Angebotsökonomik

Wie sich die industrialisierte Welt in die Produktivitätskrise manövrierte

Eine der Grundannahmen von Angebotsökonomen war, dass die Produktivität florie­rt, wenn Märkte „besser“ funk­tionieren. Doch ausgerechnet im Zeit­al­ter von KI und Robotern verbuchen wir das niedrigste Produktivitätswachstum seit Jahrzehnten. Findet die Produktivi­täts­krise vielleicht nicht trotz, sondern wegen der angebots­theo­re­tischen Revolution in der Wirt­schafts­politik statt? Ein Beitrag von Alfred Kleinknecht.

Bild: Pixabay

Viele denken, dass wir gegenwärtig im Zeitalter einer neuen technologischen Revolution leben. Flexibel programmierbare Roboter schaffen neue Optio­nen für die Steigerung der Produktivität. Mit Hilfe von selbstdenkenden und -lernenden Maschinen schafft künstliche Intelli­genz im Second Machine Age neue Möglichkeiten, menschliche Arbeit durch Maschinenarbeit zu ersetzen. So schätzten Carl Frey and Michael A. Osborne 2017 in einer vielbeachteten Studie, dass 47% aller Stellen in den USA (und 53% in Europa) in den nächsten zwei Jahrzehn­ten wegrationalisiert werden könnten. Die Autoren erwarteten, dass es dabei vor allem um niedrig­produktive Arbeit in Transport und Logistik, aber auch um Billigjobs in Büros und in der Industrieproduktion geht.

Das Problem ist nur, dass wir solche auch in zahlreichen TEDx Talks aus dem Silicon Valley be­schrie­benen Trends bisher nicht in statistisch repräsentativen Zahlen wiederfinden. Sollte sich eine neue technologische Revolution entfalten, dann müsste das allererst in Produk­tivitäts­indizes zum Ausdruck kommen. Dies ist jedoch nicht der Fall – im Gegenteil. Die folgende Abbildung zeigt die jährli­chen Wachstumsraten des BIP pro Arbeitsstunde als Maßstab für die Arbeitspro­duktivität für die EU-15, Japan und die USA. Das Wachstum der Arbeitsproduktivität bleibt ab Mitte der 70er Jahre bis kurz nach der Jahrhundertwende noch solide über 2% in Europa und in Japan; in den USA ist es niedriger. Auffallend ist das historisch kurze Aufleben des Produk­tivitäts­wachs­tums in den USA in der Periode zwischen 1994/95 und 2004/05. Dies kann dem IT-Boom in Regionen wie dem Sillicon Valley zugeschrieben werden.

Kostenpflichtiger Inhalt

Bitte melden Sie sich an, um weiterzulesen

Noch kein Abo?