Digital Markets Act

Europas Regulierungs­pioniere im Machtkampf mit den USA

Der Digital Markets Act steht für Europas Anspruch, den digitalen Raum fairer zu gestalten – gegen den Widerstand mächtiger US-Konzerne und politischen Druck aus Washington. Ein Rückzug in den Zollverhandlungen mit Donald Trump wäre fatal.

Mit dem Inkrafttreten des Digital Markets Act hat die Europäische Union ein weltweit beachtetes Signal gesetzt: Der digitale Raum ist kein rechtsfreier Markt mehr. Der rigorose Vollzug des Digital Markets Act der EU und die Handelspolitik der USA stehen derzeit in einem großen Spannungsfeld. Ein Zurückweichen auf Druck der USA unter einer Regierung Trump wäre aber das falsche Signal.

Der Digital Markets Act (DMA) ist neben dem Digital Services Act (DSA) eine der jüngsten und bedeutendsten Regulierungsinitiativen der EU. Sie zielen darauf ab, faire und wettbewerbsfähige Märkte im Bereich der großen digitalen Plattformen wie Google, Apple, Meta und anderen zu schaffen. Eine starke Regulierung ist den USA daher ein Dorn im Auge. Die US-Regierung unter Trump verschärfte die Gangart mit „Zolldrohungen“, die auch darauf abzielen, das mit hohen Geldstrafen sanktionierte Regelwerk außer Kraft zu setzen.

Gerade jetzt gilt es aber für die europäische Verbundenheit die Digitalgesetzgebung nicht in die Verhandlungsmasse zu werfen, sondern weiterhin konsequent durchzusetzen. Darüber hinaus sollten auch andere Möglichkeiten überlegt werden, um eine europäische digitale Souveränität zu schaffen.

Was ist der Digital Markets Act?

Der DMA, der von der Europäischen Kommission 2022 erlassen wurde und seit Mai 2023 anwendbar ist, zielt darauf ab, sogenannte „Gatekeeper“ ex ante zu regulieren und sie strengeren Regelungen zu unterwerfen. Dabei handelt es sich um große Online-Plattformen mit dominanter Marktstellung.

Die betroffenen Unternehmen haben eine so starke Marktposition, dass sie den Zugang zu wesentlichen Märkten kontrollieren und verfügen damit über die Möglichkeit, den Wettbewerb erheblich zu beeinflussen. Aktuell sind sieben Plattformen als „Gatekeeper“ eingestuft.

Was regelt der DMA?

Gatekeeper unterliegen zahlreichen Verpflichtungen, dazu zählen insbesondere die folgenden:

  1. Fairer Zugang: Gatekeeper müssen sicherstellen, dass Drittanbieter fairen Zugang zu ihren Diensten und Plattformen haben.
  2. Verbot der Selbstbevorzugung: Es ist ihnen untersagt, eigene Produkte und Dienstleistungen gegenüber denen von Wettbewerbern zu bevorzugen.
  3. Datenportabilität: Nutzer:innen müssen die Möglichkeit haben, ihre Daten von einer Plattform zur anderen mitzunehmen.
  4. Interoperabilität: Plattformen müssen miteinander kompatibel sein, um die Nutzung und den Austausch von Daten zu erleichtern.

Aktuelle Durchsetzungsmaßnahmen

Am 23. April 2025 verhängte die Europäische Kommission Geldbußen gegen Apple (500 Millionen Euro) und Meta (200 Millionen Euro) wegen Verstößen gegen den DMA. Apple wurde vorgeworfen, Entwicklern zu untersagen, Nutzer:innen auf günstigere Kaufoptionen außerhalb des App Stores hinzuweisen. Meta hatte Nutzer:innen gezwungen, zwischen personalisierter Werbung oder einem kostenpflichtigen werbefreien Zugang zu wählen. Dies verstößt nach Sichtweise der EU-Kommission gegen das Recht auf freie Zustimmung zur Datennutzung. Google (Alphabet) steht ebenfalls unter Beobachtung.

Läutet der Machtwechsel in den USA einen Paradigmenwechsel ein?

Je höher der Druck der Trump-Regierung auf Europa wird, desto mehr stellt sich die Frage, ob die EU-Kommission weiterhin willens ist, sich mit den US-Plattformen anzulegen. Mit den aktuellen Entscheidungen gegen Apple und Meta hat die Kommission sehr rasch gehandelt und gezeigt, dass Europa mit der Regulierung von Online-Plattformen starke Schwerter in der Hand hat. Allerdings hat die Kommission das Potenzial der Strafhöhe bei Weitem nicht ausgeschöpft. Bei Verstößen können Geldbußen von bis zu 10% des weltweiten Jahresumsatzes verhängt werden und bei Wiederholungstaten innerhalb von acht Jahren kann die Strafe auf bis zu 20% steigen. Als Ultima Ratio steht letztendlich auch die Zerschlagung von Plattformen im Raum.

Das Kräftemessen zwischen den USA und Europa gründet sich dabei nicht nur darauf, dass die USA kritisieren, dass europäische Regelungen größtenteils nur amerikanische Unternehmen betreffen, worin sie eine gezielte Benachteiligung sehen. Vielmehr liegt die Ursache auch in grundlegend unterschiedlichen Regulierungsphilosophien.

DMA und DSA stehen dabei neben anderen Regelwerken, wie etwa der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), exemplarisch für diese unterschiedlichen Sichtweisen. Die unterschiedlichen Regulierungsansätze zwischen Europa und den USA heizen das geopolitische Kräftemessen weiter an. Jüngst kündigte Trump Zölle in Höhe von 50% ab Juni 2025 an, weil bei den Verhandlungen mit der EU für einen Handelspakt nichts weitergehe. Letztlich wurde diese Ankündigung wieder aufgeschoben, um „einen Deal“ zu erwirken. Wie konkret der DMA in die Verhandlungsmasse geworfen wird, bleibt offen.

Die transatlantischen wirtschaftlichen Unsicherheiten müssen aber auch einen Paradigmenwechsel bei der EU einläuten. Europa muss sich Handlungsalternativen überlegen, um auch im Digitalbereich eine europäische Souveränität herzustellen. Neben einer ernsthaften Durchsetzung der Regulierungsinstrumente könnte die Einführung einer europäischen Digitalsteuer sicherstellen, dass große Digitalkonzerne einen fairen Beitrag für die Nutzung europäischer Märkte, Daten europäischer Verbraucher:innen und Infrastrukturen leisten. Langfristig muss sich Europa jedenfalls von der Abhängigkeit der US-Digitalwirtschaft lösen und in die Entwicklung eigener digitaler Anwendungen und Technologien investieren.

Zudem sollte aber weiterhin der konsequente Weg einer europäischen verbraucher:innen- und wettbewerbsorientierten Regulierungspolitik betrieben werden. Auch in anderen Bereichen, wie etwa der DSGVO hat sich schlussendlich gezeigt, dass Europa eine Vorreiterrolle übernehmen kann und namhafte Drittstaaten sich in ihrer eigenen Gesetzgebung in der Folge an diesen Ansätzen orientieren. Man kann also bis zu einem gewissen Grad von einem erfolgreichen „Regulierungsexport“ sprechen.

Dieser Weg sollte auch selbstbewusst in der Weiterentwicklung der Digitalgesetzgebung verfolgt werden. Und es gilt dabei auch verstärkt, verlässliche Verbündete zu suchen. Dies könnten Länder wie Kanada, Australien, das Vereinigte Königreich und Südkorea sein, die ähnliches Interesse an digitalen Regulierungsansätzen zeigen.

Daneben ist der Dialog mit den USA fortzusetzen. Europa darf aber nicht zurückweichen, sondern muss auf Transparenz und Konsultation setzen. Ein Zurück in eine Ära der Deregulierung und eines ungehemmten Oligopolwachstums zulasten der europäischen Verbraucher:innen und Unternehmen darf es jedenfalls nicht geben.

 

Zu den AutorInnen:

Ulrike Ginner ist Juristin und Referentin für Wettbewerbspolitik in der Abteilung Wirtschaftspolitik der AK Wien.

Mathias Grandosek ist Volkswirt und Referent der Abteilung Wirtschaftspolitik mit Schwerpunkt Telekommunikationspolitik und Infrastrukturregulierung bei der AK Wien.

Hinweis:

Dieser Beitrag ist zuerst in einer früheren Version im A&W-Blog erschienen.