Analyse

Die Roboter, das universelle Grundeinkommen und der Wohlfahrtsstaat

Viele meinen, dass der technologische Fortschritt erhebliche Probleme auf dem Arbeitsmarkt verursachen wird – und daher ein Grundeinkommen nötig sein könnte. Allerdings deutet bisher kaum etwas auf eine großflächige Vernichtung von Jobs hin. Vielmehr sollte sich die Debatte auf die schwindende Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer konzentrieren.

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Die Wohlfahrtsstaaten in den entwickelten Volkswirtschaften werden derzeit von allen Seiten angegriffen. Manche argumentieren, dass sie zu teuer wären; andere meinen, dass sie nicht in der Lage sind, auf neue ökonomische Herausforderungen zu reagieren. Ihr Versagen, auf die Bedürfnisse der Wähler aus der Arbeiterschicht einzugehen, werden für den Aufstieg dessen verantwortlich gemacht, was Mark Blyth „Neonationalismus“ nennt und der sich im Brexit-Votum, in Trumps Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen und in der Stärke von nationalistischen Kandidaten in Frankreich, Italien und anderswo zeigt.

Angesichts der ökonomischen Disruption (insbesondere auf den Arbeitsmärkten), plädieren einige für die Einführung eines universellen Grundeinkommens (universal basic income, UBI). Ein großer Teil des momentanen Interesses an einem UBI leitet sich aus dem Glauben ab, dass der technologische Fortschritt Jobs schneller vernichtet als neue geschaffen werden können, und dass dementsprechend Jobwachstum erheblich geringer ausfallen wird. Erik Brynjolfsson, der Co-Autor des vielgelesenen Buches The Second Machine Age, glaubt, dass ein UBI möglicherweise notwendig werden wird, da erhebliche Teile menschlicher Arbeit von Robotern und Künstlicher Intelligenz ersetzt werden könnten. Andere Autoren, wie etwa Martin Ford in seinem dystopischen Rise of the Robots:  Technology and the Threat of a Jobless Future, unterstützen ebenfalls ein UBI, wenngleich dieses anfangs eine „relativ geringe Höhe“ haben sollte.

Wie ich allerdings in meinem kürzlich erschienenen Papier “Universal Basic Income and the Welfare State” zeige, glauben Arbeitsmarktökonomen verschiedenster Denkrichtungen nicht, dass die Auswirkungen der Robotik auf die Beschäftigung so fatal sein werden, wie manche es sich vorstellen. (Das Papier ist Teil eines bald erscheinenden Bandes der Columbia University Press zum Wohlfahrtsstaat und wird von Joseph Stiglitz herausgegeben.) Dieser Konsens unter Ökonomen sollte all jenen zu denken geben, die glauben, dass technologische Veränderungen erhebliche Disruptionen des Wohlfahrtsstaates rechtfertigen.

Die Annahme, die Technologie werde so zerstörerisch sein, dass dadurch die existierenden Wohlfahrtsstaaten und andere Arbeitsmarkt-Institutionen zugunsten eines UBI ausrangiert werden könnten, sollte mit Vorsicht genossen werden. Politisch könnte dies zu einer Allianz mit libertären UBI-Befürwortern führen, die den Wohlfahrtsstaat (Arbeitslosenversicherung, Wohngeld, Krankenversicherung etc.) eliminieren wollen, um die frei werdenden Mittel in Bar an Einzelpersonen auszuzahlen, und das ultimative Ziel haben, die öffentlichen Ausgaben zu reduzieren.

Die neuen Technologien schwächen die Verhandlungsposition der Arbeiterschicht – aber sie führen nicht zu einer großflächigen Vernichtung von Jobs

Die Robotertechnik und die Künstliche Intelligenz könnten möglicherweise erhebliche Verwerfungen am Arbeitsmarkt verursachen – aber bisher ist das nicht der Fall gewesen. Larry Katz und Alan Krueger haben herausgefunden, dass Menschen, die über Online-Plattformen wie Uber arbeiten, lediglich 0,5% der US-amerikanischen Arbeiterschaft ausmachen – fast alle von ihnen sind Uber-Fahrer, von denen wiederum viele auch noch einen anderen Job haben. Eingeschränkte Arbeitsverhältnisse – Teilzeit, Auftragsarbeiten und Zeitarbeitsfirmen – wachsen, und die neue Technologie wird teils dazu verwendet, die Dienstpläne der Angestellten zu kontrollieren und die globalen Wertschöpfungsketten auszubauen. Sie schwächen die Verhandlungsposition der Arbeiterschicht – aber sie führen nicht zu einer großflächigen Vernichtung von Jobs.

Daher meine ich, dass sich die UBI-Debatte eher auf die wachsende ökonomische Macht der Arbeitgeberseite fokussieren sollte, die diese während der letzten gut drei Jahrzehnte gegenüber den Arbeitnehmern erlangt hat. Anstatt ein historisch einzigartiges Event zu sein, könnte die Spitzentechnologie nur der jüngste Faktor sein, der die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer und somit die makroökonomische Leistungsfähigkeit von Volkswirtschaften bedroht, weil dies zu einer geringeren Gesamtnachfrage und zu wachsender Ungleichheit führt.

 

Zum Autor:

Rick McGahey ist Senior Vice President of Programs beim Institute for New Economic Thinking (INET), wo dieser Beitrag zuerst in englischer Sprache erschienen ist.