Obwohl es hin und wieder Anlass für Optimismus gab, entwickelten sich die Beziehungen zwischen China und Japan in den letzten Jahren doch eher auf einem sehr schwachen Niveau. Das ist sowohl auf Chinas Aufstieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zurückzuführen, als auch auf den Rechtsruck, den Japan unter Premierminister Shinzo Abe vollzog.
Die chinesisch-japanische Rivalität hat sich bei einer ganzen Bandbreite von Themen manifestiert, darunter der Territorialkonflikt im Ostchinesischen Meer, die Interpretation der Weltkriegszeit und das Gerangel um die wirtschaftliche Führung in der Region. Ein neues Beziehungstief wurde Anfang 2014 erreicht, als die Botschafter beider Länder sich öffentlich beleidigten, indem sie ihre Gegenüber mit Harry Potters Erzfeind Lord Voldemort verglichen.
Jetzt sieht es danach aus, als wenn diese Rivalität auch in der globalen Arena ausgetragen werden könnte. Ab Donnerstag ist Japan Gastgeber des 42. G7-Gipfels. Im September richtet China erstmals einen G20-Gipfel aus. Beide Länder haben bei jedem dieser Treffen diametral entgegengesetzte Interessen, die durch die jeweilige Gastgeberrolle noch verstärkt werden.
Beim ersten G7-Treffen im November 1975 war Japans Status als Großmacht und als der einzige Vertreter Asiens anerkannt worden. Seitdem hat sich die G7-Mitgliedschaft verändert – Kanada und Russland wurden als Mitglieder aufgenommen, die Europäische Kommission erhielt einen Beobachter-Status. 2014 wurde die russische Mitgliedschaft ausgesetzt.
Außerdem wurde die Agenda der G7-Treffen ausgeweitet und beinhaltet jetzt auch politische Themen und Sicherheitsfragen, aber Japans Position bei dieser jährlichen Versammlung der vorrangig nordamerikanischen und europäischen Staats- und Regierungschefs war immer sicher.
Japan hat dieses Kompliment erwidert, indem es versucht hat, den Erfolg der G7 zu gewährleisten und für seine fortgesetzte und zentrale Rolle in dieser globalen Gipfeldiplomatie gestritten hat, insbesondere vor dem Hintergrund des Aufstiegs der G20 zum repräsentativeren und effektiveren Zentrum der Weltordnungspolitik.
Heute machen die G7-Staaten 10% der Weltbevölkerung und etwas mehr als ein Drittel des globalen BIP aus. Dagegen beinhaltet die G20 zwei Drittel der Weltbevölkerung und über 80% der globalen Wirtschaftsleistung. Das hat den früheren brasilianischen Präsidenten Lula da Silva zu der Behauptung veranlasst, dass die G7 ihre Autorität verloren haben.
China hat schon immer nur ein sehr geringes Interesse an der G7 gezeigt. Stattdessen hat es traditionell die Rolle der Vereinten Nationen als legitimes Zentrum der Global Governance betont – schließlich besitzt China dort auch einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat.
Seitdem sich im Jahr 2008 die G20-Regierungschefs erstmals trafen, um eine Antwort auf die globale Finanz- und Wirtschaftskrise zu finden, hat China zunehmend betont, dass diese Gruppe das „maßgebliche“ und „repräsentative“ Forum für die internationale Wirtschaftskooperation sei – und nicht die G7.
Japan dagegen hat der G20 gegenüber sehr zwiespältige Gefühle. Es sieht die Effektivität der Gruppe durch die erweiterte Mitgliedschaft in Mitleidenschaft gezogen. Aber noch wichtiger ist, dass die G20 Japans Großmachtstatus aushöhlen, da die neuen asiatischen Mitglieder (China, Südkorea und Indonesien) Japan seiner Rolle als exklusive regionale Führungsmacht berauben.
China wiederum zeigt mehr und mehr Interesse für die Positionen, die Japan unter den G7-Partner vorantreibt. Beim im letzten Jahr in Deutschland abgehaltenen Gipfel drückte das Abschlussdokument in einer leicht verschleierten Referenz an China Bedenken zu den Spannungen im Ost- und Südchinesischen Meer aus. Die Reaktion aus China war erwartungsgemäß scharf. In diesem Jahr hat Peking die G7 und Japan bereits davor gewarnt, ein ähnliches Statement zu wiederholen.
Spaltende Verbindungen
Aber die Dinge hätten nicht so laufen müssen – 2016 wäre für die internationale Gemeinschaft und insbesondere für die Ostasienregion eine große Chance gewesen. Und eine Weile lang sah es auch so aus, als wenn sich die Beziehungen zwischen den beiden großen asiatischen Machtzentren langsam verbessern würden – angefangen von unbeholfenen Handschlägen auf internationalen Gipfeltreffen hin zu konstruktiveren Diskussionen Anfang des Jahres. Leider wird wahrscheinlich keine dieser Entwicklungen in diesem Jahr oder in absehbarer Zeit zu einem Erfolg führen.
Dieser Mangel an Zusammenarbeit ist eine verpasste Chance, weil gesunde chinesisch-japanische Beziehungen zentral für einen andauernden Frieden in der Region und für die globale Stabilität sind. Größere Synergieeffekte zwischen der G7- und der G20-Agenda hätte von Japan und China als Gastgeber vorangetrieben und die „G“-Gipfelpolitik so zu einer willkommenen Gelegenheit für eine chinesisch-japanische Kooperation werden können.
Durch eine Einladung Chinas hätten die G7-Chefs die Herausforderungen diskutieren können, vor denen die chinesische – und damit auch die globale – Wirtschaft steht. So hätte innerhalb der G20 eine kohärentere asiatische Gruppe entstehen können. Stattdessen sind die Linien für einen potenziellen und vollkommen überflüssigen Grabenkampf zwischen den beiden globalen Gipfeltreffen gezogen wurden.
Zum Autor:
Hugo Dobson ist Ressortleiter am National Institute of Japanese Studies der University of Sheffield.
Dieser Artikel wurde zuerst von The Conversation in englischer Sprache veröffentlicht und von der Makronom-Redaktion unter Zustimmung von The Conversation ins Deutsche übersetzt.