dass die EZB durchaus die Zusammensetzung ihrer Käufe variiert hat und im Rahmen der einzelnen Programme unterschiedlich aktiv war. Auch lag das monatliche Kaufvolumen nicht immer präzise bei den angekündigten 60 bzw. 80 Milliarden Euro – allerdings hat die EZB während der jeweiligen Phasen im Durchschnitt doch ziemlich exakt das angekündigte Volumen gekauft.
Die unterschiedliche Gewichtung der Unterprogramme wird im folgenden Chart noch etwas deutlicher. Dieser zeigt, wie hoch der Anteil der jeweiligen Programme während der einzelnen Monate seit Start des APP im März 2015 war. Daraus wird ersichtlich, dass die EZB den Anteil der gekauften Staatsanleihen zuletzt wieder etwas reduziert hat (von in der Spitze über 90% auf zuletzt etwa 80%).
Worauf es zu achten gilt: Konkrete Umsetzung und Reinvestitionen fälliger Anleihen
In den kommenden Monaten gilt es also vor allem zu beobachten, wie die EZB die angekündigte Reduzierung ihres Aufkaufvolumens konkret umsetzt, weil sich dies auf die betroffenen Marktsegmente unterschiedlich auswirken wird. So hat die EZB wie oben gezeigt seit Start ihrer Aufkaufprogramme demonstriert, dass sie in der Lage und gewillt ist, die angekündigten Kaufvolumina auch tatsächlich umzusetzen. Das heißt, dass die gesamten APP-Bestände in ihrer Bilanz ungefähr dem im folgenden Chart skizzierten Verlauf (rote gestrichelte Linie) folgen und Ende September 2018 ein Gesamtvolumen von ca. 2,6 Billionen Euro erreichen dürften – die Frage ist eben lediglich, durch welche Wertpapiere die große weiße Lücke im Chart konkret gefüllt wird.
Es muss auch berücksichtigt werden, dass das APP noch lange über sein eigentliches Ende hinaus Wirkung entfalten wird. So hat die EZB bereits im Dezember 2015 angekündigt, die Einkünfte aus bis zur Fälligkeit gehaltenen Anleihen wieder zu reinvestieren und dieses Versprechen auf der Oktober-Ratssitzung noch einmal erneuert und präzisiert. Sollte also beispielsweise eine deutsche Staatsanleihe 2019 fällig und die EZB vom deutschen Staat ausbezahlt werden, wird sie – Stand heute – dieses Geld für den erneuten Erwerb einer (deutschen) Staatsanleihe nutzen. Ihre Bestände an Staatsanleihen werden sich somit nicht zwangsläufig verringern und ihre Präsenz auf den Märkten auch nicht sehr viel kleiner werden – sie schafft nur kein neues Geld, um Staatsanleihen zu erwerben.
QE-Käufe nach Ländern
Die EZB hat beim Start des PSPP (also des Staatsanleihen-Programms) angekündigt, dass sich das Kaufvolumen am Kapitalschlüssel der beteiligten Länder orientieren soll. Jedoch ist die EZB von diesem Ziel deutlich abgewichen: Sie hat mehr Staatsanleihen der großen Eurostaaten gekauft, als dies eigentlich nach dem Kapitalschlüssel angemessen gewesen wäre. So machen beispielsweise deutsche Staatsanleihen mittlerweile knapp 27% des aufgekauften Staatsanleihen-Portfolios aus, obwohl der deutsche Kapitalschlüssel nur bei knapp 18% liegt.
Diese „Bevorzugung“ der großen Staaten könnte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass es bei den kleineren Ländern schlicht nicht genug Anleihen gibt, damit die EZB ihr angepeiltes Kaufvolumen erreichen kann. Es wird sich zeigen, ob die EZB somit ihr Kaufverhalten ändern wird, wenn sie nur noch eine kleinere Summe an Staatsanleihen aufkaufen muss.
Bilanzsumme
Die im Rahmen des QE-Programms getätigten Käufe machen inzwischen fast die Hälfte der insgesamt knapp 4,4 Billionen Euro großen EZB-Bilanz aus. Wenn die EZB die Summe der monatlichen Anleihekäufe ab Januar senkt, ist in der kurzen Frist zu erwarten ist, dass sich die EZB-Bilanz zunächst etwas langsamer ausweiten wird. Um die tatsächliche expansive Wirkung der Geldpolitik zu beurteilen ist es aber auch notwendig zu beobachten, wie sich die übrigen Posten der Bilanz verändern, was aus heutiger Sicht aber nicht abschätzbar ist.
Glossar: Die Programme im Detail
Das erste Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bond Purchase Programme, CBPP) wurde bereits 2009 von der EZB beschlossen, um nach der Finanzkrise den Markt für diese Papiere (z. B. Pfandbriefe) zu stabilisieren und Refinanzierungsproblemen der Banken entgegenzuwirken. Innerhalb eines Jahres wurden Wertpapiere im Gesamtvolumen von 60 Milliarden Euro angekauft. Ein zweites CBPP mit folgte dann von November 2011 bis Oktober 2012. Das aktuell laufende dritte CBPP wurde im Oktober 2014 verabschiedet.
Das Programm zum Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) wurde im September 2014 in Verbindung mit dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP 3) beschlossen. Dabei werden ABS-Papiere am Primär- und Sekundärmarkt aufgekauft.
Im Rahmen des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme, PSPP) werden seit März 2015 Wertpapiere des öffentlichen Sektors wie Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen und Agenturen gekauft. Für die Ankäufe im Rahmen des PSPP gibt es detaillierte Regeln. So dürfen Staatsanleihen beispielsweise wegen des Verbots der monetären Staatsfinanzierung nur am Sekundärmarkt erworben werden. Es dürfen nur Papiere mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr aufgekauft werden. Zudem will die EZB nicht mehr als 33% aller auf den Sekundärmärkten befindlichen Papiere aufkaufen.
Mit dem Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) werden seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen in der Eurozone erworben. Ausgeschlossen sind Kreditinstitute und Unternehmen, deren Anleihen von den Ratingagenturen nicht mindestens als „Investment Grade“ bewertet werden. Die Anleihen müssen Laufzeiten zwischen sechs Monaten und 30 Jahren haben und können sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt gekauft werden.