Im Zuge der Vorstellung ihres Entwurfs für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (2028-2034) hat die Europäische Kommission in der letzten Woche eine Reihe neuer Einnahmequellen vorgeschlagen. Diese sind größtenteils vernünftig, mit einer Ausnahme: die so genannte Corporate Resource for Europe (CORE).
Im Rahmen von CORE sollen Unternehmen mit einem Nettoumsatz von mindestens 100 Millionen Euro jährlich feste Beträge in den EU-Haushalt einzahlen, die je nach Umsatzklasse zwischen 100.000 und 750.000 Euro betragen. Es würden sowohl Unternehmen aus der EU als auch ausländische Unternehmen mit einer ständigen EU-Niederlassung zahlen. Die Kommission argumentiert, dass CORE sicherstellen würde, dass der Unternehmenssektor als ein Hauptnutznießer des EU-Binnenmarktes einen Beitrag zum gemeinsamen Haushalt leistet.
Abgaben auf den Nettoumsatz sind einfach zu verwalten, weniger anfällig für Gewinnverlagerungen und bieten stabilere, vorhersehbare Einnahmen als gewinnabhängige Steuern. Aber sie sind auch ineffizient und verzerrend, weil sie die Einnahmen und nicht die Gewinne besteuern sowie die Kosten der Unternehmen außer Acht lassen. Solche Abgaben belasten Unternehmen mit sehr unterschiedlichen Gewinnmargen in gleicher Weise.
Finanzdienstleistungen, Öl- und Gasvertrieb und Halbleiterausrüstungen haben in der EU beispielsweise Nettogewinnspannen von 20% oder mehr, während in anderen Bereichen wie Chemie, Lebensmittelgroßhandel und Einzelhandelsdienstleistungen die Gewinnspannen gegen Null gehen. Einige Unternehmen können überhaupt nicht profitabel sein. Eine Umsatzsteuer von 0,1% entspricht einer Gewinnsteuer von 0,5% für Unternehmen mit einer Gewinnspanne von 20%, aber einer Gewinnsteuer von 5% für Unternehmen mit einer Gewinnspanne von nur 2%.
Da derartige Abgaben jede einzelne Produktionsstufe besteuern, ohne Abzüge für Vorleistungen zuzulassen, kommt es zu einem Phänomen, das als Steuerkaskade bekannt ist, wobei sich die Steuerlast auf dem Weg der Waren durch die Lieferkette erhöht. Dies birgt mehrere Risiken: höhere Verbraucherpreise, Spezialisierungen werden unattraktiver, während Unternehmen zur vertikalen Integration motiviert, um die Steuerlast zu minimieren, was den Wettbewerb untergräbt und die ökonomische Effizienz verringert.
Die vorgeschlagenen CORE-Pauschalbeträge sind zwar insofern progressiv, als sie mit den Umsatzstufen ansteigen – aber innerhalb der einzelnen Stufen sind sie stark regressiv, wobei der effektive Satz mit steigendem Umsatz stark abnimmt (s. Abbildung unten). Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 100 Millionen und 250 Millionen Euro würden beispielsweise alle eine Abgabe von 100.000 Euro zahlen. Das ist ein effektiver Satz von 0,1% für ein Unternehmen mit 100 Millionen Umsatz, aber nur 0,04% für ein Unternehmen mit einem Umsatz von knapp 250 Millionen.
Da die oberste Stufe ab einem Umsatz von 750 Millionen nach oben nicht gedeckelt ist, wären die Unterschiede bei den effektiven Steuersätzen für Großunternehmen sogar noch größer. Ein Unternehmen mit einem Umsatz von 10 Milliarden würde mit einem Steuersatz von 0,008% belastet – also einem verschwindend geringen Anteils seines Umsatzes. Eine solche Struktur birgt die Gefahr, dass die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer Unternehmen untergraben wird, da sie unverhältnismäßig stärker belastet würden als ihre größeren Konkurrenten.
Potenzielle CORE-Abgaben im Verhältnis zum Unternehmensumsatz

Neue Instrumente zur Erhöhung der EU-Haushaltseinnahmen sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie zum Erreichen der politischen Ziele der EU beitragen und keine Verzerrungen verursachen. Andere Vorschläge der Kommission für neue Haushaltsmittel (z. B. Abgaben auf Tabak und nicht gesammelten Elektroschrott), die ebenfalls letzte Woche vorgelegt wurden, sind in dieser Hinsicht vielversprechender. Eine Defizitabgabe auf Verteidigungsausgaben würde ebenfalls die Ziele der EU unterstützen – es handelt sich um eine Abgabe, die auf der Grundlage der nationalen Minderausgaben im Verteidigungsbereich berechnet wird, und zwar im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, die Militärausgaben zu erhöhen. Der CORE-Vorschlag hingegen würde zu Verzerrungen führen – und sollte daher verworfen werden.
Die Diskussion um CORE sollte nicht von den entscheidenden Fragen des nächsten mehrjährigen EU-Haushalts ablenken: dessen Umfang und Zusammensetzung, die durch Ausgabenprioritäten bestimmt werden müssen. Letztendlich wird der Großteil des EU-Haushalts von den nationalen Steuerzahlern finanziert. Ob die Mittel aus neuen Einnahmequellen oder aus den Standardbeiträgen auf der Grundlage des Bruttonationaleinkommens stammen, wird über die Verteilung der finanziellen Belastung auf die EU-Mitgliedstaaten entscheiden.
Zu den Autoren:
Zsolt Darvas ist Senior Fellow am Thinktank Bruegel, wo dieser Beitrag zuerst auf Englisch erschienen ist.
Roel Dom ist Research Fellow bei Bruegel und Gastprofessor an der Universität Antwerpen. Sein Forschungsschwerpunkt sind die öffentlichen Finanzen und insbesondere die Besteuerung.
Marie-Sophie Lappe arbeitet seit September 2024 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Bruegel. Sie hat einen Bachelor-Abschluss in International Economics und einen Master-Abschluss in Economics and Finance, beide an der Universität Tübingen erworben.